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Berlin - ein Heimatbuch

Berlin - ein Heimatbuch

Titel: Berlin - ein Heimatbuch
Autoren: Murat Topal
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wollen, dass Neukölln besser als sein Ruf ist: Hier bei uns lässt es sich entgegen aller Klischees verdammt gut leben. Weshalb ich mich keineswegs schäme, in Neukölln geblieben und gar Eigenheimbesitzer geworden zu sein. Was die cleverste Gattin von allen bei ihren provokanten Äußerungen natürlich richtig einzuschätzen weiß. Und mir damit jede Möglichkeit nimmt, den Besuch von Karl argumentativ abzuschmettern.

    Neuköllner Geschichte und Hymne
    Richardsdorp, das spätere Rixdorf, wurde erstmals im Jahre 1360 urkundlich erwähnt. Unter der Gunst von König Friedrich Wilhelm I. siedelten sich hier im Jahre 1737 böhmische Glaubensflüchtlinge an. Heute gilt das in der Nähe des Neuköllner Richardplatzes gelegene Böhmische Dorf als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Berlins. Die Grenze zwischen dem damaligen Deutsch-Rixdorf und Böhmisch-Rixdorf verlief übrigens genau entlang der alten Dorfschmiede, die heute noch als traditionelle Kunst- und Messerschmiede in Betrieb ist. Dem preußischen König haben die Nachfahren der böhmischen Flüchtlinge an der Schnittstelle von Richardstraße und Kirchgasse ein Denkmal gewidmet – in tiefer Dankbarkeit. Und in dem am besten erhaltenen historischen Gebäude in der Kirchgasse 5 ist heute ein kleines Museum untergebracht, das die Geschichte der böhmischen Auswanderer in Berlin widerspiegelt.
    1830 war Rixdorf bereits das größte Dorf bei Berlin mit rund 2.500 Einwohnern und zählte 1899 schon 80.000 Einwohner. In diesem Jahr erhielt Rixdorf die Stadtrechte und schied dadurch aus dem Kreis Teltow aus. 1903 genehmigte Kaiser Wilhelm II. Rixdorf ein eigenes Wappen. Spätestens Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Rixdorfer überall bekannt, als ein Schlager in der Neuen Welt von dem Parodisten Littke-Carlsen vorgetragen wurde:

    In Rixdorf ist Musike
    Uff den Sonntag freu ick mir.
    Ja, dann geht es ’raus zu ihr,
    feste mit vergnügtem Sinn
    Pferdebus nach Rixdorf hin.

    Dort erwartet Rieke mir,
    ohne Rieke kein Plaisir.
    Rieke, Riekchen, Riekake,
    die ist mir nicht pi-pa-pe.

    Geh’ mit ihr ins Tanzlokal,
    »Liebes Riekchen woll’n wir mal?
    Kost’n Groschen nur
    für die ganze Tour.«
    Rieke lacht und sagt: »Na ja,
    dazu sind wir auch noch da!«
    Und nu jeht es mit avec
    immer feste weg.

    Rieke feste angefasst!
    Rechts herum, links herum,
    mittenmang dem Publikum.
    Kreuz und quer, hin und her,
    das jefällt mir sehr, ja sehr.

    Balancez, ach herrje!
    Rieke tanzt wie eine Fee.
    Tritt sie mir,
    tret’ ick ihr.
    Dit jehört nun zum Plaisir.

    Lass Dir ans Herze drücken,
    ja drücken, ja drücken.
    Da spür ick een Entzücken,
    da ist Musike drin.

    Nun liebes Rieckchen,
    ete manete petete.
    Dit is die feine Flöte,
    von Rixdorf bei Berlin.

    In Rixdorf ist Musike,
    Da tanz ick mit der Rieke,
    in Rixdorf bei Berlin.

    Tritratrallala Trallala Trallala
    Tritratrallala Trallalallalala.

    Der Textursprung ist anonym, als Melodie wurde angeblich eine Böhmische Polka verwendet.
    1912 wird Rixdorf in Neukölln umbenannt. 1920 wird es mit bereits 253.000 Einwohnern zum 14. Verwaltungsbezirk von Groß-Berlin. Vieles ist aus früherer Zeit noch heute im Bezirk zu sehen: zwei Mühlen, vier Dorfkirchen, die Schmiede am Richardplatz, das Böhmische Dorf und das Britzer Schloss mit Gutshof. Nord-Neukölln ist heute ein Szene- und Ausgehviertel und eine beliebte Wohngegend, während Süd-Neukölln den Fokus auf Architektur und Erholung legt.

    Ein kulinarischer Spaziergang durch Neukölln
    Probieren Sie zunächst die zigfach prämierte beste Blutwurst der Welt in der Blutwurstmanufaktur am Karl-Marx-Platz. Wandern Sie weiter nach Britz und trinken Sie nach vorheriger Anmeldung einen Berliner Wein, den der Moldawier Viktor Sucksdorf dort anbaut. Zurück in der Weserstraße schauen Sie sich in der Galerie »Su de Coucou« ein paar Schneckenskulpturen an, trinken in dem Schwulenclub Silverfuture ein Bier und kippen in der russischen Bar Kuschlowski ein paar Wodka obendrauf.
    Blutwurstmanufaktur
    Karl-Marx-Platz 9–11, 12043 Berlin-Neukölln, www.blutwurstmanufaktur.de
    Britzer Weingut
    Koppelweg 70, 12347 Berlin-Britz, www.britzer-weingut.de
    Saloon Su de Coucou
    Westerstraße 202, 12047 Berlin-Neukölln, www.sudecoucou.net
    Silverfuture
    Weserstraße 206, 12047 Berlin-Neukölln, http://silverfuture.net
    Kuschlowski
    Weserstraße 202, 12047 Berlin-Neukölln, www.kuschlowski.de

So is(s)t Berlin
    »Auch das noch«, maule ich lautstark.
    Schon wieder hängt wegen dieses
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