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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition)
Autoren: Lisa O'Donnell
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Geräuschen, meine ich, nicht einmal müde gebellt hat er. Das Wetter macht ihm gerade sehr zu schaffen. Letzte Woche war ich mit ihm beim Tierarzt, der meinte, er hätte die Räude. Ich habe was zum Baden und ein Antibiotikum für ihn bekommen, und was gegen die Schmerzen, aber der Ärmste kann sich kaum auf den Beinen halten. Schläft den ganzen Tag. Und dann sein Gestank. Da kippt sogar ein Toter aus den Latschen. Allmählich mache ich mir Sorgen, dass er vielleicht stirbt. Der Tierarzt meinte, die Hautkrusten sind sehr schlimm und in manchen Fällen kann das zu einer Blutvergiftung führen. Ich soll Fisch, Öl und Reis füttern.
    Eigentlich hätte ich ihn da lassen sollen, wo ich ihn gefunden habe. Ein kleiner weißer Streuner, sieht aus wie ein Terrier. Er stand zitternd in einer Gasse vor den Mülltonnen, hat etwas zu fressen gesucht. Das kleine Ding hat solche Angst gehabt. Da hat einem einfach das Herz geblutet. Es hat nichts geschadet, ihn aufzunehmen, er kränkelt bloß andauernd. Der Tierarzt sagt, ich soll sein Futter umstellen. Er hat wahrscheinlich eine Allergie. Vielleicht mache ich das. Ich könnte wohl wirklich mal ein bisschen spendabler werden; ich habe ihn schon ziemlich lieb gewonnen. Es würde mir das Herz brechen, wenn er sterben würde.
    Ich habe gesehen, wie die Mädchen in dem berüchtigten Einkaufswagen den Dreck von Jahren aus dem Haus geschafft haben, und da musste ich an letzte Weihnachten denken, als der Vater die Mutter darin wie ein Baby im Kinderwagen umhergeschoben hat. Er hat gesungen, weißt du noch? Lauthals gesungen. Es war zwei Uhr morgens. »Flower of Scotland«. »Take the High Road«. »The Northern Lights«. Lieder, die ihm gar nicht zustanden. Lieder über Helden und Krieger, Lieder über Auflehnung, über Orte, an denen er im Leben nicht war. Seine Frau hat sich an einen Absperrkegel geklammert, und ihre Beine baumelten links und rechts aus dem Wagen raus. Ich dachte zuerst, sie wäre tot, aber dann hat sie den Kopf gehoben und an einer Zigarette gezogen. Da hat sie gesehen, dass ich sie anschaue, und hat wie üblich einen Aufstand gemacht von wegen, sie hätten eine Schwuchtel als Nachbarn. Sie haben ein paar Dosen nach mir geworfen und eine Tasche, ihre Tasche, und der ganze Inhalt ist über den Beton geklackert. Sie ist aufgestanden, so war es doch, und kopfüber rausgefallen. Da ist dann dieser Klempner aufgetaucht, der keine Waschbecken reparieren kann, der hat ihr ein Handtuch gegeben, und seine Frau, diese Schabracke, die war stinksauer und hat von hinten gebrüllt: »Halt dich da raus, Tommy.« Irgendwann kam der Krankenwagen und die Polizei gleich hinterher, der Klempner hat eine Zeugenaussage gemacht, und Mr. Eugene Doyle haben sie einkassiert und mitgenommen (höchstwahrscheinlich in die Zelle). Die Mutter kam erst am zweiten Weihnachtstag zurück, mit einem dicken Verband um den Kopf. Ich will mir gar nicht vorstellen, was die Mädchen an dem Weihnachten gemacht haben. Ich will mir nicht vorstellen, was sie diese Weihnachten machen. Von ihren Eltern hab ich kaum was gesehen, und gehört übrigens auch nicht. Ich sollte eigentlich dankbar sein für die Stille, bin ich aber nicht, weil das alles sehr beunruhigend ist, wenn ich ehrlich bin. Sehr beunruhigend.

Marnie
    Weihnachten war ätzend. Wir haben Geschenke von Izzy und Gene in der Besenkammer gefunden. Wir hatten das Desinfektionsmittel gesucht, weil wir Genes Überreste vom Boden schrubben wollten. Für mich gab’s einen geklauten iPod. Für Nelly eine Harry-Potter - DVD . Ein goldenes Kreuz für mich und passende Ohrringe für Nelly. Sie dachten wohl, die könnten wir uns teilen. Ich hab mich ziemlich mies gefühlt; die Kreuze waren zwar hübsch, aber es hat sich angefühlt wie ein R.I.P. aus dem Grab. Da lag auch noch ein Armband, für Izzy von Gene, so ein goldenes mit Anhängern dran, aber ich hab einfach das Kärtchen abgemacht und Nelly erzählt, es wäre von mir. Sie ist voll drauf abgefahren, auf die Anhänger.
    Essen hatten wir noch in der Tiefkühltruhe. Hähnchenpfanne und ein paar Ofenpommes. Als Weihnachtsessen echt armselig, aber wir wollten nicht noch mal aus dem Haus. Wir hatten auf einmal Angst vor allem da draußen, deshalb haben wir gegessen, was da war, die meiste Zeit, ohne groß was zu sagen, mit dem Teller auf dem Schoß vor der Glotze. Nelly war total depri. Irgendwann hab ich das Radio angeschaltet, aber da ist sie ausgerastet und hat es ausgemacht. Musik ist nicht so ihr Ding im
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