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Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition)
Autoren: Jenk Saborowski
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wahrgenommen hatte.
    Am Abend ließ sich Marcel am Tresen des Hotels ein Restaurant empfehlen und bekam ein Fischlokal auf der Dizengoff genannt, das sehr beliebt sei. Vor allem bei den Frauen, wie der einigermaßen schmierige Portier mit einem wissenden Grinsen ungefragt ergänzte. Achselzuckend fügte sich Marcel in sein Schicksal, wenigstens konnte er die Strecke vom Hotel locker laufen, und in die größte Shoppingmeile der Stadt hatte es ihn heute auch noch nicht verschlagen. Als er das kleine Lokal betrat, fiel sie ihm sofort auf: Dort saß an der Bar, hinter der sich die schlauchförmige offene Küche befand, sein Flirt aus dem Flugzeug, die langhaarige, sonderbare Schönheit, die ihn danach nicht mehr erkannt haben wollte. Sie war mit einer Freundin unterwegs, die beiden lachten ausgelassen. Marcel beschloss, diesen unglaublichen Zufall als Wink des Schicksals aufzufassen, und wählte einen Platz in der Ecke, sodass er ihr fast direkt gegenübersaß. Er bestellte einen Weißwein und grinste zu ihr herüber. Zwischenzeitlich schien sie ihre Erinnerung wiedergefunden zu haben, denn sie prostete ihm fröhlich zu, und als sich ihre Freundin eine halbe Stunde später verabschiedete, ergriff er die Gelegenheit beim Schopfe und lud sie auf ein Glas Wein ein, als Wiedergutmachung für die Verspätung ›seiner Airline‹. Auf ihren Hinweis, er sei doch nicht einmal Deutscher und wie er sich da für die Lufthansa-Verspätung verantwortlich fühlen könne, entgegnete er, dass Franzosen bei dem Versuch, eine schöne Frau kennenzulernen, noch keine Lüge je zu abwegig gewesen sei. Er fand es einen dummen Spruch, aber sie schenkte ihm ein fröhliches Lachen. Nach einem Hinweis auf die Überlegenheit der französischen Küche und dem beabsichtigten Protest ihrerseits schaffte er es wenig später, sie zu einem gemeinsamen Abendessen zu überreden.
    Als der Hauptgang aufgetragen wurde, Pasta mit Meeresfrüchten, eine Empfehlung von Yael, wuchs in Marcel das eigentümliche Gefühl, dass er von ihr ausgefragt wurde. Das zweifellos charmanteste und attraktivste Verhör, das Marcel je erlebt hatte, aber nichtsdestotrotz ein Verhör. Sie wusste mittlerweile, dass er für den Echo arbeitete und hinter welcher Story er her war, sie wusste, dass er mehrere Jahre Medizin studiert hatte, bevor er sich seiner Leidenschaft, der Fotografie und dem Journalismus, gewidmet hatte, nur seine Beziehung zu Solveigh hatte er ihr verschwiegen. Er fragte sich, ob er für seinen neuen Beruf überhaupt geeignet war, denn er wusste bisher so gut wie nichts über sie, außer dass sie Yael hieß. Deshalb brachte er zwischen zwei Gabeln vorzüglicher Nudeln die Sprache auf sie. Er war wirklich gespannt darauf, wie sie reagieren würde.
    »Was bedeutet eigentlich der Name Yael? Klingt irgendwie biblisch.« Was für ein dämlicher Versuch, schalt sich Marcel innerlich, aber Yael lachte ihn an.
    »Nicht ganz falsch, mein liebenswerter Franzose. Yael taucht im Buch der Richter auf, sie vernichtete angeblich einen Feind Israels. Aber er bedeutet auch Bergziege.« Dazu legte sie den Kopf schief.
    »Wie passend«, befand Marcel und pulte eine orangefarbene Muschel aus der Schale.
    »Und was machst du, Yael? Also, ich meine, was arbeitest du? Oder studierst du?«, wollte Marcel wissen. Yael zögerte einen Moment zu lange, sodass Marcel klar war, dass sie irgendetwas vor ihm verbergen wollte. Vermutlich hatte sie einen Freund, der zu Hause auf sie wartete. Ihre Antwort verblüffte ihn trotzdem: »Wieso ist das wichtig, Marcel? Ja, ich studiere. Aber wieso möchtest du das wissen? Du musst noch viel über uns israelische Frauen lernen.«
    »Ich denke, das könnte mir gefallen«, sagte Marcel und grinste.
    »Und über unser Land«, fügte sie hinzu.
    Marcel nickte: »Natürlich. Das ist der Grund, weshalb ich gekommen bin. Die Konflikte, eure Nachbarn, der Gazastreifen, der drohende Krieg, ich möchte so viel wie möglich über alles erfahren.«
    Yael starrte auf ihren Teller und bemerkte nach einem nachdenklichen Bissen: »Um unser Land zu verstehen, ist es wichtig, unsere Geschichte zu kennen. Die frühe wie auch die jüngere. Wusstest du zum Beispiel, dass dieses Lokal hier«, sie deutete mit dem Finger auf die Bar, »einer der wichtigsten Kontaktplätze beim Zorn Gottes war?«
    Operation Zorn Gottes. Marcel hatte seine Hausaufgaben gemacht. Unter diesem Decknamen hatte der Mossad in den Siebzigerjahren die Liquidierung der Olympia-Attentäter durchgeführt.
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