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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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sich ins Laken und schläft in derselben Sekunde ein. Ich bleibe noch einen Augenblick stehen und speichere den Augenblick. Den Anblick. Die Atmosphäre. Das Gefühl. Dann schnappe ich mir eine Sonnenbrille.
    Stan lehnt an der Limousine. Er trägt ebenfalls eine Sonnenbrille und schaut in den Himmel, wo eine noch harmlose Sonne aufgeht. Auf dem Wagendach stehen zwei Flaschen Corona. Ich werfe einen Blick ins Wageninnere. Stella liegt zusammengekauert auf der Sitzbank und schläft.
    Der Bildschirm ist jetzt dunkel. Ich ziehe den Kopf wieder raus, schnappe mir eine der Flaschen und klopfe damit an die Fahrerscheibe. Der Fahrer winkt hinter der Scheibe dankend ab und zeigt mir eine Wasserflasche. Ich reiche die Flasche an Stan weiter und nehme mir die andere. Wir drehen die Deckel ab und prosten uns zu.
    »Auf deine Hochzeit.«
    »Auf deine. Möge sie je kommen.«
    Wir trinken und schauen zu, wie die Sonne über dem funkelnden Pazifik aufsteigt. Wieder ein strahlender Sonnentag im kalifornischen Winter. Unten am Strand laufen die ersten Jogger. Einer von ihnen ist doppelt so breit wie die anderen und bewegt sich so langsam, dass es wirkt, als würde er stillstehen.
    »Meinst du, Tess wartet ewig?«
    »Ich trinke nur noch das Bier aus, dann gehe ich rein.«
    Für einen Augenblick scheint es, als würde er es mir durchgehen lassen, dann schüttelt er seinen Kopf missbilligend. »Ihr solltet wirklich auch heiraten.«
    »Es ist nicht der richtige Augenblick.«
    »Nach sieben Jahren gibt es nur noch richtige Augenblicke.«
    »Wir würden keinen Termin finden«, lenke ich lahm ab. Er wendet mir die verspiegelten Gläser zu.
    »Du klingst irgendwie frustriert. Wie sicher bist du, dass du nicht auf ihren Erfolg neidisch bist? Ich meine, sie räumt voll ab, und du bist ein drittklassiger Komiker.« »Zweitklassig, bitte«, sage ich und trinke einen Schluck.
    Er starrt mich an und wartet, bis ich schließlich die Schultern zucke.
    »Ich bin nicht auf ihren Erfolg neidisch, sondern auf die Zeit, die sie dafür aufwendet. Ich hasse diesen verdammten Job, aber versuch mal, einer Karriere die Fresse zu polieren. «
    Er lacht nicht. Unten am Strand überholt ein Powerjogger unseren Dicken mit Riesenschritten. Als er auf gleicher Höhe ist, grinst der Powerjogger ihn an und sagt etwas, was wir nicht verstehen können, aber die Handbewegung ist klar: Hol mich doch. Dann zieht er mit Meterschritten weiter. Der Dicke watschelt ihm nach.
    Stan nimmt einen langen Zug aus der Flasche, setzt sie ab und rülpst.
    »Heirate sie, du wirst schon sehen, das verändert alles.«
    Ich verdrehe die Augen, was hinter der Sonnenbrille vielleicht nicht brutal genug rüberkommt.
    »Hörst du mir überhaupt zu? Sie liebt diesen verdammten Job. Und sie hat mich unterstützt, als ich Erfolg hatte, jetzt macht sie Karriere, und da soll ich sie auffordern, das aufzugeben? Wie würdest du denn reagieren, wenn Stella von dir verlangen würde, dass du aufhörst zu arbeiten?«
    Er wendet mir wieder die verspiegelten Gläser zu. Sein Mund verzieht sich spöttisch.
    »Lebst du im Mittelalter? Wieso muss sie denn aufhören zu arbeiten, nur weil ihr heiratet? Frauen an den Herd und so ein Scheiß?«
    »Gegenfrage: Warum sollten wir heiraten, wenn wir uns im letzten Jahr an dreißig Wochenenden gesehen haben? Ich sehe meinen Agenten häufiger als sie, und ihm versuche ich aus dem Weg zu gehen.«
    Dazu fällt ihm nichts ein. Ich bin kurz davor, ihm mein Problem zu schildern, denn er ist ein Freund. Wenn ich Satan in meinem Keller verstecken würde, könnte ich mit Stan darüber reden. Wenn ich Billy Christals geheime Gagdatei aus Versehen gelöscht hätte, könnte ich es ihm sagen. Doch wenn ich ihm verrate, dass Tess und ich uns auseinandergelebt haben, gibt es keinen sicheren Ort auf der Erde. Alle meine Freunde lieben Tess.
    Unten am Strand fasst sich der Powerjogger an den linkenUnterschenkel und wird langsamer, schließlich bleibt er stehen. Wir trinken einen Schluck Bier und schauen zu, wie der Dicke aufholt und schließlich zu dem Powerjogger aufschließt. Als der Dicke ihn überholt, wendet der Powerjogger den Kopf ab, aber der Dicke watschelt nur an ihm vorbei, ohne sich zu revanchieren. Stil ist eine feine Sache.
    Stan rülpst wieder.
    »Vielleicht holt sich ihre Karriere ja ’ne Zerrung.«
    Na prima. Für ihn bin ich der Dicke, der hinterherwatschelt. Ich trinke noch einen Schluck. Mein Blick bleibt an der Eingangstür des Motels hängen, in dessen
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