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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut
Autoren: Willi Voss
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Sparkasse mauerte, weil es den Eintrag gab. Geld hätte es nur dann gegeben, wenn Böse die Rangstelle im Grundbuch hätte löschen lassen. Ich wandte mich an Chemie-Kröger, der die Interessen Böses vertrat.« Halvesleben schlug mit der flachen Hand auf das Autodach. »Hat sich auch bemüht, aber …«
    »Also nichts mit Kredit?«
    »Böse bestand darauf, dass ich fünftausend Euro an ein Tierheim spende.«
    »Haben Sie sich darauf eingelassen?«
    »Hätte ich nicht gezahlt, wäre das Haus eine Ruine geblieben. Also biss ich in den sauren Apfel und berappte. Der alte Bock lacht sich wahrscheinlich immer noch ins habgierige Fäustchen.«
    »Immerhin Tierfreund, der Alte.«
    »Seine einzige Passion«, räumte Halvesleben ein. »Triebhaft. Ersatz für Menschlichkeit, wenn Sie mich fragen. Leute wie ich sind dem Alten suspekt. Für ihn bin ich ein Landverderber und Unruhestifter. Ich hätte hier niemals gekauft, wenn ich geahnt hätte, was auf uns zukommt.« Er deutete mit dem Kinn in die Richtung seines Hauses. »Wenn ich an das Wegedesaster vor meinem Haus denke, fällt mir nur noch Verkaufen und Fliehenein. Aber das können Sie sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen.«
    »Doch, doch. Bin auch aus der Stadt … Was ist denn mit Ihrem Weg?«
    »Es geht um die Zufahrt zu meinem Haus. Als ich kaufte, war Sommer, der Boden hart. Ich hätte mir damals nicht im Traum einfallen lassen, hier in Herbst und Winter russische Schlammverhältnisse vorzufinden. Moor, verstehen Sie? Solch einen Weg zu befestigen, heißt, sein Leben lang Bauschutt anzufahren. Dabei ist Böse, der das Land auf Erbpacht an Chemie-Kröger gegeben hat, nicht bereit, sich auch nur mit einem einzigen Cent an den Kosten zu beteiligen. Kröger bot mir den Rückkauf für sechzigtausend an, obwohl er ganz genau weiß, dass wir mehr als dreihunderttausend investiert haben.«
    Lorinser hob die Schultern.
    »Ein echter Schweinehund«, stieß Halvesleben hervor. »Wissen Sie, mir steht das alles hier.« Er legte die rechte Hand an den Kehlkopf. »Mit meinen Nachbarn komme ich auch nicht zu Potte. Ein eigenartiges Pärchen. Chocolatiers, wenn Sie verstehen, was ich meine. Schwule«, fügte Halvesleben angewidert hinzu. »Körnerfetischisten, die sich ein Stück Weideland gepachtet haben, um mit ihrem politisch korrekten Kleinwagen bei Vermeidung des gemeinsamen Weges darüber fahren zu können. Denen gehört die Reetdachkate gleich rechts vom Weg. – Kennen Sie sich aus?«
    »Bin wohl daran vorbeigefahren. – Wie hatten Sie es eigentlich mit dem jungen Böse?«
    »Übelst ist geprahlt«, stieß Halvesleben bitter aus. »Ist ein Maulheld ohne Überzeugungen. Hat den plötzlichen Wechsel aus dem Waisenheim in die Freiheit nicht verkraftet. Großkotzig, ein Kerl, der … Verdammt, warum ereifere ich mich eigentlich?«
    Zwei, drei Nackenschläge zu viel, vermutete Lorinser. »Ein Kerl, der was?«
    »Einer, der keine Freunde hat und niemals haben wird. Das wollte ich sagen.«
    »Feinde aber schon?«
    »Trotz seines Schlages bei Frauen ist er äußerst unbeliebt. Wenigstens kenne ich niemanden, der ihm zugetan ist. Ich selbst gehöre dazu.«
    »Da wird ja große Freude aufkommen, wenn er sich umgebracht haben sollte.«
    »Ach was!«, stieß Halvesleben hervor. »Die wenigsten gönnen einem anderen Menschen ein solches Finale. Auch ich nicht. Dabei hätte ich einige Gründe, den Böses die Pest an den Hals zu wünschen. Ich leugne das gar nicht, aber … nein, so weit geht es nun doch nicht. – Waren Sie schon beim Alten?«
    »Glauben Sie etwa, er versteckt den Jungen?«
    »Ja, könnte durchaus sein«, sagte Halvesleben nachdenklich. »Böse ist ein Satan, glauben Sie mir.«
    »Ich habe ihn als alten, schwachen und verbitterten Mann kennengelernt.«
    »Alt ja, schwach nicht. Sie sollten mal sehen, wenn er seine Gewaltmärsche über Land macht. Da kommt sein hässlicher Köter kaum mit. Nein, nein, Böse ist alt und verbittert, aber keinesfalls schwach!«
    Halvesleben machte plötzlich einen verdrossenen Eindruck. Ein Großstadtmensch, der sich auf dem platten Land eingekauft hatte, um sich den Traum vom einfachen und bewussten Leben zu erfüllen. Der in seinen Erwartungen enttäuscht wurde und zu resignieren schien.
    »Sie sprachen davon, dass selbst die Adoption des Jungen Bosheit gewesen sei. Gegenüber Chemie-Kröger. Wieso?«
    Halvesleben hob die rechte Hand. »Genaues weiß niemand, aber im Dorf wird gemunkelt. Böse ist von Haus aus Chemiker, war wohl
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