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Biest: Thriller (German Edition)

Biest: Thriller (German Edition)

Titel: Biest: Thriller (German Edition)
Autoren: Jenk Saborowski
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richtiger Fotojournalist. Und seine letzte Reportage hatte sogar einen Preis gewonnen. Keinen wichtigen, aber immerhin einen Preis. Aber sollte er deshalb leben wie ein verdammter Mönch? Schließlich wusste er ja auch nicht, wen sie im Rahmen ihrer ach so geheimen Aufträge alles mit ins Bett nahm, oder? Egal, sie ist sowieso verschwunden, dachte er, als er den dunklen Lockenkopf am Gate immer noch nicht wieder zu Gesicht bekommen hatte. Er zuckte mit den Achseln. Wir werden sehen, was das Leben uns bringt. Tel Aviv und seine Frauen schienen ihm jedenfalls eine aufregende Alternative zu sein, auch wenn er immer noch nicht wusste, was er von diesem Land und seiner Politik halten sollte. Zu widersprüchlich waren all die Positionen, die er dazu in den letzten Jahren gehört hatte, und er war froh, dass ihm seine Story die Gelegenheit geben würde, sich selbst eine Meinung zu bilden.
    Nachdem er die Passkontrolle hinter sich gelassen und bei dem Grund für seine Reise zumindest nicht die volle Wahrheit angegeben hatte, sammelte er sein Gepäck ein und betrat die große Ankunftshalle, in der Taxifahrer und einige Nonnen auf ihre jeweils sehr unterschiedliche Klientel warteten. Ein weitverzweigtes Brunnensystem aus Edelstahl, über dessen Kanten ständig Wasser von einem halb offenen Rohr zum nächsten Becken plätscherte, verbreitete den Geruch von Chlor. Was für eine Symbolik: Das 1948 gegründete Israel begrüßte Einreisende mit einem Brunnen, der nach Chlor stank. Ob dies von den Entscheidungsträgern beabsichtigt gewesen war, als sie der Installation zugestimmt hatten, wagte Marcel zu bezweifeln. Er schoss ein paar Fotos aus der Hüfte, um nicht aufzufallen. Die Präsenz der Sicherheitskräfte wirkte auf eine passive Art bedrohlich. Und man konnte sich nicht sicher sein, ob es geduldet wurde, den Flughafen Ben Gurion zu fotografieren, der als eines der terrorgefährdetsten Gebäude der Welt galt.
    Als er durch die vergilbten Automatiktüren in die Sonne trat, sah er sie wieder, die geheimnisvolle Schönheit von Sitz 45H. Sie lehnte an einem Pfeiler aus Beton gegenüber dem Eingang des Flughafenbahnhofs und rauchte eine Zigarette. Er hätte schwören können, dass sie ihm hinter der dunklen Sonnenbrille direkt in die Augen sah, aber sie ließ sich nicht anmerken, ob sie ihn wiedererkannt hatte. Marcel blieb nichts anderes übrig, als die Treppe hinunter zu den Gleisen zu nehmen, ihm fiel auf die Schnelle einfach kein guter Grund an, sie anzusprechen. Auf der fünften Stufe klingelte sein Handy: Solveigh. Vielleicht ist es besser so, dachte Marcel, kurz bevor er die Taste zum Annehmen des Gesprächs drückte, und nahm sich vor, die dunkelhaarige Schöne diesmal wirklich zu vergessen.

    Als Marcel am nächsten Tag in seinem einfachen Hotelzimmer aufwachte, schien ihm die Sonne durch die hauchdünnen Vorhänge direkt ins Gesicht. Er öffnete das Fenster und sah hinaus auf die viel befahrene Ben Yehuda, eine der Hauptverkehrsadern der Innenstadt, die parallel zur Strandpromenade Richtung Süden verlief und an der die meisten der günstigeren Hotels lagen. Da er weder Budget noch einen genauen Plan hatte, wie er seine Reportage über die israelische Sabotageaktion des iranischen Atomprogramms angehen sollte, beschloss er, einen Morgenlauf am Strand einzuschieben, um ein erstes Gefühl für die Stadt zu bekommen. Marcel liebte es, sich Städte joggend zu »erlaufen«, man schafft einige Strecke und kann sie trotzdem mit allen Sinnen genießen, anstatt in einem öffentlichen Verkehrsmittel oder einem stickigen Taxi festzusitzen, wobei sein Budget Letzteres ohnehin nicht hergegeben hätte. Eine Dreiviertelstunde oder 8,5 Kilometer später stand er erfrischt unter der Dusche und wusste, dass auch Tel Aviv das klägliche Ergebnis stadtplanerischer Ideen der Siebzigerjahre war, die überall auf der Welt die Strände von Großstädten am Meer verschandelt hatten. Dicht verbaut und mit einer überaus schnell befahrenen Straße zwischen Innenstadt und Promenade, die mutige Fußgänger nur mit einem gewissen Gottvertrauen in die Bremswilligkeit der Tel Aviver überqueren konnten. Den Rest des Tages verbrachten Marcel und seine geliebte Leica in den Straßen der Stadt. Seinen Kontakt beim Mossad, dem israelischen Auslandsgeheimdienst, würde er erst morgen anrufen, er hatte die Maschine einen Tag früher als geplant erwischt, und so wusste niemand, dass er bereits im Land war. Zumindest dachte Marcel, dass niemand seine Ankunft
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