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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit
Autoren: Justinus Kerner
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die in die Armenanstalt eingeschrieben waren, unentgeltlich zu entbinden. Neben dieser seiner ausgezeichneten ärztlichen Tätigkeit entsagte er aber doch noch nicht der politischen, wenn er dadurch das Wohl anderer, besonders der ihm so liebgewordenen Hansestädte befördern konnte. So gab er zu, daß die Städte Bremen und Lübeck ihn zu ihrem Agenten bei den französischen Oberbehörden in Hamburg (im Jahre 1807) erwählten, in dem Zeitpunkt, wo Marschall
Brune
als französischer Generalgouverneur der Hansestädte, sich zu Hamburg befand. Dieser hatte ihn, wie schon erwähnt, während des Feldzuges von 1799 in Holland (als der Minister Reinhard zur Zeit seines kurzen Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten ihm eine Sendung ins Hauptquartier anvertraute) kennen gelernt und liebgewonnen. Er hatte ja damals selbst an seinen militärischen Operationen Teil genommen und eine Wunde davon getragen. Auch in
Bernadotte,
als dieser, vom Schlusse des Jahres 1807 bis zum Frühling, als Fürst von Ponte-Corvo die in Norddeutschland zurückgebliebene Armee befehligte, traf er wieder in Hamburg einen alten Freund und besuchte ihn nachher in seinem Hauptquartier in
Fünen.
    Es ist bekannt, daß zu des Prinzen Armee auch ein spanisches Korps unter dem Marquis
de la Romana
gehörte, der mit dem größten Teile seiner Spanier den Prinzen verließ, um seinem bedrängten Vaterlande zu Hülfe zu kommen, wodurch die Expedition gegen Schweden, Bernadottes nachherigem Vaterlande, glücklich unterblieb.
    Romana
hatte zu meinem Bruder, da er sah, daß er mit ihm die gleichen politischen Gesinnungen hegte, vieles Vertrauen gefaßt, und hielt gegen ihn noch in Hamburg das patriotische Vorhaben, das er nachher so glücklich ausführte, nicht zurück. Mein Bruder hatte den Fürsten von Ponte-Corvo als General der Republik kennen gelernt und liebte und verehrte jetzt hauptsächlich nur den Menschen in ihm, wie er auch seines Lobes immer voll war, an seiner damaligen Politik konnte er aber, kraft seiner antinapoleonischen Gesinnungen, keinen Teil mehr nehmen, daher ihm auch der Spanier kühn sein ganzes Vertrauen schenken konnte. Voll Haß gegen die Unterdrücker seines Vaterlandes, trat
Romana
seine Stellung auf der Insel
Fünen
benutzend, zu derselben Zeit mit dem Befehlshaber der dort stationierten englischen Seemacht in geheime Unterhaltung, und verlangte englische Transportschiffe um sich mit seinem ganzen Korps einzuschiffen. Diese erschienen, und glücklich schiffte
Romana
seine ganze Mannschaft mit Zurücklassung weniger Detachements, die wegen der zu weiten Entfernungen, in denen sie gestanden, nicht schnell hatten herbeigezogen werden können, im August zu
Nyberg
und
Swendberg
ein. Er langte, wirkungslos von Napoleons Acht verfolgt, nach einer günstigen Fahrt zu
Carona
an, und leistete bald seinem Vaterland durch Bildung der Guerillas die herrlichsten Dienste.
    Viel Trost und Genuß gewährte meinem Bruder der Aufenthalt seines Jugendfreundes Reinhold und seiner Gattin in Hamburg. Reinhold befand sich daselbst als holländischer Gesandter bis zum Jahre 1809. Das alte noch von der Karlsakademie herstammende Freundschaftsverhältnis schloß sich immer fester, und beide Familien lebten bald ganz in- und mit einander.
    Auch mit den Familien
Reimarus, Sieveking, Schumacher, Westphaler, Campe
usw. wurde innige Freundschaft geschlossen. Die Familie
Dunker,
aus der die Gattin meines Bruders war, besaß ein Landhaus in Horn, dahin wurden öfters Spazierfahrten gemacht und Sommers Villeggiaturen gehalten.
    Seine Geschäfte als Agent der Hansestädte Bremen und Lübeck bei den französischen Oberbehörden führten ihn öfters in diese Städte, oft in schnellem Ritte, (da er ein nicht zu ermüdender Reiter war) nach
Bremen,
wo er mit dem damaligen Syndikus, nachherigem Bürgermeister
Schmidt,
eine bis zu seinem Tode fortdauernde innige Freundschaft schloß, und mit welchem er auch viele Briefe wechselte.
    Im Jahre 1809 ging Reinhold als Gesandter nach Berlin ab. Während seines ungefähr einjährigen Aufenthaltes daselbst schrieben sich die Freunde sehr häufig. Daß jene für die Politik damaliger Zeit sehr interessanten Briefe, wie überhaupt andere Papiere meines Bruders durch einen Brand im Jahre 1822 verloren gingen, ist schon bemerkt. Auch eine Korrespondenz mit Kosciusko, den er in Paris kennen lernte, findet sich nicht mehr vor. Als Reinholds Gesandtschaft in
Berlin,
infolge der damaligen Vereinigung Hollands mit Frankreich,
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