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Bis du stirbst: Thriller (German Edition)

Bis du stirbst: Thriller (German Edition)

Titel: Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
Autoren: Michael Robotham
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Sami.
    »Eine Bombe«, sagt der Fahrer. »Da könnten noch mehr sein.«
    »Mehr was?«
    »Selbstmordattentäter.« Der Fahrer sieht ihn an. »Sie müssen da unten gewesen sein. Sie sehen aus wie der verdammte Al Jolson.«
    »Wer ist das?«
    »Sie haben noch nie vom verdammten Al Jolson gehört?«
    »Nein.«
    »Das war ein Weißer, der sein Gesicht schwarz bemalt und wie ein Nigger gesungen hat.«
    »Warum?«
    »Weiß der Geier.«
    Der Fahrer hat seine Tür offen stehen. Er steckt sich eine Zigarette an, der Rauch wird sofort verweht.
    »Haben Sie ein Telefon«?, fragt Sami.
    »Ja.«
    »Könnte ich das leihen«?
    »Wird Ihnen nicht viel nützen. Die haben das Netz lahmgelegt, oder das ganze Teil ist zusammengebrochen. Die halbe Welt versucht gerade, zu Hause anzurufen.«
    »Warum sollten sie das Netz lahmlegen?«
    »Um zu verhindern, dass die noch mehr Bomben zünden. So machen das die Turbanträger doch – sie nehmen Handys. Eine Nummer wählen und bumms. Keine Ahnung, was das soll. Leben und leben lassen, sag ich immer. Wir sollten einen Deal mit den Terroristen machen – wir marschieren nicht mehr in ihre verdammten Länder ein, und sie hören auf, uns in die Luft zu jagen.«
    »Vielleicht waren es gar keine Terroristen«, gibt Sami zu bedenken.
    »Aber natürlich waren es die verdammten Terroristen«, antwortet der Fahrer.
    »Sie bluten doch nicht etwa, oder? Ich will kein verdammtes Blut auf meinen Sitzen.«
    »Ich glaube nicht.«
    »Sie sind voll mit dem schwarzen Scheiß. Vielleicht sollten Sie doch besser aussteigen.«
    »Kann ich nicht einfach nur hier sitzen?«
    »Sieht mein Taxi vielleicht aus wie ein verdammtes Rucksackhotel?«
    Sami steigt aus. Schwingt sich den Rucksack über eine Schulter. Lässt den Kopf hängen und geht weiter.
    Als er aus der Rupert Street in die Shaftesbury Avenue einbiegt, rennt er fast einen großen, fetten Bullen um, der an der Ecke steht und den Verkehr regelt. Wirklich fett, weit über zwei Zentner. Seine Weste, die über und über mit Polizeispielzeugen behängt ist, lässt ihn noch fetter aussehen.
    Sami entschuldigt sich. Der Bulle befiehlt ihm, langsamer zu gehen und zu gucken, wo er hintritt. Dann bemerkt er Samis Klamotten und den Rucksack.
    »Was trägst du da mit dir herum, Junge?«
    »Nichts.«
    »Sieht für nichts aber ziemlich schwer aus.«
    »Dreckige Wäsche.«
    »Zeig mal.«
    »Da ist ein Zahlenschloss dran.«
    »Schließt du deine Schmutzwäsche immer ein?«
    »Es laufen ’ne Menge Perverse rum«, sagt Sami. »Man kann gar nicht vorsichtig genug sein.«
    Der Bulle greift schon nach dem Funkgerät an seinem Arm.
    Er befiehlt Sami, den Rucksack abzusetzen und langsam rückwärtszugehen.
    Samis Eingeweide lassen ihn im Stich. Seine Haare sind voller Glassplitter. Seine Kleider total verdreckt. Er kann das hier jetzt nicht brauchen. Nicht heute. Nicht nach allem, was er durchgemacht hat. Irgendwo in seinem Unterbewusstsein zwinkert der Verschluss einer Kamera, und er sieht ein Dutzend Jahre Gefängnis vor sich. Der Verschluss zwinkert wieder, und dieses Mal sieht er seine Schwester Nadia auf dem Bild, wie sie auf einem Bett liegt, ihr Kleid klebt an ihrem Körper, eine Cracknutte für Tony Murphy.
    Der schwarze Polizist packt Samis Arm. Der reagiert instinktiv. Rammt seinen Kopf in den Bauch des Bullen, hört, wie Luft pfeifend aus dessen Mund und Nase entweicht. Jetzt stürmt er los, rempelt Fußgänger an, springt über einen angeleinten Hund, bricht durch eine Warteschlange, überrennt einen Mann, der ein Tablett mit Sandwichs trägt.
    Die U-Bahn ist geschlossen. Die Treppen wie leer gefegt. Bahnpolizei an den Stufen. Auf der anderen Straßenseite, zwischen Krankenwagen und Feuerwehrautos, stehen noch mehr Polizisten, sie halten die Menschenmenge zurück. Neugierige. Gaffer.
    Sami prallt gegen einen Cafétisch, wobei er eine Weinflasche umkippt und eine Frau, die gerade beim Essen ist, umreißt. Ein Kellner beschimpft ihn. Er rennt weiter. Den Rucksack über einer Schulter. Der klatscht gegen seinen Rücken. Er sollte stehen bleiben und die Gurte fester ziehen, den Hüftgurt schließen, das Gewicht besser verteilen, aber er hat zu viel Angst, um stehen zu bleiben.
    Lauf. Das sagen ihm alle seine Sinne. Lauf einfach. Weg von hier. Versuch, einen ruhigeren Ort zu finden. Den Rucksack zu verstecken. Einen Moment auszuruhen, um nachdenken zu können.
    Er duckt sich in eine Gasse, lehnt sich mit dem Rücken an eine Wand. Der Rucksack hält ihn aufrecht. Er horcht.
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