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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht
Autoren: Karl Heinz Brisch
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dargestellt.
    Für viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene stellen heute Internet und Computer- sowie Videospiele eine besondere Suchtquelle dar. Sie verbringen viele Stunden des Tages mit suchtartigem Spielverhalten; dies bedeutet, sie können damit nicht mehr aufhören, vergessen, zu essen und zu trinken, schlafen nicht mehr, vernachlässigen sich und fallen schließlich auch aus sozialen Kontakten heraus und vereinsamen. Da die Zahl dieser Kinder wächst, die von Computerspielen abhängig werden, und sie alle Zeichen einer Suchterkrankung tragen, wurde von Klaus Wölfling in Mainz eine entsprechende Beratungsstelle aufgebaut, die sich genau mit diesem Problem auseinandersetzt und das Verhalten derSüchtigen wie ein sinnvolles therapeutisches Vorgehen erforscht. Das Konzept dieser Beratungsstelle und auch die therapeutischen und beraterischen Erfolge werden in seinem Beitrag im Detail geschildert und weisen auf eine bedeutungsvolle Zielgruppe hin, die unbedingt in Zukunft noch genauer untersucht werden muss, um solchen suchtkranken Kindern entsprechende gezielte Präventionsprogramme in einer größeren Breite zur Verfügung zu stellen.
    Seit vielen Jahren beschäftigt sich Jaak Panksepp zusammen mit einer Gruppe von Kollegen mit der Frage, warum wir Trennungen in Beziehungen als schmerzvoll erleben und wie sich diese Erfahrungen auf die Entwicklung von Depressionen und auch von Suchtkrankheiten auswirken. In einem eindrucksvollen Beitrag gehen die Forscher genau dieser Frage nach, und die neurobiologischen Zusammenhänge werden gut verständlich erklärt. Beim Erkennen der Zusammenhänge spielt das Bindungssystem eine große Rolle.
    Silke Gahleitner geht der Frage nach, wie Gender, Trauma und Sucht zusammenhängen und wie diese verschiedenen Bereiche durch das Bindungssystem beeinflusst werden. Gerade in der Jugendhilfe hat sie sich in diesem Kontext intensiv mit den Fragen der Wechselwirkungen und auch der Gegenstrategien beschäftigt. An Fallbeispielen kann sie diese Zusammenhänge anschaulich darstellen.
    Immer wieder wird in der Presse über Arbeitssucht geschrieben. Arnold Bakker hat sich mit der Gruppe der arbeitssüchtigen Menschen, den sogenannten »Workaholics«, beschäftigt, um mehr Informationen zum Prozess der Entstehung und zur Entwicklung einer suchtartigen Störung aufzeigen zu können.
    In einem klinisch orientierten Artikel erklärt Karl Heinz Brisch, wie sich die Suchterkrankungen aus bindungstheoretischer Perspektive auf verschiedenen Altersstufen und bei verschiedenen Abhängigkeitsarten verstehen lassen. An Fallbeispielen zeigt er auf, wie auf dem Hintergrund der Bindungsperspektive suchtkranke Menschen auf verschiedenen Altersstufen angesprochen und behandelt werden können und wie die Betroffenen langfristig erfolgreich sichere Bindungen aufbauen können, die dann das Suchtverhalten quasi »ersetzen«. Brisch beschreibt auch eine Variante des primären bindungsorientierten Präventionsprogramms »SAFE ® – Sichere Ausbildung für Eltern«, das in einer Modifikation des ursprünglichen Programms ab der Schwangerschaft mit jungen substituierten drogenabhängigen Müttern arbeitet, um ihnen – trotz so schwieriger Startbedingungen – beim Aufbau einer sicheren Bindung zu ihrem Kind zu helfen.
    Alle Beiträge zusammen vermitteln einen sehr umfassenden Überblick, wie Bindungsentwicklung und Suchtverhalten entstehen und zusammenhängen, besonders dann, wenn die frühen Bindungserfahrungen von Deprivation undTrauma geprägt waren. Die klinisch orientierten Beiträge ermöglichen es, zu erkennen, wie suchtkranke Menschen verschiedener Altersstufen erfolgreich behandelt werden können, wenn ihre Suchterkrankungen aus einer Bindungsperspektive verstanden werden und sich auch der therapeutische Prozess daran orientiert.
    Die Ergebnisse von Längsschnittstudien und präventiven bindungsorientierten Programmen sind bahnbrechend und weisen darauf hin, dass eine Hilfestellung und Therapie für suchtkranke Kinder und Jugendliche bereits frühzeitig erforderlich ist. Bei suchtkranken Eltern muss eine Prävention bereits in der Schwangerschaft beginnen, um möglichst zu vermeiden, dass die Kinder später unter den schwierigen Eltern-Kind-Beziehungen leiden.
    Auf diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, dass mehr Ansätze für Therapie und Prävention auf einem bindungstheoretischen Modell aufbauen und für die entsprechenden suchtkranken Patienten weiterentwickelt würden.

ANDREAS
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