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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
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geschnitten war. Sie fand keinen, was ihre Laune sinken ließ. Also konnte sie auch nach Hause fahren.
     
    Im Flur roch es nach Reinigungsmittel. Frau Kröger war davon überzeugt, dass viel Chemie viel Sauberkeit ergibt. Doris ließ die Haustür hinter sich offen, um durchzulüften. Sie stellte ihre Handtasche neben die Garderobe und ging in die Küche, warf die Kaffeemaschine an und stellte mit wenigen Handgriffen die Kaffeedose, die Obstschale und zwei Vasen um. Seit fünfzehn Jahren nun dekorierte Frau |19| Kröger nach dem Putzen Gegenstände neu und Doris räumte anschließend alles wieder zurück. Sie hatte mittlerweile aufgegeben zu glauben, dass die Putzfrau irgendwann selbst darauf käme, dass Doris immer wieder die alte Anordnung herstellte. Es war egal, Doris hatte ja auch sonst nichts zu tun.
    Sie zog die Zeitung aus dem Poststapel, nahm ihren Kaffee und setzte sich auf die Terrasse. Heute war der 27.   April, in genau vier Wochen war ihr Geburtstag. Der Fünfzigste.
     
    Als ihre Mutter fünfzig geworden war, hatte die ganze Familie in einem damals sehr angesagten Hotel gefeiert. Es war eine der furchtbarsten Feiern, die Doris je mitgemacht hatte. Sie war damals mit Moritz schwanger, Sascha war drei und gerade in seiner ersten bockigen Phase. Doris’ Vater hielt eine Rede, an die sie sich nicht mehr erinnern konnte, die aber dazu führte, dass ihre Mutter in Tränen ausbrach. Die Stimmung war dann endgültig auf dem Tiefpunkt, als Sascha seiner Oma seinen Apfelsaft auf die teure neue Seidenbluse kippte und Doris ihre Schwangerschaftsübelkeit nicht mehr in den Griff bekam. Fast zwei Stunden lang musste sie sich immer wieder auf der Damentoilette übergeben. Während der gesamten Zeit brüllte Sascha im Restaurant, was seinen Vater, der mit zwei von Doris’ Cousins am Tresen saß und Cognac trank, nicht allzu sehr bekümmerte.
    Hinterher hatte Torsten zerknirscht mitgeteilt, dass er die Feier und Doris’ Mutter nüchtern einfach nicht überlebt hätte. Vermutlich hatte er damit recht.
     
    Und jetzt war sie in vier Wochen dran. Doris überlegte, ob sie auf ihre Familie mittlerweile genauso wirkte wie ihre Mutter |20| damals. Sie hoffte inständig, dass es nicht so wäre. Auf keinen Fall würde sie so ein Debakel an diesem Tag zulassen. Es würde keine Feier geben. Keine Reden, keine furchtbaren Geschenke, niemanden, der Cognac trinken musste, um die zu überleben. Das würde sie nicht zulassen.

|21| D as Sonnenlicht schimmerte durch die Jalousien. Katja drehte sich vom Fenster weg und zu Alex hin. Langsam öffnete sie die Augen und sah ihn an. Er schlief noch fest. Sie legte ihren Kopf an seine Halsbeuge, strich mit der Hand langsam über seine glatte Brust. Dass er sich rasierte, daran hatte sie sich gewöhnen müssen. Männer machten das heute, jetzt fand sie es sexy. Sie hielt inne und sah zu dem Wecker auf dem flachen Nachttisch. Es war halb neun. Ihr Dienst begann zwar erst später, aber sie wollte noch joggen. Von nichts kommt nichts, diesen Satz hatte sie verinnerlicht. Also drehte sie sich mit einem kleinen Bedauern von Alex weg, stand leise auf und ging auf Zehenspitzen ins Bad.
    Zehn Minuten später stand sie vor der Haustür und dehnte ihre Oberschenkel. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr trabte sie los. Sie lief in Richtung Park, wie immer dieselbe Route, vierzig Minuten, jeden Morgen, das war ihre Kampfansage an das schwache Bindegewebe. Bislang lag sie in Führung.
    Nach einer Viertelstunde wurden ihre Beine schwer. Sie biss die Zähne zusammen und zwang sich, an etwas Schönes zu denken. An Alex zum Beispiel. Und an die letzte Nacht. Deshalb hatte sie jetzt so müde Beine. Sie musste grinsen, sofort lächelte sie ein entgegenkommender Mann mit Hund an. Vermutlich drehte er sich auch nach ihr um, weil er nicht darauf kam, woher er sie kannte. Sie kannte ihn jedenfalls |22| nicht. Gleich darauf lief sie am Seeufer entlang, die Wasseroberfläche glitzerte in der Sonne, ihre ohnehin schon gute Laune wurde noch besser. Morgen würde ihr Wochenende beginnen und Alex bis Montagmorgen in Kiel bleiben, also stünden ihr drei wunderbare Tage bevor. Sie war fast am Ende ihrer Runde angelangt und verlangsamte ihr Tempo. Vier Frauen mit Nordic-Walking-Stöcken marschierten ihr entgegen. Die letzte der Gruppe bewegte sich ungeübt und staksig. Ihre graue Jogginghose war zu kurz und an den Knien ausgebeult, das rote T-Shirt zu oft gewaschen, sie hatte keinerlei Körperspannung und wirkte müde und
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