Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch

Titel: Bleeding Violet - Niemals war Wahnsinn so verfuehrerisch
Autoren: Dia Reeves
Vom Netzwerk:
kleine Sonnenschein und seine Blutflecken, sagte Poppa und war von mir enttäuscht. Ich hab dir doch gleich gesagt, du sollst dich umziehen, oder?
    Ich ließ mich wieder auf den roten Stuhl fallen und versuchte, mich von Poppas schlechter Stimmung nicht runterziehen zu lassen. Mein Kleid wogte um meine Knie.
    »Warum denkst du, dass das Blut ist? Es könnte alles Mögliche sein. Ketchup, zum Beispiel.«
    »Das ist kein Ketchup«, sagte Rosalee. »Und das hier ist nicht das Wunderland. Wir sind in Portero. Und ich erkenne Blut, wenn ich es sehe.«
    Ich kaute still an meinem Toast herum.
    »Wessen Blut ist das?«
    Sag’s ihr , ermutigte mich Poppa. Ich verspreche dir, dass es ihr nichts ausmacht.
    »Es stammt von Tante Ulla«, sagte ich. »Ich hab ihr ein Nudelholz auf den Kopf geschlagen.«
    Ich riskierte einen Blick und sah ihr ins Gesicht. Nichts.
    Ich hab’s dir gesagt.
    »Und?«, drängelte Rosalee.
    Wollte sie Details ?
    »Tante Ullas Blut ist überall hingespritzt. Auf mein Kleid, in meine Augen.« Ich blinzelte heftig, als ich mich daran erinnerte. »Das hat gebrannt.« Ich befühlte die Flecken an meiner Hüfte. »Ich dachte, ich hätte mich sauber gemacht, aber offenbar …«
    »Hanna.« Obwohl sie so distanziert war, sprach mich Rosalee übertrieben fürsorglich an. Als wäre ich ein tollwütiger Hund, den sie nicht erschrecken wollte. »Hast du deine Tante umgebracht?«
    Ich aß das letzte Stück von meinem überbackenen Toast und leckte mir das Fett von den Fingern. »Wahrscheinlich.«

2

    »Es bringt nichts«, sagte ich Rosalee, als sie ein schnurloses Telefon hervorholte und nach Tante Ullas Nummer fragte. Ich goss mir ein großes Glas Milch ein und setzte mich wieder auf den roten Stuhl. »Wenn man mit Toten telefonieren könnte, würde ich genau jetzt mit Poppa reden.«
    Wir reden doch, sagte Poppa. Seine Stimme war wie eine gemütliche, kleine Wanze in meinem Ohr. Wozu braucht man Telefone?
    Rosalee wartete währenddessen mit dem Telefon in der Hand. Sie wirkte so geduldig wie eine Statue auf den Osterinseln, die schon seit tausend Jahren dort stand und, wenn es sein musste, noch weitere tausend Jahre dort stehen würde. Also rasselte ich Tante Ullas Nummer runter und sah zu, wie sie wählte.
    Wenn sie es auf die harte Tour rausbekommen wollte, bitte.
    Rosalees Finger erstarrte beim Wählen, und sie musterte mich angespannt von oben bis unten. »Diese Tante … war sie gemein zu dir? Hat sie dich verletzt?«
    Ich nickte. »Sie hat meine Gefühle verletzt.«
    » Gefühle? « Rosalee wählte zu Ende, und ihr Gesicht entspannte sich wieder zu einer gleichgültigen Maske.
    »Emotionaler Missbrauch ist genauso schlimm wie körperliche Gewalt. Schlimmer! Ein gebrochener Knochen kann heilen, aber ein zerbrochener Geist nicht. Jedenfalls nicht so leicht.« Aber Rosalee interessierte das nicht. »Sie wird nicht drangehen.«
    »Ich erinnere mich daran, wie ihr Järvinens seid«, sagte Rosalee verstörend geduldig. »Keiner von denen geht in der ersten Minute ans Telefon. ›Wer schnell auflegt …‹«
    »›… kann nichts Wichtiges gewollt haben‹«, beendete ich den Satz. Sie kannte uns!
    Wir hatten ein Kind zusammen bekommen. Sie konnte es nicht vermeiden, ein paar Dinge aufzuschnappen.
    »Du wirst mit ihr reden wollen, nehme ich an«, sagte Rosalee und wartete darauf, dass meine tote Tante ans Telefon ging.
    »Ich habe ihr nichts zu sagen.«
    »Na ja, aber sie hat dir sicher eine Menge zu sagen.«
    Ich zuckte die Schultern und trank zusammen mit der eiskalten Milch noch einen guten Schuss Selbstgefälligkeit, während draußen der Wind den Amberbaum zerzauste und die Äste am Haus herumkratzten. Mich zerzauste der Wind nicht. Mein kurzer obdachloser Tag hatte mit einem Dach über dem Kopf und gutem Essen geendet – nicht beim Jugendamt oder bei einem Zuhälter, sondern bei meiner eigenen Mutter. Wie viele Ausreißer konnten so was schon von sich behaupten?
    »Ulla?« Rosalee hörte auf, in der Küche herumzulaufen, und lehnte sich an die Küchentheke. »Hier ist Rosalee Price. Ja, ich .«
    Ich verschluckte mich fast an der Milch. Meine Selbstgefälligkeit löste sich in stinkende Luft auf. » Sie lebt? «
    Rosalee hielt eine Hand über das Telefon. »Hört sich ganz danach an.«
    Ich knallte das Glas auf den Tisch.
    Rosalee warf mir einen düsteren Blick zu, sagte dann aber ins Telefon: »Ich weiß das. Sie ist gerade vor meiner Haustür aufgekreuzt.«
    Ich hörte Tante Ullas aufgebrachte Stimme bis
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher