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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
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und ging in den Flur, um ihre Schwester anzurufen. Bevor sie sich mit alten Geschichten herumschlüge, könnte sie auch telefonieren.
    Martina meldete sich nach dem zweiten Freizeichen. »Hallo, Anke, hast du deinen AB abgehört?«
    Wenn Anke irgendetwas nicht leiden konnte, dann waren es diese affigen Abkürzungen. »Ich höre den Anrufbeantworter immer ab. Wann müsst ihr denn am Samstag los?«
    Martinas Stimme klang wie immer gehetzt. »Spätestens um vier. Wir sind zu einer Gartenparty eingeladen, ein ehemaliger Studienkollege von Jörg. Die haben sich ein irres Haus direkt am Meer gekauft, das muss traumhaft sein, aber es sind sonst |13| überhaupt keine Kinder da, und du weißt ja, wie Jasper nervt, wenn er sich langweilt. Also, du kannst ihn nehmen, ja?«
    Ankes Blick fiel auf ein Foto ihres Neffen, das im Regal stand. Er grinste in die Kamera, seine Zahnlücke war nicht zu übersehen, das blonde Haar verwuschelt. Er konnte ein Satansbraten sein, aber er wickelte Anke um den Finger. Martina war die Pause zu lang. »Mama hat Opernkarten, sie kann nicht. Was soll ich denn machen?«
    ›Absagen?‹, dachte Anke, hatte aber keine Lust, in eine Diskussion mit ihrer Schwester einzusteigen, die sie sowieso verlieren würde. »Okay, ich hole ihn gegen drei ab und bringe ihn Sonntagmittag wieder zurück. Und du   …«
    »Super«, unterbrach Martina sie, »auf dich ist doch Verlass. Jasper freut sich. Und irgendwann mache ich es auch mal gut und wir zwei gehen schön essen. Ich denk mir was aus!«
    Anke verzichtete auf einen Kommentar und verabschiedete sich.

|14| R esigniert stieß Doris die Luft aus und musterte sich im Schlafzimmerspiegel. Der Knopf würde vielleicht zugehen, aber in keinem Fall der Reißverschluss, egal, wie sehr sie den Bauch einzöge oder den Atem anhielte. Dieser dämliche Rock war definitiv zu eng. Und zwar mindestens eine Größe. Und ausschließlich auf der Hüfte.
    Doris schob das Teil unwirsch an sich hinunter und ließ die zusammengerollte Stoffwurst achtlos auf dem Boden liegen.
    ›Jetzt wirst du auch noch fett‹, dachte sie wütend. Und das trotz Yoga und gesunder Ernährung. Diese verfluchten Hormone. Sie griff zu einer Jeans, die über dem Stuhl hing und schlüpfte hinein. Wenigstens die passte noch. Es wäre sowieso übertrieben, zu einem Friseurbesuch ein Designerkostüm anzuziehen. Trotzdem hatte sie diesen Rock nur einmal getragen, und das war erst ein Jahr her. Sie atmete tief aus, knöpfte die weiße Bluse zu und zog die Jacke an. Obenrum war alles in Ordnung, die Jacke ließ sich locker schließen.
    Es klingelte an der Haustür, das war wohl schon Frau Kröger, die nie ihren Schlüssel benutzte, wenn sie eines der Autos vor dem Haus parken sah. Doris warf einen abschließenden Blick in den Spiegel und ging nach unten, um ihre Putzfrau reinzulassen.
    »Guten Morgen, Frau Goldstein-Wagner, ich habe Ihren Wagen gesehen. Ich dachte, Sie wären mit Ihrem Mann bis Mittwoch verreist.«
    |15| Doris ging ein Stück zur Seite, ließ Frau Kröger vorbei und folgte ihr in die Küche. Sie putzte schon seit fünfzehn Jahren bei ihnen, jeden Dienstag und Freitag. Mittlerweile hatte sie das Rentenalter erreicht, zum Glück war bislang kein Wort darüber gefallen, dass sie mit der Arbeit hier aufhören wollte. Obwohl es eigentlich übertrieben war, dass sie immer noch zweimal in der Woche kam, zumal Moritz, Doris’ zweiter Sohn, seit einem halben Jahr auch ausgezogen und so aus einer vierköpfigen Familie ein Paar geworden war, das in einem viel zu großen Haus lebte.
    »Ich bin doch nicht mit nach Berlin gefahren. Mein Mann hat den ganzen Tag auf der Messe zu tun und ich hatte irgendwie keine Lust, drei Tage allein durch die Stadt zu laufen.«
    Frau Kröger schüttelte ungläubig den Kopf. »Also wirklich. Sie sind doch sonst immer mitgefahren. Berlin ist so eine tolle Stadt, ich war letztes Jahr mit dem Roten Kreuz da, mit so einer Bustour und zwei Übernachtungen. Also, das war sehr interessant, ich will da unbedingt noch mal hin.«
    »Tja, meine Liebe«, Doris lehnte sich an den Küchenblock und sah zu, wie ihr guter Geist die blaue Strickjacke auszog und über einen Stuhl hängte, »hätte ich das gewusst, hätte ich meinen Mann gebeten, Sie mitzunehmen. Er schnarcht auch nicht.«
    »Frau Goldstein-Wagner   …« Unter der Strickjacke trug Frau Kröger ein enges T-Shirt , unter dem sich drei Rollen abzeichneten. Mit entrüstetem Gesicht sah sie hoch. »Das fehlt ja wohl noch. Haben
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