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Bis ich bei dir bin

Bis ich bei dir bin

Titel: Bis ich bei dir bin
Autoren: Emily Hainsworth
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überall Leute um mich herum und bedrängen mich. Ich boxe mich zu meinem Spind am anderen Ende des Gebäudes durch, um mein Geschichtsbuch für die fünfte Stunde herauszuholen. Als ich endlich dort ankomme, bringe ich zweimal die Kombination für das Schloss durcheinander und muss die Zahlen vor mich hin murmeln, um sie richtig einzustellen.
    17 … 08 … 31.
    Beim dritten Versuch bewegt sich der Riegel, und die Spindtür schwingt auf. Weltgeschichte II liegt zuoberst auf dem Bücherstapel. Gerade als ich danach greifen will, schießt eine große Hand in mein Gesichtsfeld und knallt die Tür wieder zu. Gespreizte Wurstfinger drücken vor meiner Nase gegen das Metall. Pommes-frites-Atem bläst mir heiß in den Nacken. Ich drehe mich um und blicke in Logans geblähte Nasenlöcher. Er erinnert mich an einen Stier, und ich stehe zwischen ihm und einer Reihe von roten Schließfächern. Sein Arm versperrt mir den Fluchtweg. Er starrt mich nieder, schmallippig und ohne zu blinzeln. Seine blonden Haare sind zu Dolchspitzen aufgestachelt. Vor zwei Jahren hätte ich an seiner Stelle sein können. Vor zwei Monaten hätte mich das alles nicht interessiert. Er lacht und klatscht Sharif über meinen Kopf hinweg ab. Ich sehe ihnen nach. Zwischendrin springt Logan hoch, um mit der Handdie Decke zu berühren. Sie gehen durch die sich leerenden Flure, als gehörte ihnen der Laden.
    Ich lasse meinen Spind Spind sein, ignoriere die Glocke und sehe nicht mal zu den Sekretärinnen im Schulbüro hin, als ich zum Hauptportal hinauslaufe, weg von der ganzen verdammten Schule.

ZWEI
    D as Haus ist leer. Ich gehe ziellos durch die Räume, nicht sicher, wo ich sein will, bis mir klar wird, dass ich nirgendwo sein will. Jedes Zimmer hat irgendwo ein Loch – dort, wo ein Stuhl stand, eine Stereoanlage, eine Reihe Bücher, ein Kleiderschrank. Mom hat keines davon gestopft, seitdem Dad ausgezogen ist, und mir war es wohl egal. Doch seit dem Unfall sehe ich nur noch die Löcher in allem.
    Schließlich lande ich in der Küche. Mache den Kühlschrank auf, blicke hinein, mache ihn wieder zu. Irgendwann lese ich den Zettel in der Obstschale, der zusammen mit etwas Geld zwischen einer überreifen Birne und einer braunen Banane steckt. Mom hat sich nie so richtig mit SMS anfreunden können, deshalb dient die Obstschale zum Übermitteln von Nachrichten.
    Cam,
    vergiss deinen Termin bei Dr. Summers nicht wieder.
    Wird spät heute Abend. Hier ist Geld für Pizza.
    Alles Liebe,
    Mom
    Ich zähle das Geld und stecke es ein. Sie hat den Betrag nie geändert, es reicht immer noch für mich und Viv. Ich starre auf die Nummer des Pizzaservice am Kühlschrank. Er heißt »Pizza-Notruf«, und sie bringen die Pizzas tatsächlich in einem alten, umgebauten Rettungswagen. Viv fand das immer total komisch. Sie rief dort an und schrie: »Wir brauchen dringend Hilfe – zwei Peperoni, so schnell wie möglich!«
    Wir haben jedes Mal über diesen blöden Scherz gelacht, doch jetzt kann ich nur an den umgeknickten Strommast und den Rettungswagen denken, der langsam, ohne Blaulicht, davonfuhr.
    Ich gehe in mein Zimmer, falle aufs Bett und schlafe ein.
    Wieder träume ich diesen Traum von Viv. Ich bin beinahe dankbar dafür. Sie sieht so schön aus, so unbeschwert. Nur dass diesmal etwas anders ist. Sie kommt wie immer auf mich zu, weg von den Flammen, aber ich kann sie nicht hören. Alles ist stumm.
    Dann erreicht sie die Stelle bei dem Mast, wo sie jedes Mal stehen bleibt, doch es gibt nach wie vor keinen Ton. Ich sehe den Ausdruck in ihren dunklen Augen, den tanzenden Widerschein des Feuers auf ihrer Wange – und plötzlich höre ich eine Stimme. Es ist nicht ihre Stimme. Sie klingt metallisch.
    »Cam? Camden!«
    Ich wache auf und will die Arme nach ihr ausstrecken, aber sie ist nicht da. Ich liege allein im Bett. Ich vergrabe den Kopf unterm Kissen und hasse alles; ich flüstere jedes Ding der Unmöglichkeit vor mich hin, das ich mir seit jener Nacht im August gewünscht habe. Alles, was ich bekomme, ist ein feuchtes Kissen. Als ich merke, wie meine Augen zuschwellen, torkele ich blindlings ins Bad und stelle mich unter die Dusche. Ich zwinge meine Augen mit kaltem Wasser auf und betäube meine Haut, bis sie vor Sehnsucht brennt.
    Erst als ich das Wasser abdrehe, stelle ich fest, dass ich noch angezogen bin.
    Dr. Summers’ Büro liegt im Untergeschoss ihres Hauses, zehn Blocks von unserem entfernt. Lance, ihr Golden Retriever, begrüßt mich schwanzwedelnd an der
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