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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition)
Autoren: Rachel Cohn
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schlagen aufhörte. Überdosis. Sie sehnte sich so verzweifelt danach, dass ihr Herz ihr endlich nicht mehr wehtat. Das Raxia erfüllte ihr diesen Wunsch.

Vierundvierzigstes Kapitel
    N ach der unruhigen Nacht wecken mich am nächsten Morgen helle, friedliche Sonnenstrahlen, als hätte der Himmel nie gewütet und getobt.
    »Du hast mir versprochen, dass wir zusammen schwimmen«, sage ich zu Alex, der die beim Sturm abgebrochenen Äste aufsammelt. »Ich hätte große Lust auf eine nette, kleine Erfrischung in ruhigem Wasser.«
    Er lässt den schweren Ast fallen, den er gerade wegschleppt. »Dann komm«, sagt er. »Für eine Runde im Wasser bin ich immer zu haben.«
    Wir paddeln mit dem Kanu zu dem nahe gelegenen Atoll, das er mir am Vortag gezeigt hat. Es handelt sich um ein großes Korallenriff, das kreisförmig so hoch aus dem Wasser ragt, dass darauf sogar Bäume wachsen. Der Strand ist wunderschön und in der Mitte liegt ein großes natürliches Schwimmbecken. An einem Tag wie heute, mit strahlender Sonne und wolkenlosem Himmel, Delfinen, die sich rings um das Atoll tummeln, grünen Schildkröten, die über den Sand kriechen, und Seevögeln, die hoch über uns fliegen, kann man sich hier wie im Paradies fühlen.
    Zhara wäre bestimmt ganz entzückt gewesen, sich mit Alexander Blackburn auf einer so einsamen Insel aufzuhalten. Bestimmt hätte sie sich wie im siebten Himmel gefühlt. Und ich? Hübsch hier, würde ich sagen, aber ich sehne mich danach, wieder mit Tahir zusammen zu sein.
    Eine schwangere Teen-Beta darf wohl auch mal träumen, oder?
    Alexander und ich sind nicht die Ersten hier auf der Insel. Vor uns waren schon andere da und haben überall ihre Spuren hinterlassen. Sie haben ihre Namen in Kakteen geschnitzt: Amber – Piere. Jake + Nicholas. Gott ist eine Schildkröte. Ezechiel. Sie haben auch Kleidungsstücke zurückgelassen – T-Shirts und Badesachen –, die von den Ästen baumeln.
    Alex führt mich zu einem Platz in der Mitte des Atolls, wo smaragdgrüne Bäume eine Lagune von perfektem Blau, gesäumt von einem rosa Sandstrand, umgeben. Ein Paradies. Irgendwie scheint er zu glauben, dass ich seine Hilfe brauche. Ha! Das Paradies ist der einzige Ort, an dem ich mich auskenne. Er versucht, meine Hand zu nehmen, um mich vorsichtig in das warme Wasser zu geleiten, als müsse er auf mich besonders aufpassen. Ich ziehe die Hand weg.
    »Ich bin sechzehn«, sage ich. »Alt genug, um allein ins Wasser zu gehen.«
    »Du bist sogar schon siebzehn«, sagt Alex. »Letzten Monat war Zharas Geburtstag.«
    Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Ich möchte ihn gern so vieles fragen, aber es fällt mir schwer. Jedes Mal, wenn er mich anschaut, weiß ich, dass er nicht mich, sondern sie sieht. Natürlich bemerkt er auch meine Tätowierungen und meine fuchsiaroten Augen. Bestimmt ist er dann jedes Mal traurig. Und jedes Mal, wenn ich ihn anschaue, erst seinen muskulösen Körper in der schwarzen Badehose, dann seine blonden, in der Sonne golden schimmernden Haare, die ihm locker ums Gesicht fallen, und schließlich seine türkisblauen Augen, kann ich nichts anderes denken als: Du hast es mit ihr getan. Mit ihr, die mein zweites Ich ist.
    Alexander Blackburn beim Schwimmen zuzusehen ist eine reine Freude. Das kann ich nicht leugnen.
    Er schwimmt nicht einfach nur, er tanzt. Seine Schwimmzüge sind kraftvoll, aber zugleich auch anmutig. Er wirkt wie ein Mensch, der zum Fisch geworden ist. Sein Element ist das Wasser.
    Vielleicht kann er dem Etwas, das in mir wächst, auch das Schwimmen beibringen. Ich werde diesem Wesen, das in einem Gewaltakt gezeugt wurde, nicht viel Glück bieten können. Aber ein Aquino könnte es lieben und beschützen, in einer Weise, wie ich es nie könnte.
    Ich schwimme jetzt ebenfalls, folge Alex in die Mitte der Lagune, wo das Wasser tiefer ist. Doch auch dort kann man noch den Boden berühren. Ich versinke mit den Füßen im warmen Sand. Die Sonnenstrahlen umspielen Alex, als wäre er eine Lichtgestalt. »Erzähl mir von Zhara«, bitte ich ihn.
    Wir schwimmen langsam nebeneinander her, um ruhig weiterreden zu können. »Ich war sechzehn, als wir uns kennengelernt haben«, sagt er, »und sie dreizehn. Ich war Hilfstrainer in ihrer Mannschaft. Zhara war eine talentierte Wasserspringerin und trainierte für Olympia, aber zu Hause gab es bei ihr Probleme. Sie hatte schon sehr früh ihre Mutter verloren und stritt sich andauernd mit ihrem Vater. Sie hatte das Zeug zu einer
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