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Begegnungen Januar (German Edition)

Begegnungen Januar (German Edition)

Titel: Begegnungen Januar (German Edition)
Autoren: Ana Hofmann
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zarten Augen vor dem Anblick der
improvisierten Küchenschränke aus drei übereinander
gestapelten Bananenkisten schützen sollten. Das Terpentin
hatte zur Hälfte ihre dunkel glänzenden Dielen freigelegt,
zur anderen Hälfte die Kloschüssel von jahrealtem Urinstein
befreit.
„Und? Zufrieden?“
Bastian stellte ihr ein Bier hin. Sie wollte erst ablehnen,
dachte dann aber, warum nicht? Tat man das nicht, nach
getaner Arbeit? Mit Kollegen ein Bier trinken? Sie sah
Bastian an, der sich auf ihren einzigen Stuhl lümmelte und
musste bei seinem Anblick lächeln. Sie hatten Seite an Seite
gearbeitet, nicht viel geredet, aber trotzdem verband sie
nun eine gewisse Kameradschaft.
Sie nippte an der Flasche und verzog das Gesicht.
„Nicht gut? Tut mir leid, ich hab das billigste genommen.
Beim nächsten Mal...“
Sie hob abwehrend ihre Hand.
„Ist schon gut. Es würde keinen Unterschied machen... Mann,
ist das eklig!“
Bastian beugte sich vor: „Hast du noch nie...?“
„Mein erstes! Und letztes, das kann ich dir sagen.“
Bastian lachte und lehnte sich zurück.
„Glaubt man denn sowas? Hat noch nie ein Bier getrunken!
Dann hab ich dich ja quasi entjungfert!“
Betreten schaute sie in ihre Flasche und ihr Gegenüber wurde
rot. Für eine Weile sprach niemand, dann erhob er sich
umständlich und machte sich daran zu gehen.
„Ich muss los, meine Schicht fängt in ner Stunde an und ne
Dusche täte mir gut.“ Er überlegte einen Moment, dann drehte
er sich in der Tür herum. „Hast du vielleicht Lust
mitzukommen?“
„In den Club?“
„Hm... ist eher ne Bar, aber warum nicht? Du bist neu, du
kennst noch nichts und niemanden hier und ich steh nur
hinter der Theke. Zeit genug zum Reden hab ich also.“
Eigentlich war sie hundemüde. Andererseits – Schlafen könnte
sie immer noch, wenn sie tot war. Sie hatte morgen den
ganzen Tag Zeit, bevor am Montag endlich der Ernst des
Lebens losgehen sollte. War sie nicht genau deshalb nach
Berlin gekommen? Um etwas zu erleben? Sie stand auf.
„Warum eigentlich nicht? Wann musst du los?“
„Schaffst dus in ner halben Stunde?“
„Ich schaffs sogar in zehn Minuten.“
Er lachte. „Damit würdest du offiziell einen Weltrekord
aufstellen. Ich kenn euch Frauen doch, in ner halben Stunde
also. Unten!“
Sie warf ihm ein Kissen an den Kopf und fiel dann in sein
Lachen ein.
Schnell sprang sie in die Badewanne um sich abzuduschen.
Vorsichtshalber behielt sie ihre Plastikschuhe gleich an.
Man konnte nie wissen, was dem Terpentin zu trotzen wagte.
Ihre langen Haare drehte sie, wie immer, in einen
unordentlich lockeren Knoten, band sich einen Lederriemen um
den Kopf, an den sie ein paar kleine Filzblümchen genäht
hatte und schlüpfte dann in ein einfaches gestreiftes Kleid.
Geschminkt hatte sie sich noch nie und die längste Zeit
verwendete sie darauf, sich das Kleid vorne zuzuknöpfen.
Achtundvierzig Knöpfe, sie hatte gezählt. Noch ein paar
Ohrringe und ihre bequemsten Ballerinas und sie war fertig.
Sie schaute auf die Uhr. Fast vierzehn Minuten hatte sie
gebraucht, es wären weniger gewesen, hätte sie ein anderes
Kleid angezogen. Das war doch nicht übel, oder?
Vorfreudig sprang sie die Stufen hinab und klopfte im
Erdgeschoss. Es dauerte eine Weile, bis Bastian die Tür
öffnete.
„Was...?“
Er hielt inne und sah sie lange an. Fast war es ihr
unangenehm.
„Vierzehn Minuten, ich hab auf die Uhr geschaut.“
Bastian stand in der Tür, nass bis auf die Knochen und nur
mit einem Handtuch umhüllt. Er sah sie von oben bis unten an
und räusperte sich.
„Hat dir schonmal einer gesagt, dass du wie eine
Hippiebarbie aussiehst?“
Sie drängelte sich an ihm vorbei.
„Barbies sind blond! Und jetzt mache hinne. Zehn Minuten,
dann geh ich alleine.“
Endlich kam Bewegung in ihn und die Anspannung fiel aus
seinen Schultern. Er lief aufgelöst durch seine kleine
Wohnung, hob mal hier und mal da ein Kleidungsstück auf und
verschwand schließlich damit im Bad. Kaum zwei Minuten
später war er wieder da, diesmal angezogen und bereit zum
gehen.
„Deine Haare sind noch ganz nass, du wirst dich erkälten.“
„Nicht, wenn ich eine Mütze trage... Mama!“
Er packte sich sorgfältig ein. Dann kam er näher und beäugte
sie argwöhnisch.
„Was ist das denn?“
„Ohrringe, was denn sonst?“
„Karotten? Wirklich?“
Sie würde sich doch nicht wirklich für die Wahl ihrer
Ohrringe rechtfertigen müssen.
„Mir gefallen sie.“
Er zuckte mit den
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