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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg)
Autoren: Tatort Eifel 2
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Kischkewitz. »Wem trauen Sie zu, es getan zu haben?«
    »Da fallen mir einige ein. Aber darüber möchte ich nichts sagen.«
    »Das werden Sie aber müssen.«
    Sie hob sehr schnell ihren Kopf und sah ihn scharf an. »Müssen? Das werde ich nicht müssen. Nein, niemals!«
    »Ich hörte von meinen Leuten, dass er manchmal auch mit Frauen in der Melkkammer war. Kam das häufig vor?«
    »Ich weiß nicht, was eine Mordkommission unter häufig versteht. Ich habe das leider erleben müssen. Vielleicht zehn Mal, vielleicht zwanzig Mal, ich habe es nicht gezählt. Es nahm mir meine Würde, die Frauen waren Nutten.«
    »Haben Sie ihm das gesagt?«
    »Oh ja!«
    Sie tanzt um die Wahrheit herum!, dachte er verblüfft. Sie hat sich sehr lange auf so ein Gespräch vorbereitet, sie hat es wahrscheinlich geübt, hundert Mal hat sie es im Geiste ablaufen lassen.
    Jetzt kommt die Generalprobe: »Kann ich mit Ihrer Tochter sprechen?«
    »Ja. Kann ich dabei sein?«
    Er überlegte eine Sekunde. Sie konnte im Zweifelsfall sogar auf einem Anwalt bestehen, und das würde eine sehr schwierige Sache sein. Und es war eine lästige Regel geworden, dass ein Anwalt sofort darauf bestand, einen Psychologen hinzuzuziehen. »Zum Schutz des Kindes«, formulierten sie meistens und torpedierten damit jeden Erfolg der Kriminalisten.
    »Natürlich«, nickte er.
    Sie stand auf und ging hinaus. Kischkewitz trank einen Schluck Tee.
    Das Mädchen war auf eine sehr eigenwillige Weise hübsch und fraulich. Und sie wusste, dass sie hübsch war, und sie bewegte sich so. Wahrscheinlich hatte sie es schon ausprobiert. Wahrscheinlich traf sie sich des Abends mit ihren Freundinnen und Freunden im Jugendraum, und sie probierten das immer ganz neue und aufregende Leben aus und diskutierten ihre wilden Träume. Sie hatte die Haare und die Augen ihrer Mutter.
    »Sie heißt Esther«, erklärte ihre Mutter sanft.
    Esther war nicht im Geringsten verlegen, nicht einmal unsicher.
    »Esther, ich leite diese Kommission, die sich mit dem Tod deines Vaters beschäftigen muss. Wann hast du davon erfahren?«
    »Ganz früh am Morgen. Mami kam an mein Bett und sagte: Papa ist tot. Jemand hat ihn ... also, ihn erschlagen.«
    »Und was geschah dann?«
    »Dann habe ich mir schnell Jeans und so angezogen und wollte rüberlaufen in die Melkkammer. Aber Mami hat es verboten.«
    »Hast du geweint?«
    »Ja, klar.«
    »Und was hast du dann getan?«
    »Ich bin zu Bert und Gerrit ins Zimmer und habe auf die aufgepasst.«
    »Weißt du, mit was dein Vater erschlagen wurde?«
    »Ja, klar. Mit diesem Stock, der da immer rumliegt.«
    »Wer hat das gesagt?«
    »Na ja, die Leute.«
    »Welche Leute denn?«
    Sie war unsicher, sie sah ihre Mutter an.
    »Sie meint wohl die unformierten Beamten, die im Streifenwagen. Die kamen zuerst.«
    »Ja, klar, die meine ich.« Sie hatte die Haare im Nacken zu einem Zopf geflochten, die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter war verblüffend.
    »Also, ich muss dich um Hilfe bitten, Esther. Der alte Alois hat das Unglück mit deinem Vater entdeckt, als er ganz früh hier am Hof vorbeikam. Er hat dann sofort die Polizei und das Rote Kreuz angerufen. Und in der gleichen Sekunde hat eine unbekannte Frau dort bei den Hilfskräften angerufen und gesagt: ›Ihr könnt den Osebius zum Friedhof bringen.‹ Welche Frau könnte das getan haben?«
    »Na klar, das war die Scharren, die blöde.«
    »Wer ist denn die blöde ... wie war der Name?«
    »Scharren heißen die. Die wohnen hinten am Bach, das letzte Haus links. Der Mann säuft immer, manchmal auch mit meinem Vater.«
    Kischkewitz sah die Mutter an, und er murmelte eindringlich: »Brutale Ereignisse dieser Art haben einen Nachteil: Wir Erwachsene versuchen immer, eine Situation darzustellen, die uns in ein gutes Licht rückt. Kinder können das zwar begreifen, aber sie können nicht mitspielen. Sie sind nämlich unschuldig. Aus Gründen der Fairness muss ich das an dieser Stelle einfügen, damit Sie verstehen, was ich meine. Und damit Sie nicht wütend werden.«
    »Ich denke, ich habe das verstanden. Warum sollte ich wütend werden?« Die Mutter sah ihn sehr streng an, als habe er etwas Verbotenes erwähnt.
    »Das hoffe ich sehr«, nickte Kischkewitz mit leichtem Lächeln, und er strahlte sie für zwei Sekunden an, als warte etwas ganz Besonderes auf sie.
    Dann wandte er sich wieder an das Mädchen. »Esther, wann hat dein Vater dich denn geholt? Ich meine: in die Melkkammer. Hast du zufällig auf die Uhr gesehen?« Als Kischkewitz
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