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Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Titel: Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Autoren: Martina Kempff
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ganz anderes. In meinem Restaurant ist vor meinen Augen soeben ein Mord verübt worden, und ich bin die einzige Zeugin.
    Solange die Leiche in meinem Gastraum liegt, möchte ich die Küche eigentlich nicht verlassen. Aber Marcel besteht darauf. Gudrun hat ihm am Tatort zwar erzählt, was sie weiß, aber schließlich hat sie in der Küche den Tee zubereitet, als der Schuss gefallen ist. Nur ich kann genau aussagen, was sich in meinem Gastraum abgespielt hat.
    »Komm mal mit«, sagt Marcel und streckt mir seine Hand entgegen.
    Es wäre aus vielen Gründen verlockend, sie zu ergreifen. Aber aus genauso vielen widerstrebt es mir.
    »Möchtest du ein Brownie?«, frage ich, die Hand ignorierend. Ich halte ihm den Teller hin.
    »Nein danke, aber bitte einen Kaffee, Gudrun. Und jetzt komm mal, Katja.«
    »Vielleicht warte ich doch lieber auf die zuständige Polizei«, weiche ich aus. »Die deutsche. Dann muss ich nicht alles zweimal erzählen.«
    »Ich fürchte, du wirst es noch sehr viel öfter erzählen müssen. Da kann eine Generalprobe nicht schaden.«
    »Na, damit bist du ja gerade in Übung.« Ich wuchte mich aus dem Stuhl und folge ihm.
    Wir setzen uns an den Tisch, dessen Tuch zu unseren Füßen Anderweitiges bedeckt.
    »Ich fasse zusammen«, sagt Marcel. »Die Frau sitzt hier am Nebentisch, der Mann kommt rein und geht zu ihr hin. Sie steht auf, zieht eine Pistole aus der Handtasche und schießt ihm in die Brust. Einfach so?«
    Ich nicke. »Einfach so. Und sie hat dabei die ganze Zeit gelächelt.«
    »Gelächelt? Auch als sie geschossen hat?«
    Ich zögere. »Wahrscheinlich, aber beschwören könnte ich das nicht.«
    »Klar, da warst du zu geschockt, für drauf zu achten.«
    »Um«, murmele ich.
    »Wie bitte?«
    »Nichts.«
    Er zieht einen Zigarillo aus der Tasche und schenkt mir ein maliziöses Lächeln.
    »Holst du es mir übel, wenn ich jetzt eine rauche? Das Restaurant ist ja geschlossen.«
    Das macht er mit Absicht. Er hat mich genau verstanden. Er hat nicht vergessen, was ich ihm in den vielen Jahren unseres Zusammenseins über die missverständlichen Eifeler Derivate der deutschen Sprache vorgetragen habe. Ich tue ihm nicht den Gefallen, die Korrektur zu wiederholen, um mir dann einen Vortrag über die Eigenständigkeit des Dialekts der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens anzuhören. Ich kehre zum wirklich Wichtigen zurück:
    »Kaum bin ich hier, geht das elende Morden schon wieder los.«
    »So würde ich das nicht sagen. Du bist schon ziemlich lange wieder hier.«
    »Aber diesmal kannst du mich nicht verdächtigen.«
    »Ich habe dir nie etwas Böses gewollt, Katja, das weißt du.«
    »Ich weiß, dass du mich einmal eingesperrt hast.«
    »Zu deinem eigenen Schutz, wenn ich dich daran erinnern darf. Und wieso eigentlich sollte ich dich diesmal nicht verdächtigen?«
    Ich starre ihn fassungslos an.
    »Du bist die einzige Zeugin«, sagt er ruhig. »Schon das ist prinzipiell immer verdächtig. Du behauptest, gesehen zu haben, dass die Frau geschossen hat. Das ist noch lange kein Fakt. Genauso gut könnte es sein, dass du den Mann erschossen hast und die fremde Frau vor Schreck abgehauen ist.«
    »Warum sollte ich so etwas tun?«
    »Das weiß ich doch nicht! Ich weiß ja überhaupt nichts mehr von dir. Vielleicht ist dir ein unbequemer Lover aus Berlin gefolgt. Wäre ja auch nicht das erste Mal.«
    Verletzungen über Verletzungen, und zwischen uns liegt ein toter Mann.
    Ich greife nach jener Hand von Marcel, die den unangezündeten Zigarillo nicht hält.
    »Du kannst gerne rauchen«, sage ich. »Das Restaurant ist geschlossen. Aber bitte glaube mir: Ich kenne den Mann überhaupt nicht. Ich habe ihn noch nie im Leben gesehen …«
    Meine Stimme ebbt ab. Ich habe ein Déjà-vu. Genau diese Worte habe ich Marcel bei unserer allerersten Begegnung entgegengeschleudert. Und damals waren sie gelogen.
    Marcel rennt die offene Tür nicht ein. Seine hochgezogene Augenbraue verrät mir, dass er bereit ist, Gnade walten zu lassen, zumindest vorerst.
    »Jedenfalls habe nicht ich ihn erschossen, sondern diese Frau. Das musst du mir einfach glauben«, beende ich mein Plädoyer.
    Er zieht seine Hand fort, um sie auf meine zu legen und sanft zu streicheln. Richtig unangenehm ist mir das nicht.
    »Natürlich glaube ich dir, Katja. Ich wollte dich nur darauf hinweisen, wie fragwürdig eine Hauptzeugin sein kann. Manchmal füllt man Erinnerungslücken mit der eigenen Phantasie aus. Und es soll auch schon passiert sein, dass man
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