Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
Sie schon gefrühstückt? Soll ich oben anfangen?«
    Doris dachte kurz an ihren Rock und fragte sich, im Hinblick auf die Krögerschen Speckrollen, ob die Unzufriedenheit mit der Figur vielleicht im Rentenalter aufhörte.
    |16| Sie würde heute jedenfalls nicht frühstücken. »Sie können hier anfangen, ich bin fertig. Ich fahre auch gleich zum Friseur.«
    »Gut.« Frau Kröger stellte einen kleinen Eimer in die Spüle und ließ Wasser einlaufen. Während sie wartete, drehte sie sich zu Doris um und musterte sie. »Sie sehen abgespannt aus. Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, ja. Ein bisschen Kopfschmerzen. Habe ich meistens, wenn das Wetter umschlägt.«
    ›Und wenn ich abends mehr als eine Flasche Weißwein auf der Terrasse trinke‹, fügte sie in Gedanken hinzu und vergewisserte sich mit einem Blick, dass sie die leeren Flaschen in den Altglaskorb gestellt hatte.
    »Dann fahre ich mal los. Ich will nach dem Friseur noch einkaufen, dann sehen wir uns nicht mehr. Also, einen schönen Tag.«
    »Ihnen auch. Bis Freitag.« Frau Krögers Konzentration galt wieder dem Wassereimer. Doris griff nach Handtasche und Schlüssel und verließ das Haus.
     
    »Noch nicht ganz.« Im Friseursalon drückte Maren die Aluminiumfolie, die um die Strähne gewickelt war, vorsichtig wieder zu. »Zehn Minuten musst du noch.«
    Doris zerrte am Halsausschnitt des Plastikumhangs, um ihn zu lockern. »Dann lass aber bitte dieses Wärmeteil weg. Mir kocht schon der Kopf.«
    Dabei war es nicht nur der Kopf, sie spürte den Schweiß auch zwischen den Brüsten kribbeln und am Rücken. So musste sich ein Huhn in einem Bratschlauch fühlen. Viel Hitze, viel Plastik.
    »Es ist doch heute gar nicht so heiß. Und so warm hatte ich |17| es auch gar nicht eingestellt.« Maren schob das Wärmegerät zur Seite. »Geht aber auch ohne. Willst du was Neues zu lesen?«
    »Nein danke. Aber wenn du ein Wasser hättest   …«
    Während Maren ein Glas holte, schloss Doris die Augen und versuchte, die Hitzewellen zu beherrschen. Sie hatte das immer öfter. Ganz plötzlich wurde ihr Körper zum Ofen und der Schweiß brach aus. Sie stellte sich die dunklen Flecken auf der Kleidung vor, die alle sehen könnten, sobald sie, vom Umhang befreit, aufstehen müsste, um zu bezahlen. Es war peinlich. Und grauenvoll. Die Welle ebbte langsam wieder ab. Doris öffnete die Augen und betrachtete sich im Spiegel. Ihr Gesicht glänzte, sie wischte mit der Hand schnell über Oberlippe und Schläfen, in der Hoffnung, niemand würde sie dabei beobachten.
    »Hier, bitte.« Ein Wasserglas wurde auf den Beistelltisch gestellt, Maren stellte sich hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schulter. »Und sonst? Kommst du heute Abend zum Literaturkreis? Sag mal, schwitzt du so?«
    »Geht das vielleicht noch ein bisschen lauter?« Doris drehte sich zu ihrer Sitznachbarin. Deren Trockenhaube verhinderte zum Glück ein Mithören. »Das kommt von diesem Plastikumhang. Ich kann heute nicht, Moritz kommt zum Essen, und er war seit zwei Monaten nicht zu Hause.«
    »Ach so, schade. Wie geht es ihm denn? Er studiert in Hamburg, oder?«
    »Ja.« Dankbar registrierte Doris, dass ihr Körper wieder zu seiner normalen Betriebstemperatur zurückfand. »Es geht ihm gut, er hat halt viel mit dem Studium zu tun. Und jetzt auch noch eine neue Freundin. Die bringt er mit.«
    »Ach was. Und? Wird Mutti eifersüchtig?«
    |18| »Quatsch. Ich bin ja froh, dass er endlich eine hat. Er ist ein richtiger Spätzünder, ging nie los, saß immer nur zu Hause vor dem Computer, und das mit vierundzwanzig. Jetzt wird er mal normal.«
    Maren lachte leise und wickelte wieder eine Strähne aus. »Ganz anders als der große Bruder, was? Wie geht es Sascha denn eigentlich? Den habe ich ewig nicht gesehen.«
    ›Ich auch nicht.‹ Der Gedanke kam mit Wucht, Doris brach wieder der Schweiß aus, diesmal hatten die Hormone nichts damit zu tun. »Auch gut. Er hat so wenig Zeit, wir telefonieren aber regelmäßig.«
    »Hat er denn   …« Erleichtert hörte Doris das Telefon klingeln. Maren schob die Strähne an ihren Platz zurück und ging zur Rezeption, um das Gespräch anzunehmen.
    Doris fuhr mit der Hand über ihren Hals, alles war gut. Irgendwann würde auch mit Sascha alles wieder gut. Sie müsste nur Geduld haben. Krisen gab es in den besten Familien, bei manchen dauerten sie einfach nur länger.
     
    Auf dem Rückweg zum Auto schaute sie noch in zwei Boutiquen nach einem Rock, der genauso aussah wie der alte, aber besser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher