Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis du stirbst: Thriller (German Edition)

Bis du stirbst: Thriller (German Edition)

Titel: Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
Autoren: Michael Robotham
Vom Netzwerk:
ist. Er hebt den Kopf und blinzelt in den Himmel. Atmet tief durch. Das ganze Gerede, von wegen dass Freiheit süß ist – es hat seinen Grund.
    Er geht weiter über das Kopfsteinpflaster, weg von den Toren. Keine Spur von Nadia. Vielleicht hat sie sich verspätet. Londoner Verkehr. Auf der anderen Straßenseite, an einer Bushaltestelle, parkt ein Auto, ein großer Allrad-Lexus mit so dunkel gefärbten Fenstern, wie es gerade noch legal ist.
    Als Sami daran vorbeigeht, gleitet ein Fenster herunter.
    »Bist du Sami Macbeth?«, fragt eine Quietschstimme aus einem Kopf, so rund und glatt, dass es aussieht, als müsste er am Ende einer Schnur wippen. Das könnte die Stimme erklären, denkt Sami.
    Im Auto sitzen noch drei andere Kerle, alle in dunklen Anzügen, als würden sie für einen Guy-Ritchie-Film vorsprechen. Das sind keine Freunde von Nadia, und sie sind auch nicht vom hiesigen Taxiunternehmen.
    »Bist du verflucht noch mal taub?«, fragt der Kerl mit dem Luftballonkopf.
    Sami kratzt seine Wange. Versucht, ruhig zu bleiben. »Was wollt ihr von Macbeth?«
    »Bist du das oder nicht?«
    »Nein, Kumpel«, sagt Sami und schwingt sich seine Tasche über die Schulter. »Macbeth hat’s heute Morgen versaut. Hat sich mit einem Typen gestritten und ihm eine Tasse Tee ins Gesicht geschüttet. Sie haben ihn drinbehalten.«
    »Wie lange?«
    Sami zeigt über die Schulter nach hinten. »Klopft doch an und fragt. Vielleicht sagen sie’s euch.«
    Dann macht er einen kleinen Hüpfer und geht weg, wobei er sich ermahnt, nicht zurückzuschauen. Was wollen diese Kerle von ihm? Wo ist Nadia?
    Weiter die Straße herunter findet er eine Bushaltestelle. Setzt sich hin. Wartet noch ein Weilchen.
    Ein Bus hält. Das Poster an der Seite zeigt eine Frau in einem Bikini auf einem Liegestuhl. Goldene Haut. Helle Augen. Sami ist so damit beschäftigt, das Mädchen anzusehen, dass er vergisst einzusteigen. Der Bus fährt ab.
    Er wartet. Noch ein Bus hält. Der Fahrer sieht ihn nicht an.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »U-Bahn«.
    »Welche?«
    »Die nächste.«
    »Zwei Mäuse.«
    Sami nimmt einen Fensterplatz. Sieht auf die Sportplätze. Nadia musste wohl arbeiten. Bestimmt hat sie einen Zettel in der Wohnung hinterlassen. Sie feiern dann später. Werden ein Curry bestellen. Eine DVD gucken.
    Seit ihre Mutter gestorben ist, haben Sami und Nadia aufeinander aufgepasst. Und sogar vorher hat er Nadia immer beschützt, wenn einer der geilen Freunde seines Vaters sich an sie heranmachen wollte.
    Sie wollte mit sechzehn mit der Schule aufhören, Sami hat dafür gesorgt, dass sie weitermachte. Er hat Botenjobs übernommen, einen Lieferwagen gefahren. Nachts Gigs gespielt. Er ist nicht im Geld geschwommen, hatte aber genug, um die Wölfe fernzuhalten.
    Sami hatte sich oft gefragt, was das Sprichwort wohl bedeutete. Welche Art Wolf damit gemeint war – der aus den Märchen, wie in »Rotkäppchen«, oder bei den drei kleinen Schweinchen oder eher die menschliche Variante?
    Sie waren nicht immer eine glückliche Familie. Sami und Nadia bekamen sich oft fürchterlich in die Haare. So ist das mit Nadia. Sie ist kein Unschuldsengel. Dauernd macht sie Schwierigkeiten. Schule schwänzen. Sich als Minderjährige betrinken. Sich schon mit fünfzehn in Nachtclubs schleichen.
    Nadia hatte außerdem ein paar dunkle Tage. Das lag in der Familie. Ein Vertrauenslehrer wollte sie zu einem Psycho-was-auch-immer schicken, aber Sami hat das nicht zugelassen. Außerdem hat er sich mit dem Sozialamt anlegen müssen, damit sie bei ihm wohnen konnte. Er war vor Gericht gegangen. Hatte gewonnen. Hat’s nicht raushängen lassen. Man darf denen keine Vorwände liefern.
    Lange Zeit wusste Nadia gar nicht, dass sie schön war. Die Kerle hätten alles getan, um sie zu kriegen, aber das war ihr egal. Später merkte sie es dann.
    Sie ließ ein paar Model-Fotos machen, als sie siebzehn war, professionelle Hochglanzbilder, mit Weichzeichner um die Ränder. Sie zeigte ihre Mappe bei ein paar Agenturen herum, doch die meinten nur, sie hätte nicht den Look, den sie suchten, den magersüchtigen Lass-mich-nicht-an-den-Kühlschrank-Heroin-Tussen-Look.
    Sie hatte etwas. Die Fotografen wussten das. Einer von den Agenten wusste es. Nadia hatte diesen verletzlichen, große Augen, volle Lippen, Gerade-gevögelt-worden-Look, den Regisseure so lieben. Regisseure von Pornofilmen.
    Süße, aber nicht ganz so unschuldige Nadia.
    Sami rettete sie vor den Wölfen.
    Dafür sind große Brüder schließlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher