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Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max

Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max

Titel: Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max
Autoren: Jonas Winner
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aufs Schlüsselbein gesenkt, die Augenbrauen zusammengezogen.
    Natürlich ist sie nicht allein, ratterte es Till durch den Schädel, das hab ich ja auch nicht erwartet. Aber ausgerechnet mit ihm?
    „Woher denn?“, stieß er hervor, „ du hast mir jedenfalls nichts davon erzählt!“
    „Na, von Max!“ Lisa schüttelte den Kopf. „Ihr hängt doch andauernd zusammen.“
    „Max hat nichts darüber gesagt.“
    Ihre Augen blitzten auf. „Das heißt, du hast ihn nicht über mich ausgefragt!“ Ihre Zunge huschte über ihre Unterlippe.
    Max hätte mir ja doch nur gesagt, dass ich dich selbst fragen soll, musste Till denken und murmelte: „Ich dachte, ich frag dich lieber gleich selber.“
    „Und du?“ Lisa sah ihn aufmerksam an. „Hast du allein gewohnt - in Kanada, meine ich? Oder … okay geht mich ja eigentlich nichts an!“ Sie sah sich nach einer Bedienung um.
    Till winkte ab. „Es gab ein paar Sachen, aber nichts Ernstes.“ Und das stimmte. Im Jahr zuvor war er mit einem Mädchen zusammen gewesen, das mit ihm studiert hatte. Doch das war wieder auseinander gegangen, als sie an eine andere Universität gewechselt war. Seitdem hatte er zwei, drei kürzere Affären gehabt, aber eben nichts Ernstes. Bei Lisa sah das für ihn jedoch anders aus: Wenn sie mit Felix von Quitzow zusammen war -
    „Was heißt denn ‚zusammen‘? Wohnt ihr zusammen?“ Als Tills Blick den von Lisa traf, war unverkennbar, dass es ihr unangenehm war, darüber zu sprechen.
    „Najaaa … “ Sie klang zögerlich.
    „Und wie lange schon?“
    Lisa lehnte sich zurück. „Was soll das werden? Ein Verhör?“
    Till hob die Hände. „Sag doch mal. Wie lange geht das schon?“ Er legte die Arme zurück auf den Tisch. „Ab Montag arbeite ich für Felix - ist doch klar, dass mich das interessiert!“
    „Da müsste ich mal genau nachrechnen … “ Ihr Blick wanderte durch das Café. „Ich hätte gern auch so einen, ja?“, rief sie dem Kellner zu, der gerade einen Cappuccino an einen anderen Tisch brachte, und zeigte auf die Tasse in seiner Hand.
    Till setzte an, um etwas zu sagen, brach jedoch wieder ab. Sie schlief in Felix‘ Bett? War das wirklich vorstellbar? Dass sie ihn liebte? Dass er sie auf die Matratze drückte, sie ihre Beine um ihn schlang und ihn an sich zog, wenn er sich über sie beugte?
    Tills Hand zitterte leicht, als er sich über die Augen wischte.
    „Ich auch.“ Er nickte dem Kellner zu.
    Lisa hatte sich ein wenig von ihm abgewandt und blickte aus dem Fenster.
    Draußen hatte es aufgehört zu regnen. Vereinzelte Sonnenstrahlen durchbrachen den grau verhangenen Himmel und spiegelten sich in den Pfützen. Eine von Lisas Haarsträhnen hatte sich aus dem Knoten an ihrem Hinterkopf gelöst und vibrierte leicht in der beheizten Luft des Cafés. Till konnte den geschwungenen Bogen ihrer Wange sehen, ihr Auge, das aus dem Fenster schaute, das Ende der Augenbraue.
    Und plötzlich war es, als würde sich sein Verlangen nach Lisa, das er sein Leben lang in sich bekämpft hatte, in etwas anderes verwandeln: In einen bohrenden Schmerz, der wirkte, als ob seine Arme gelähmt wären.
    Till hörte sich mühsam ausatmen und erhob sich.
    Ihr Kopf wandte sich ihm wieder zu, die Augen groß, die Züge wie aus Marmor gemeißelt. „Du gehst?“
    Seine Hand touchierte ihre Haarsträhne, bevor er sich dagegen entscheiden konnte. Lisa neigte ihr Gesicht ein wenig zur Seite, so dass ihre Lippen seine Handfläche berührten. Er spürte, wie sie ihn küsste, wie seine Fingerkuppen über ihre Wange strichen.
    Lisas Augen waren geschlossen.
    Till wandte sich ab.
    Was tat sie? Was sollte das? Was wollte sie ihm damit zeigen?
    In seiner Brust brannte es, für einen Moment kam es ihm so vor, als würde er kaum noch Luft bekommen. Im nächsten Augenblick schellte das Glöckchen an der Glastür des Cafés und er trat auf die Straße.
     
    Es war noch immer kalt - aber die Luft bereits wie geschwängert von den Vorboten des Frühlings, die wie jedes Jahr Berlin in den letzten Märztagen erreichten.
    Till zog den Schal, den er noch umhatte, vom Hals und stopfte ihn in seine Manteltasche.
    Seine Handfläche, über die Lisas Lippen gewandert waren, glühte. Er hob sie an sein Gesicht und presste sie auf den Mund. Fein wie ein Hauch lag Lisas Duft darin.
     


     
    Heute
     
    Frederik dreht den Oberkörper ein wenig zur Seite, ohne im Lauf innezuhalten. Claire hört das Holz splittern, als seine Schulter mit voller Wucht gegen die klapprige Tür
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