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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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Die beiden sollen sich vermehren, solange sie sich am meisten begehren. He, die Evolution ist ausgebufft. Aber wieso wollte sie, dass man in langen Beziehungen aufhört, miteinander zu schlafen? Ist das eine Strategie, um Überbevölkerung zu vermeiden? Oder wird der Sexualtrieb ganz gezielt abgestellt, damit man leichter treu bleibt? Ein wirklich schlauer Plan von der Natur. Theoretisch. Praktisch sieht es natürlich anders aus. Hm. Habe ich die Natur bei einem Fehler ertappt? Also, einem weiteren, nach Familie Bush, Berlusconi und diesem TV-Prediger, der auf dem Bildschirm soeben Absolutionen verkauft, je nach Höhe der Spendensumme. Fernsehen mag eine effektive Methode sein, um das Leben totzuschlagen, aber dass diese Abzocker eine dermaßen immense Volksverdummung ungestraft zu ihrer persönlichen Bereicherung durchziehen dürfen ... Und wer spendet da eigentlich? Wie verzweifelt muss man sein, um auf solchen Müll reinzufallen? Wie wenig Menschenkenntnis muss man haben? Wie ungebildet muss man sein? Und wieso greift niemand ein? Gibt es in Amerika keine Medienkontrolle? Und wieso sagen die Kirchen nichts? Stecken sie wieder mit drin?
    Ich ziehe den Kopf ins Wageninnere und öffne die Augen. Auf der anderen Sitzbank ist Ruhe eingekehrt. Stella hockt auf Stan, ihr Kopf liegt auf seiner Schulter, ihre Augen sind geschlossen, ihr Gesicht ist entspannt. Stan streichelt ihren Rücken und mustert ihr Gesicht, als wäre sie die Frau seines Lebens.
    »Kataloge für Hände – die spinnen doch, die Amis.«
    Er schaut finster rüber.
    »Besorg du dir lieber den Talentkatalog.«
    »He, bist du jetzt sauer auf mich, oder was? Kann ich was dafür, dass du es dir selber machen musst? Ich meine, klar, in der Hochzeitsnacht, das ist schon bitter, aber irgendwie auch lustig, oder? Zumindest werden sich alle totlachen, denen ich das erzähle, meinst du nicht?«
    Er zeigt mir wieder den Finger. Dabei schüttet er sich eine halbe Flasche Bier über den Smoking. Er starrt die Flasche stirnrunzelnd an, während das Bier rausläuft. Als die Flasche leer ist, dreht er das Handgelenk ruckartig zurück. Ich bin nicht der Einzige, der Schlagseite hat.
    Er richtet sich vorsichtig auf, ohne dass Stella von ihm herunterrutscht, streckt sich, öffnet die Minibar, angelt noch eine Flasche Corona hervor und wirft sie zu mir rüber. Sie saust an meinem Gesicht vorbei und verschwindet durch das offene Fenster nach draußen. Ich starre ihn an. Er starrt auf das Fenster, als hätte es ihn angespuckt. Dann angelt er eine neue Flasche aus dem Kühlschrank. Ich halte meine Hände schützend vor Tess’ Gesicht. Stan kneift ein Auge zusammen und wirft. Ich fange die Flasche kurz vor meiner Brust. Wir drehen die Verschlüsse ab und prosten uns zu. Draußen zieht Amerika vorbei. Wir sitzen da. Bier in der Hand, eingeschlafene Liebe im Arm.
     
    Nach einem kleineren Fiasko, als die Limousine in der Drive-In-Einfahrt stecken bleibt, erreichen wir im frühen Tageslicht unser Motel in Newport Beach. Ich wecke Tess und helfe ihr aus dem Wagen. Das Zimmer ist nur wenige Schritte entfernt, doch kaum berühren ihre Füße den Asphalt, stöhnt sie, kneift die Augen gegen das beginnende Tageslicht zusammen, legt mir ihre Arme um den Hals, versteckt ihr Gesicht in meiner Halsbeuge und zieht die Beine an.
    »Möchtest du getragen werden?«
    Ihr Kopf bewegt sich vertikal an meinem Hals. Meine Mundwinkel gehen in die Horizontale.
    »Du bist so süß, Tessa Krytowski.«
    Sie nickt wieder. Ich greife grinsend unter ihre Beine, hebe sie an und trage sie zum Motel. Ich schaffe es, die Zimmertür aufzuschließen, und bugsiere sie in das Motelzimmer. Als ich vor dem Supersize-Bett stehe und ihre Arme von meinem Hals lösen will, öffnet sich ihr linkes Auge einen Spalt.
    »Das Kleid.«
    Ihr Auge geht wieder zu. Ich grinse. Sogar in diesem Zustand funktioniert sie.
    Ich ziehe den Reißverschluss des Kleids herunter. Sie senkt die Arme und schüttelt sich, das Kleid gleitet zu Boden. Im selben Moment tritt sie einen Schritt vor und lässt sich mit einem erleichterten Seufzen aufs Bett fallen. Ich hänge das Kleid über einen Stuhl, beuge mich vor und klopfe ihr leicht auf den Po. Sie hebt ihn an. Ich ziehe ihr den Slip runter und rieche sie. Das Tanzen hat sie erregt. Doch von der Glut ist nichts geblieben. Jetzt sind wir einfach zwei Vertraute, die nach einem langen Tag müde ins Bett krabbeln.
    »Schlaf, Süße. Ich bin gleich wieder da.«
    Sie murmelt irgendwas, kuschelt
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