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Bizarre Beziehungen - V 1.0

Bizarre Beziehungen - V 1.0

Titel: Bizarre Beziehungen - V 1.0
Autoren: Unbekannter Autor
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als die Quelle des Brummens. Und jetzt sah er den schwarzen Punkt im gräulichen Weiß. Ein Punkt, der wuchs und Form annahm. Er erinnerte an ein Kreuz, und einen Augenblick lang befürchtete er, wahnsinnig zu werden, eine religiöse Halluzination zu erleben; als der Punkt jedoch größer wurde, konnte er allmählich etwas Schwanzförmiges sowie eine wirbelnde Scheibe an der Vorderseite ausmachen, die er als Luftschraube erkannte. Einen Propeller, wie sie seine Ururenkelin genannt hatte.
    Es war ein Flugzeug, und Form und aufgemalte Zeichen wiesen darauf hin, daß es sich um eben jene Nakajima 97 handelte, worin Annie dem japanischen Lager im Neuen Kwajalein-Atoll entkommen war, auf der Ebene ... Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, auf welcher Ebene des Dungeon sie sich aufgehalten hatten, als sie dem kaiserlichen japanischen Marineregiment begegnet waren.
    Die Nakajima wackelte mit den Flügeln.
    Als Antwort winkte Clive mit der Hand.
    Das Flugzeug kam tiefer. Er sah Annie im Cockpit, die Hände um das Steuer der Nakajima geklammert. Er winkte verzweifelt mit beiden Armen. Annie hob eine Hand und erwiderte den Gruß. Clive sah tatsächlich ihre Gesichtszüge, bemerkte, wie sie ihm zulächelte.
    Und dann verschwand die Nakajima.
    Es gab nur wenig oder gar kein Geräusch -vielleicht ein äußerst schwaches Plopp, das im schneidenden Polarwind unterging. Das Schimmern eines farbigen Lichts, ein gespenstisches Purpurrot, das zu einem Lavendelblau verblaßte und dann verging.
    Und dann war die Nakajima verschwunden. Es blieb ein kleiner glänzender Punkt im Himmel, als ob das Notsignal eines Seemanns ausgebrannt wäre. Dann war auch der Punkt verschwunden, und eine winzige Flocke von Wolke beschleunigte, verblaßte und war schließlich völlig im Wind verschwunden.
    Clive blinzelte und rieb sich die Augen. War das Flugzeug wirklich vorhanden gewesen? Er hatte zunächst angenommen, daß er eine religiöse Halluzination erlebt hätte. Das war ganz eindeutig nicht der Fall. Aber war dies nur eine andere Art von Halluzination gewesen? Hatten sein gemartertes Gehirn und die halberblindeten Augen die Illusion eines Flugzeugs heraufbeschworen?
    Oder hatte das Dungeon ein weiteres Rätsel -und vielleicht einen weiteren Schrecken -seiner langen Reihe von Rätseln hinzugefügt?
    Ein leiseres Geräusch flüsterte im brausenden Wind und wurde lauter. Es war ein metallenes Klicken, ein mechanisches, fast metronomhaftes Klacken.
    Clive fuhr herum und sah etwas wie das Aufziehspielzeug eines Kindes über das Eis hinweg auf ihn zukommen. Im ersten Augenblick wirkte es winzig, aber beim Näherkommen erwies es sich weder als winzig noch als Spielzeug, sondern es war größer als er selbst. Das klickende Geräusch rührte von der Berührung der metallenen Füße mit der Eisoberfläche her.
    »Clive Folliot! Wesen Clive Folliot!«
    Die Stimme war mechanisch und gleichmütig, aber Clive erkannte sie auf der Stelle und spürte, wie das Herz vor Freude einen Sprung tat. »Chang Guafe!«
    »Es freut mich zu sehen, daß du noch immer funktionierst, Wesen Clive!«
    »Und es freut mich gleichfalls, dich zu sehen, alter Freund. Ich fürchtete, allein zu sein, gestrandet hier in der neunten Ebene des Dungeon. Chang Guafe, hast du das Flugzeug mit Annie am Steuer gesehen?«
    »Sind wir also dort -auf der neunten Ebene? Nein, Wesen Clive, ich sah kein Flugzeug.«
    Clive wandte sich langsam um und durchsuchte das ungebrochene Weiß. Wenn Chang Guafe nur Minuten früher angekommen wäre, sogar nur Sekunden eher, hätte er das Vorhandensein der Nakajima bestätigen können. Er hätte sich vielleicht außerstande gesehen, das anschließende Verschwinden zu verhindern, aber er hätte Clive zumindest sagen können, daß er nicht verrückt war. »Die neunte Ebene«, grummelte Clive. »Wo könnten wir sonst sein?«
    Chang Guafe hob in grotesker Parodie eines Achselzuckens die Schultern. Als ihm Clive zum erstenmal begegnet war, war der fremdartige Cyborg imstande gewesen, seine Gestalt fast willkürlich zu verändern, neue mechanische Teile auszustrecken und die organischen Komponenten so anzuordnen, wie es die augenblickliche Lage erforderte. Die Herren des Dungeon, jene rätselhaften Gestalter des Schicksals ungezählter Opfer, hatten Chang Guafes Fähigkeiten verkrüppelt. Aber Chang Guafe war damit fertiggeworden. Ein Wesen mit dem eisernen Willen und der Intelligenz von Chang Guafe wurde mit fast allem fertig. Mit fast allem. Fast,
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