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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
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grau. Als Katja an ihr vorbeilief, sagte sie: »Guten Morgen, Frau Severin.«
    An der Stimme erkannte Katja sie, überrascht grüßte sie zurück, trabte aber weiter. Es war Karen, die am Empfang des Senders arbeitete. Katja war entsetzt, wie altbacken diese Frau wirkte. Wie konnte man mit sich selbst so nachlässig sein? Und dann noch diese Altweibersportart betreiben? Fünf Kilo weniger, eine anständige Frisur und besser sitzende Sportkleidung, dann würde sie wieder aussehen wie eine Frau und nicht wie Tante Ilse. Furchtbar.
    Noch immer kopfschüttelnd bog Katja in ihre Wohnstraße ein und betrachtete eher zufällig ihr Spiegelbild im Schaufenster der Sparkasse. Die enge Sporthose endete über dem Knie, das knappe weiße T-Shirt betonte ihre Taille und die festen Oberarme, der geflochtene mahagonifarbene Pferdeschwanz baumelte locker über den Rücken. ›Alles gut‹, dachte sie zufrieden, trudelte langsam aus und blieb einen Moment tief durchatmend stehen. ›Es ist nur leider alles scheißanstrengend.‹ Sie schleppte sich die drei Stufen zum Bäcker hoch und stellte sich in die Schlange. Als sie an der |23| Reihe war, lächelte die Verkäuferin sie an. »Morgen, Frau Severin, Sie haben vielleicht eine Disziplin. Immer wenn ich sie morgens laufen sehe, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Ich müsste dringend etwas tun, hier ist eine Rolle, da ist Hüftspeck, mir passt nichts mehr. Aber was soll’s? Meine Knie sind im Eimer, ich habe Rückenschmerzen, mit vierzig ist der Lack eben ab. Was darf’s denn sein?«
    »Machen Sie doch Yoga, das hilft auch.« Katjas Blicke schweiften über die verschiedenen Körbe. »Ich nehme ein Vollkornbrötchen, ein normales, ein Croissant und ein kleines Schwarzbrot und die ›Kieler Nachrichten‹.«
    »Und vom Yoga bekommt man auch so eine schöne Haut?« Die Brötchen landeten mit Schwung in der Tüte. »Drei Euro neunzig bitte.«
    »Nein.« Katja zog einen Fünfeuroschein aus ihrem Strumpf. »Das kommt vom Sex.«
    Sie amüsierte sich über die knallrote Gesichtsfarbe der Verkäuferin, griff nach dem Wechselgeld und der Tüte und verließ lächelnd den Laden.
     
    Alex stand schon an der Tür. »Ich habe dich gesehen, schöne Frau.« Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste sie auf den Hals. »Salzig. Wunderbar.«
    Katja schob ihn sanft zur Seite und drückte ihm Brötchentüte und Zeitung in die Hand. »Ich muss duschen. Machst du Kaffee?«
    »Schon erledigt.« Er schob das T-Shirt ein Stück hoch. »Soll ich mit unter die Dusche?«
    »Nein.« Lächelnd schlängelte sie sich unter seinem Arm durch. »Kindskopf. Ich muss nachher zum Dienst, ich will nicht so hetzen. Guck schon mal in die Zeitung.«
     
    |24| In der Dusche hielt sie sekundenlang ihr Gesicht in den Wasserstrahl. Alex war der beste Liebhaber der letzten Jahre. Und der unersättlichste. So, dass es ihr manchmal schon fast zu viel war. Aber nur manchmal. So war es eben, wenn man eine Berglöwin war, so wurden Frauen wie sie nämlich genannt. Eine Berglöwin war eine Frau mittleren Alters, die sich einen jüngeren Mann nahm. Demi Moore und Ashton Kutcher. Katja und Alex. Alex war neunundzwanzig, Katja achtundvierzig. Obwohl man es ihr nicht ansah. Sie hatte eben einfach genug Disziplin und einen Vater, der Schönheitschirurg war.
    Katja stellte die Dusche ab und griff nach einem Handtuch. Vor dem Spiegel musterte sie sich kritisch. Nein, es gab nichts zu beanstanden, alles war okay. Und über die kleine tätowierte Rose freute sie sich immer noch. Das war eine geniale Idee gewesen, sie war ihr gekommen, als sie im Urlaub auf Korsika eine schöne Frau mit einer ähnlichen Tätowierung gesehen hatte. Katjas Vater hatte sich einige Wochen vorher über Patienten aufgeregt, die im Alter ihre Tattoos entfernen ließen. »Als wenn man in seiner Jugend nicht darüber nachdenken könnte, dass aus einem Gänseblümchen irgendwann mal eine Sonnenblume wird. Auf alter welker Haut sieht das grauenhaft aus.«
    In dem Moment hatte Katja beschlossen, sich tätowieren zu lassen. Es sollte dezent und klein sein und als Mahnung dienen, sich nie gehen zu lassen.
    Als sie am nächsten Tag das Tätowierstudio in Hamburg betrat, geriet sie an Alex. Der sah nicht nur unfassbar gut aus, sondern tätowierte ihr eine hinreißende Rose auf die Schulter und lud sie anschließend zum Essen ein. Damit hatte es angefangen. Und jetzt tat er nicht nur ihrer Seele gut, |25| sondern auch noch ihrem Körper. Zufrieden trocknete sie
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