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Berliner Aufklaerung - Roman

Berliner Aufklaerung - Roman

Titel: Berliner Aufklaerung - Roman
Autoren: Thea Dorn
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Zigarette heraus und hielt Anja die Schachtel hin.
    »Du weißt doch, daß ich das Zeug nicht rauche.« Anja holte ihre eigene Packung Prince Denmark aus der Hosentasche. Rebecca zuckte mit der linken Schulter und zündete sich ihre Zigarette an. Eine Zeitlang qualmten beide schweigend. Außer dem Rauch, der langsam in Lungen gesogen und durch Nasenlöcher ausgestoßen wurde, um sich schließlich in kleinen Kringeln unter der Zimmerdecke aufzulösen, bewegte sich nichts.
    Während sich Rebecca ihre zweite Zigarette ansteckte, drückte Anja die ihre energisch aus. »Hättest du nun vielleicht die Güte, mir zu verraten, wieso du mich herbestellt hast?«

    Rebecca bewegte eine Weile stumm den Kopf, wobei sie gedankenverloren mit ihrem Stock auf den Boden klopfte. »Findest du die Sache mit Schreiner nicht wenigstens merkwürdig?«
    Anja zupfte einige Hundehaare von ihrem schwarzen Ärmel. Sie konnten nur von Vico stammen, Rebeccas steinaltem Neufundländer. Anja fragte sich, wieso Rebecca ihn heute nicht mitgenommen hatte. Früher war er fast immer im Institut dabeigewesen. »Na ja. Hast du abgesehen von den Motiven, die hier jeder hat, jeden umzubringen – irgendeine Idee, was dahinterstecken könnte?«
    Rebecca schwieg und blickte zum Fenster hinaus, nachdem sie abwesend in die volle Kaffeetasse geascht hatte, die auf dem niedrigen Resopaltischchen neben ihr stand. »Schreiner hatte in letzter Zeit eine Menge Ärger. Für Uhse war er ein chauvinistisches Arschloch, Lévi-Brune hielt ihn für einen Antisemiten, Wogner bezeichnete ihn als philosophisches Unglück, und die Studenten haben ihn auch mehr und mehr gehaßt.« Rebecca nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. »Vor einem halben Jahr gab es einen Skandal, in den Schreiner verwickelt war. Einer seiner Studenten hat über der Magisterarbeit Selbstmord begangen. Er wollte die Arbeit eigentlich bei mir schreiben, ich habe abgelehnt – irgend so ein Nietzsche-Thema. Vielleicht hätte Schreiner ihn besser auch abgelehnt.« Rebecca beugte sich vor und malte mit dem Stock unbestimmte Kreise auf den Teppichboden. »Ich glaube, seitdem hat keiner mehr bei Schreiner Magister gemacht, geschweige denn eine Promotion. Der einzige, der hier überhaupt noch mit ihm geredet hat, war Maier-Abendroth. «

    Anja verzog das Gesicht. »Da sind ja die Richtigen zusammen. – Und du, wie war dein Verhältnis zu Schreiner?«
    Rebecca zuckte die Schultern. »Das kannst du dir doch selbst denken.«
    Anja verspürte den Anflug von Gereiztheit, die sie im Umgang mit Rebeccas herausfordernder Sprödigkeit nur zu gut kannte. »Verrätst du mir dann auch noch, warum du die Angelegenheit für so wichtig hältst, daß du mich mitten in der Nacht anrufst und hierherzitierst? Und erzähl’ mir bitte nicht, die Moralphilosophin in dir sei erschüttert.«
    Ein entschiedenes Türklopfen ersparte Rebecca die Antwort. »Ja bitte?«
    »Kriminalpolizei!«
    Die Tür flog auf, und ein stämmiger Herr mit blondem Schnäuzer baute sich vor Rebecca und Anja auf. Ein weiterer Beamter flankierte ihn. »Frau Professor Lux? – Kriminalhauptkommissar Glombitza, Heinz Glombitza.« Er wandte sich zielsicher an Rebecca. »Sie sind die Direktorin des Instituts?«
    Rebecca nickte.
    »Ich muß Ihnen einige Fragen stellen. Unter vier Augen. « Der Kriminalhauptkommissar warf einen unfreundlichen Blick auf Anja. Diese verkniff sich die Frage, ob der kleine, grienende Beamte hinter ihm denn keine Augen hatte, und stand auf. Für einen Moment sah sie sich auf Rebecca zugehen und ihre Hand über deren Rücken streichen. Statt dessen wandte sie sich zur Tür. »Rebecca, wir telefonieren.«
    Anja war froh, Rebecca den zwei Ordnungshütern allein überlassen zu können. Sie verstand immer noch nicht, weshalb sie sie ins Institut bestellt hatte.
    Fridtjof kreiste gleich einem verirrten Planeten durchs Foyer, als Anja das Gebäude verließ. Sie war bereits ins Freie getreten und hatte einmal tief durchgeatmet, als sie hinter sich ein heiseres Flüstern hörte.
    »Kehre um! Er wird uns alle holen!«
    Anja roch den fauligen Atem, noch bevor sie sich umgedreht hatte. Fridtjof legte die Hand vor den Mund und neigte sich zu ihr hin. »Der Übermensch ist gekommen. « Die ausgefranste Lippe über der Zahnlücke verzog sich zu einem Grinsen.
    »Ah ja?« Anja fragte sich, ob Fridtjof sie wiedererkannt hatte.
    »Der Übermensch hat ihn vernichtet. Er wird uns alle vernichten. Mich, dich, alle hier.« Fridtjof richtete seinen
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