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Befohlenes Dasein

Befohlenes Dasein

Titel: Befohlenes Dasein
Autoren: J. E. Wells
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mußten sie auf Anordnung der Regierung der Galaktischen Union einen Kursus von vier Wochen Dauer absolvieren. Sie mußten einen Kontrakt unterschreiben, daß sie nur eine gelernte Kraft, die das staatliche Diplom in der Hand hatte, an dieser Maschine arbeiten ließen.
    Dieses staatliche Diplom war an viele Bedingungen gebunden. Es ging hier nicht nur um das technische Verständnis und die einwandfreie Bedienung, sondern mehr noch um die moralische und sittliche Qualifikation des Bewerbers. Viele Zeugnisse mußten beigebracht werden, viele einwandfreie Bürgen mußten gestellt werden. Das Bedienen dieser Maschine wuchs sich zu einer ganz neuen Wissenschaft aus. Wer das Diplom zum Bedienen einer Kamana-Maschine – so werden sie heute allgemein benannt – besaß, galt als Gelehrter, Forscher und Vertrauensperson in einem. Das Bedienen dieser Maschinen wurde zum Studium erhoben und der Doktorgrad damit verbunden.
    Das mag alles recht phantastisch klingen, und doch sind die Möglichkeiten, die eine solche Maschine in sich birgt, noch längst nicht erschöpft. Eine Gesellschaft wurde gegründet: die „Gesellschaft zur Korrektur der Geschichte“. Ihr gehörten die namhaftesten Geschichtsforscher der Galaxis an. Mit pedantischer Gründlichkeit stöberten sie die Fehler auf, die in der Geschichte der vergangenen Jahrtausende auf diesem oder jenem Planeten zum Schaden der kulturellen und zivilisatorischen Entwicklung begangen wurden. Diese Fehler sollten korrigiert werden. Allerdings vergessen diese Leute dabei eines: daß diese Vergangenheit, die sie in corpore erleben, doch mehr oder weniger eine Illusion ist und sich nicht mehr ändern läßt.
    Wie soll man das erklären? Diese Vergangenheit ist und ist nicht. Sie besteht aus Bildphotonen, die in Materie zurückverwandelt wurden. Kan Kamana unterhält sich mit Ira Tarwi, seiner Gattin, darüber.
    „Sie haben es alle noch immer nicht begriffen, Ira“, sagt er. „Diese Leute glauben tatsächlich, die Geschichte ändern zu können. In Wirklichkeit ändern sie nur ein Bild, das irgendwo im Raum hängt. Alles, was meine Maschine einzufangen vermag, ist doch bereits geschehen. Sie lassen sich täuschen durch die Rematerialisierung.“
    „Und dennoch wäre ich heute tot, wenn Antonio nicht gewesen wäre“, meint Ira. „Wie kannst du das erklären, Kan?“
    Der Professor seufzt. Er weiß, wie alles zusammenhängt, er kann alles irgendwie physikalisch begründen. Sowohl das eine als auch das andere. Aber er bringt beide Faktoren nicht auf einen Nenner. Es gibt da noch irgend etwas Unbegreifliches, Unerforschtes.
    „Sprechen wir nicht mehr darüber, Ira. Begnügen wir uns mit dem, was uns die Natur zu wissen erlaubt. Es gibt eine Grenze, die wir nicht überschreiten dürfen. Und es wird wieder Probleme geben, die wir nicht zu lösen vermögen.“
    Das Tollste aber, was die Erfindung Kan Kamanas offenbarte, war die Vergangenheit der heutigen Stadt Be-is auf dem Da-lun. Die beiden Professoren Fellh und Gra-koh unternahmen das Wagnis, sich über eine Zeit von mehr als einer Million Jahren in die Vergangenheit zurückzuversetzen. Es war eine Heldentat der beiden Forscher, die für immer in die Geschichte der Galaxis eingehen wird. Diese Tat ist so phantastisch, daß sie selbst in der aufgeschlossenen Welt der heutigen Galaktischen Union berechtigtes Aufsehen erregte.
    Es handelte sich hierbei nicht um eine gewöhnliche Versetzung. Denn die beiden Professoren hatten nicht mehr und nicht weniger vor, als sich den damaligen Experten der einstigen Stadt Be-is in ihrer wirklichen Gestalt und Funktion zu erkennen zu geben. Was das bedeutet, vermag nur der zu ermessen, der sich tiefer in dieses Problem hineindenkt.
    Man bedenke: plötzlich tauchen zwei Männer auf, die als Begründung ihres Daseins anführen, daß sie aus einer Zeit stammen, die erst in mehr als einer Million Jahren kommen wird. Was wird die Reaktion derjenigen sein, die sich solche Worte anhören müssen? Das mindeste wäre wohl, daß man diese beiden Männer in eine Verrücktenanstalt brächte.
    Nicht so die Gelehrten und Forscher der einstmaligen Metropole Be-is. Diese Männer waren technisch schon viel zu weit entwickelt, waren wissenschaftlich viel zu begabt und waren – was Erfindungen anbetrifft – auf einer solchen Stufe angelangt, daß sie sich mit Fellh und Gra-koh ernsthaft beschäftigten.
    Die beiden Da-lun-Professoren hatten sich, um Vernunft und Unterbewußtsein zu koppeln, mit gewaltigem,
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