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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition)
Autoren: Lisa O'Donnell
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Sie hört einfach nicht mehr auf damit.
    »Wohin fahren wir? Wie kommen wir dorthin? Was kostet eine Fahrkarte? Wie lange dauert die Fahrt? Was werden wir essen? Kannst du angeln? Lennie hat gesagt, wir sollen die Finger von den Pilzen lassen. Weißt du, wie man ein Feuer macht? Wo waschen wir unsere Wäsche? Was ist mit Strom, oder hatte er Gas? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Haben wir auch Milch?«
    Ich hab echt die Krise gekriegt, aber ich wollte sie auch nicht verärgern und hab mir auf jede Frage irgendwas einfallen lassen.
    Sie wollte echt alles mitnehmen, auch das Kissen, mit dem Izzy Gene erstickt hat. So was von krank. Ich hab Nein gesagt, da hat sie es dann liegen lassen. Aber ihre Cornflakes wollte sie mitnehmen, und dosenweise Cola für ihr beknacktes Frühstück. Ich hoffe bloß, dass wir da in Firemore einfach drankommen. Die kriegt ’nen Anfall, wenn es bloß Porridge gibt. Ist schon ein bisschen ein Rückschlag, dass sie nun wieder unbedingt Cornflakes mit Cola will; ich dachte, aus dieser Phase wär sie raus. Sie schien ein bisschen runtergekommen zu sein in den letzten Wochen, war fast schon an der Grenze zur Normalität, wenn ich ehrlich sein soll, aber ich nehm mal an, das Abhauen stresst sie so, dass der Psycho in ihr wieder mehr durchkommt. Vielleicht sollte ich ihr langsam mal von dem Geld erzählen.

Nelly
    Marnie besitzt eine Tasche voller Geld, alles besudelt mit der Misere anderer Menschen. Ich möchte es nicht und versuche sie zu überreden, dass wir es zurücklassen. Sie gebraucht Kraftausdrücke, und ich bin sprachlos.
    »Aber wir brauchen Geld. Cash. Sonst werden wir nicht lange überleben.«
    »Es ist nicht richtig, Marnie. Es ist einfach nicht richtig«, sage ich zu ihr.
    »Was ist nicht richtig?«, fragt sie.
    »Das weißt du sehr genau.«
    »Ja, schon klar, aber was weißt du denn?«
    »Nichts, ich weiß von gar nichts.«
    »Sicher?«, fragt sie. »Du kannst es ruhig sagen. Drogengeld. D-R-O-G-E-N.«
    »Ich möchte davon nichts wissen.«
    »Du willst nie irgendwas aus der Realität wissen, kann das sein? Und dabei dachte ich in letzter Zeit, dass du dich so gut machst. Ich dachte, du wirst endlich mal erwachsen.«
    »Es ist nicht richtig«, sage ich.
    »Verhungern, das ist nicht richtig. Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als dieses Geld zu nehmen.«
    »Aber ich möchte das nicht«, sage ich.
    »Dann sieh’s doch mal so: Das ist in Pfund und Penny das Geld, das uns Izzy und Gene gestohlen haben, um Drogen zu kaufen. Wir holen es uns nur zurück, mit ein paar Zinsen. Das ist nur fair, Nelly.«
    »Ich weiß nicht recht«, sage ich.
    »Denk doch mal dran, was wir uns von dem Geld alles kaufen können. Sicherheit und Schutz. Willst du es den Dealern zurückgeben, damit sie noch mehr Drogen einkaufen, die Leuten wie dir und mir schaden, oder willst du es nehmen und irgendwo anders ein neues Leben damit anfangen?«
    Als sie das Pferd so aufzäumte, konnte ich nicht mehr mit ihr streiten. Vom moralischen Standpunkt her ist es falsch, doch ethisch ist es korrekt, also nehmen wir das Geld mit, und ich habe noch nie im Leben so viel auf einmal gesehen.

Marnie
    Wir haben schon eine Menge zusammen durchgemacht, Nelly und ich, aber manchmal vergess ich, wie endbescheuert meine Schwester sein kann. Sie wollte das Geld dalassen. Sie will nach Firemore gehen, Fische fangen und Blätter essen. Klar. Sie will Gurken und Tomaten anbauen, bei dem Klima dort. Sie ist echt die größte Flachzange der Welt. Am liebsten würd ich ihr eine klatschen, aber ich mach’s nicht. Für die Flucht brauch ich eine Schwester mit klarem Kopf und keine, die Angst hat, sie kriegt jeden Moment die Fresse poliert.
    Robert T. Macdonald macht mir weiterhin das Leben zur Hölle, und an unserem letzten gemeinsamen Wochenende fährt er mit uns auf den Friedhof, wo Izzy und Gene liegen. Der Grabstein ist fertig, und wir sollen uns davorstellen und trauern. Dabei denken wir nur noch daran, wie wir hier wegkommen. Der Grabstein ist Bullshit, darauf sieht es so aus, als ob Gene und Izzy verheiratet gewesen wären. Er hat sogar ihren Namen in seinen umändern lassen. Das ist so falsch. Der Marmor erzählt die Geschichte von zwei Menschen, die »schmerzlich vermisst« werden, die »geliebt« wurden und »in unseren Herzen weiterleben«. Einen Scheiß tun sie. Am liebsten würd ich draufspucken, wie man es im Film immer sieht. Nelly fängt an zu weinen, aber Robert T. Macdonald sagt ihr, sie soll sich beruhigen.
    »Keine
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