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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds
Autoren: Chuck Wendig
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einmal, dann ein zweites Mal auf die Gurgel ...
    Der Krebs frisst ihn auf, der Tumor zerquetscht seine Gedärme zu einem einzigen Durcheinander, aber er ist alt, mindestens Ende siebzig, und er liegt da, umgeben vom Biep und Piep und Blink von Krankenhausapparaturen, und er hat seine Familie bei sich. Ein kleiner Junge ergreift seine Hand. Eine alte Frau beugt sich herab, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben. Eine Frau in den Vierzigern mit straff nach hinten gezogenen blonden Haaren und einem friedlichen Gesichtsausdruck tätschelt ihm einmal, dann zweimal die Brust, und das war’s   – der alte Mann schreit auf, scheißt Blut und stirbt.
    ... Mr Plump versucht nach ihr zu schlagen, eine tolpatschige Grizzlybärbewegung, aber sie weicht aus, und seine fleischige Handfläche saust nur durch die Luft. Miriams Ellbogen erwischt ihn hart auf die schon ruinierte, bereits blutende Nase, und Mr Plump geht zu Boden.
    Blondie, Gesicht rot, immer noch am Würgen, stürzt sich mit der ganzen Gewandtheit eines taumelnden Felsbrockens auf sie. Sie zieht den Oberkörper zurück, um ihm auszuweichen, lässt aber das Knie vorstehen und verpasst ihm eine direkt ins Brotkörbchen. Blondie grunzt, ein hartes Uff aus Luft, und rutscht auf etwas Schotter aus. Er geht zu Boden.
    »Denkt ihr, ich komme hier raus und weiß nicht, wie ich mich wehren kann?«, schreit sie sie an. Sie hebt eine Handvoll Schotter auf und wirft ihn nach Blondie, der stöhnt und seinen Kopf schützt. Miriam hustet noch einen Spuckeklumpen aus und spuckt ihn ihm in die Haare. Als Zugabe reißt sie Mr Plump die Tarheel-Kappe runter und schleudert sie auf den Highway. »Arschlöcher!«
    Dann: grelles Weiß. Scheinwerfer. Großer brummender Schatten.
    Das Zischen hydraulischer Bremsen.
    Ein Sattelschlepper – die Zugmaschine ohne Auflieger – kommt auf dem Seitenstreifen zum Stehen, so dass der Schotter unter seinen massiven Reifen kracht.
    Miriam schirmt die Augen ab, sieht die Silhouette des Fahrers. Jesus , denkt sie, das ist ein gottverdammter Frankenstein. Wo sind die Fackeln und Mistgabeln, wenn man sie braucht?
    Der Frankenstein hält ein Brecheisen in der Hand.
    »Alles okay hier?«, fragt Frankenstein. Die Stimme dröhnt, sogar über das Leerlaufrumpeln des Lasters hinweg.
    »Wir haben nur ein kleines freundschaftliches Gerangel!«, überschreit Miriam den Motor des Sattelschleppers.
    Sie kann sein Gesicht nicht sehen, aber sie sieht, dass Frankenstein seinen Betonziegelkopf dreht und Mr Plump und Blondie beäugt. Er zuckt die Schultern. »Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit?«
    »Meinst du mich oder eins der beiden stöhnenden Arschlöcher?«
    »Dich.«
    »Warum nicht«, murmelt Miriam und geht rüber zum Führerhaus, um einzusteigen.
ZWISCHENSPIEL
    Das Interview
    Miriam nimmt einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. Nö, immer noch kein Wodka , denkt sie.
    Über ihrem Kopf rascheln Spatzen im Dachstuhl des Lagerhauses mit den Flügeln – dunkle, unruhige Umrisse.
    Sie zündet sich noch eine Marlboro an. Schnippt den Aschenbecher hin und her, so wie eine Katze vielleicht mit einer Maus spielen würde. Bläst Rauchkringel. Trommelt mit den Fingern, sodass die Nägel – manche abgekaut bis zur Nagelhaut, manche lang geblieben – auf der Oberfläche des Spieltischs klacken.
    Endlich öffnet sich die Tür.
    Der Kleine kommt rein, ein Notebook und ein paar lose Seiten unter den Arm geklemmt, eine Laptoptasche an einem Riemen über der Schulter, ein digitales Aufzeichnungsgerät baumelt an einer Schnur um seinen Hals. Seine Haare sind ein einziges Durcheinander. Er zieht sich einen Stuhl ran.
    »’tschuldigung«, sagt er.
    Miriam zuckt die Schultern. »Egal. Paul, richtig?«
    »Paul. Ja.« Er streckt ihr die Hand hin.
    Sie starrt die Hand an, als ob ein Schwanz und Eier daran hingen. Zuerst rafft er es nicht, aber dann dämmert es ihm. »Oh. Ah. Richtig.«
    »Willst du es wirklich wissen?«, fragt sie.
    Paul zieht die Hand zurück und schüttelt leicht den Kopf – nein. Er setzt sich, ohne noch ein Wort zu sagen. Er holt das Notebook unterm Arm hervor, ein paar Exemplare seines Magazins (Schlagzeilen wie Erpresserbriefe, gedruckt auf Seiten von fluoreszierendem Pink, stechendem Zitronengelb, Nuklear-Neongrün) und stellt das digitale Aufzeichnungsgerät vorsichtig auf die Tischmitte.
    »Danke für das Interview«, sagt er. Der Kleine klingt nervös.
    »Na klar.« Sie zieht an der Zigarette. Nach einem Rauchstoß in seine Richtung fügt sie
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