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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition)
Autoren: Lisa O'Donnell
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für den Vlado arbeitet. Kate hat mal erzählt, Vlado hätte zwei Töchter und seine Frau im Krieg verloren. Vielleicht leben sie auch noch und sind irgendwo, aber angeblich traut er sich nicht, sie zu suchen, weil er Angst hat, sie sind in so ein Vergewaltigungslager verschleppt worden, aber Kate ist eine Tratschtante und erzählt viel, wenn der Tag lang ist.
    Jedenfalls ist vor sechs Monaten der Aufzug bei Kimbo stecken geblieben, und ich drin. Ich saß über eine Stunde in dem Ding fest, bis ein Monteur kam, und ich hab’s nicht so mit geschlossenen Räumen. Ich bin total ausgetickt, und als die Türen endlich aufgegangen sind, musste mir Kimbos Mum zum Runterkommen einen Joint geben, ihr Dad hat MS . Ich bin dann ein paar Tage bei ihnen geblieben, die meiste Zeit stoned, und als ich wieder wegmusste, bin ich die zwanzig Stockwerke zu Fuß runter, aber unten an der Tür bin ich gestolpert und hab mir das Knie aufgeschürft. Ich dann direkt in den Mund damit und an der Schramme gesaugt, aber gebrannt hat es immer noch, und dann fragt irgendwer: »Alles klar, Schätzchen?« Eine nette Stimme, wie so italienisch, aber nicht von einem Italiener, und da seh ich, es ist Vlado. Er reicht mir die Hand und zieht mich hoch. Ich klopfe mich ab, zieh mein Top runter und schieb den BH hoch. Dann quatsche ich los.
    »Mann, bin ich ne Nuss. Voll peinlich. Sorry. Du bist doch Vlado, oder?« Ich lächele, so gut ich kann, und winke kurz. »Ich bin Marnie.« Für einen Moment sagt er gar nichts, starrt mich nur an, und ich sehe, wie sein Gesicht finster wird und er mich abcheckt. Einmal von Kopf bis Fuß. Dieser Männerblick halt. Nur dass er mich nicht so anguckt. Er guckt auf irgendwas anderes, und das macht mich nervös und verlegen, so als hätte er irgendwas an mir auszusetzen, und ich fange an rumzuzappeln. Ich merke, wie ich rot werde, vor allem weil er bestimmt eine Minute lang nichts sagt.
    »Geh heim zu deiner Mutter«, flüstert er schließlich.
    Er ist enttäuscht, das hör ich. Dann sagt er: »Und kleb dir ein Pflaster aufs Knie«, und geht. Logisch muss ich da erst mal schlucken, aber mal davon abgesehen, was er gesagt hat, lag so eine Art Spott in seiner Stimme, so ein kleines Lachen.
    Aus der Glastür guckt mich mein durchsichtiges Spiegelbild an. Ich such es verzweifelt von oben bis unten ab, was könnte ihn denn geärgert haben? Die schwarzen Pumps, meine zerrissenen Leggings, das aufgeschrammte Knie oder die rosa Trainingsjacke, die ich mir von Susie geliehen hab? Ich könnt mich in den Arsch beißen, dass ich keine High Heels anhab, aber ich bin zwanzig Stockwerke runtergelaufen, in anderen Schuhen hätte ich mir das Genick gebrochen. Ich frag mich, ob es vielleicht daran liegt, dass ich kein Make-up und keinen Lippenstift drauf hab, und da schäm ich mich dann. Ich versuch immer, absolut top auszusehen, und dann tu ich’s einmal nicht und begegne ausgerechnet so jemandem wie Vlado. Seit dieser Sache war ich kaum noch da. Eigentlich eine Schande, weil, man muss echt mal die Aussicht bei Kimbo sehen, vor allem nachts, wenn ganz Glasgow leuchtet wie ein Weihnachtsbaum, da könnte man glatt vergessen, wo man ist, bei diesem Blick, und wenn die Sirenen und das dauernde Geschrei im Treppenhaus nicht wären, würde man es vielleicht wirklich vergessen.

Lennie
    Ich beobachte sie jetzt schon seit Tagen. Wie sie graben. Pflanzen. Den Müll von Jahren aus ihrem schrammeligen Garten ausbuddeln. Eine kaputte Kloschüssel und ein paar Absperrkegel, einen zerdepperten Fernseher und ein rostiges Fahrrad, einen Buggy und massenweise Müllsäcke mit allem möglichen Mist drin, möchte ich wetten. Wie die Wiesel, die zwei, haben den geklauten Einkaufswagen bis zum Rand vollgemacht und danach Lavendel gepflanzt. Französisch, glaube ich. Drollige Pflänzchen, dieser Lavendel, aber die gehen nicht an, nicht bei dem Wetter, wobei ich beeindruckt war, wie schön sie sie gepflanzt haben, mitsamt den Töpfen, und darüber etwas Mulch und eine Abdeckung aus Folie. Wie sie wohl überhaupt in den Boden reingekommen sind, der muss doch steinhart gefroren gewesen sein. Anscheinend machen sie Hausputz, an der Leine hängt Wäsche, sie schütten eimerweise Schmutzwasser raus, und dann noch die viele Bleiche und dieses Geklopfe und Geschrappe. Nur Musik hört man keine. Die Jüngere hat schon wochenlang nicht mehr gespielt, dabei höre ich ihr so gern zu. Ein echtes Talent.
    Bobby hat davon natürlich kaum etwas mitbekommen, von den
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