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Biker's Barbecue (German Edition)

Biker's Barbecue (German Edition)

Titel: Biker's Barbecue (German Edition)
Autoren: Stefan Micke , Tobias Micke
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Dokumentarfotos. Hintergrund (unscharf): Mayflower-Nachbildung, Vordergrund (echt scharf): Zwei toll ausgerüstete, durchgestylte Radfahrer, die mit noch naivem Lächeln den unbekannten Mann am Auslöser angrinsen.
    Der Fototermin muss Tobi irgendwie angeturnt haben; jedenfalls ist er auf einmal dreist genug, eine wildfremde Frau um eine Unterkunft anzuschnorren: „Wissen Sie, die restlos überfüllten Motels, die ihr hier habt, sind für uns viel zu teuer – und wir haben ja noch nicht einmal ein Zelt. Außerdem sieht es nach Regen aus … “ Wenn Tobi gewusst hätte, wie oft ihm dieses lockere Sätzchen in den nächsten Wochen noch über die Lippen kommen würde! – Jedenfalls dürfen wir am Ende in einem halb fertigen Gästehaus übernachten. Selbstverständlich umsonst.
    Obwohl ich mir redlich Mühe gebe, Stefans Mistlaune wegen unseres Plymouth-Umwegs künstlich zu heben, ist er bis zum Schlafengehen mies drauf. Gut, ein bisschen kann man’s vielleicht verstehen: Seine nagelneue, 70-Dollar-Iso-Luftmatratze hat jetzt schon ein Loch.
    Gleich morgen wollen wir uns im nächsten Hardware Store zwei Kompasse besorgen. In Wien hätten wir vermutlich noch unter heftigem Schenkelklopfen darüber gelacht („Ein Kompass, um nach Westen zu fahren – ha, ha –, das ist gut!“). Aber nach dem heutigen Richtungsraten und bei dem Düsenjäger-Maßstab unserer Straßenkarte scheint uns das die sicherste Methode zu sein, Nordkalifornien wenigstens annähernd anzupeilen.

    2.
    Go West! „Suuuper Schbruuuch…“

    So geht es denn an diesem Sonntagmorgen von der Atlantikküste aus los: Wir kehren dem Osten für die nächsten Monate – buchstäblich – den Rücken. Es ist ein ganz anderes Gefühl als gestern. Wir schreiben Geschichte. Genau jetzt. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer für uns. Die ersten Tritte haben etwas Ehrfurchtsvolles: Radfahren als sakrale Handlung. Der Kurs stimmt. Der Kontinent liegt vor uns, und mit jedem zurückgelegten Meter ziehen wir – langsam, aber unaufhaltsam – unserem Ziel entgegen.
    Unser erster offizieller Kontakt mit den Eingeborenen von Massachusetts verläuft nicht nur friedlich, sondern geradezu freundschaftlich: Der Besitzer eines Fahrradgeschäfts versorgt uns völlig gratis mit Trinkwasser (normalerweise kostenpflichtig) und gibt jedem von uns eine Testportion zähflüssige Notnahrung für verhungernde Radfahrer mit auf den Weg.
    Natürlich lassen wir auch harte Dollars in dem Laden. Tobi war ja schon in Boston einfältig genug, sich einen dieser „Camelbaks“ aufschwatzen zu lassen, bei denen man während des Trinkens angeblich die Hände auf der Lenkstange lassen kann. So etwas Albernes! – Nachdem ich gestern bei teilweise sehr lebhaftem Verkehr halb am Verdursten war, bin ich nun auch reif dafür. Ich entschließe mich allerdings für ein Modell mit etwas mehr Fassungsvermögen – schließlich muss ich ja immer den Größten haben …
    Eigentlich ist Amerika für das Leben auf der Straße schon voll eingerichtet: Der Weg ist gesäumt mit Delis, Pizza-Hütten und Hamburger-Restaurants – unzählige Möglichkeiten, den sich ständig leerenden Kalorienspeicher aufzufüllen. Nirgendwo kann man hinsehen, ohne eine dieser „Tankstellen“ zu erblicken. – Amerika ist bereit für uns!
    Gegen Abend erreichen wir nach 120 heldenhaft gefahrenen Kilometern einen Trailer-Campingplatz. Steifbeinig wanken wir zum Büro, noch unschlüssig, ob wir hier überhaupt bleiben sollen; zumindest wollen wir erst einmal wissen, was hier so pro Nacht zu zahlen ist. Das Büro scheint allerdings unbesetzt. Wir beschließen deshalb, zunächst zu duschen. Fragen kann man ja nachher immer noch.
    Frisch gewaschen und frisiert suchen wir uns einen Schlafplatz. Schließlich dämmert es schon. Die Tür zum Büro ist allerdings noch immer hartnäckig verschlossen. Also gehen wir erst einmal schlafen.
    Heute verbringen wir unsere erste Nacht im Freien – ohne Zelt. Die Tatsache, dass wir von hungrigen Gelsen umzingelt sind und sich mein Sinn für Geborgenheit und Ordnung offenbar nicht mit der Weite des Himmels über uns verträgt, lässt in mir Panik aufsteigen. Auch, dass man uns am Campingladen an der Straße den Wunsch nach zwei einfachen Döschen amerikanischem Dünnbier verwehrt (weil doch heute Sonntag ist), trägt nicht wirklich zu meiner Entspannung bei. Ich ziehe meine Anti-Gelsen-Mütze tief ins Gesicht, verkrieche mich im Schlafsack und tue so, als ob ich daheim
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