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Befohlenes Dasein

Befohlenes Dasein

Titel: Befohlenes Dasein
Autoren: J. E. Wells
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entschwundene, entflohene, entronnene Zeit – wieder einzuholen und bildlich festzuhalten, ist eine rein technische Angelegenheit, die nach bekannten Grundsätzen und Formeln in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Wie aber kann man sich rein körperlich – und nicht nur anschaulich – in jene Zeit versetzen, wie kann man mit den damaligen Menschen sprechen, mit ihnen zusammenleben, kurz – wie kann man sein Dasein aus der Gegenwart in die Vergangenheit verlegen?
    Lange, lange Zeit trug Kan Kamana dieses absurde Problem mit sich herum, kombinierte, überlegte, verwarf … Er verirrte sich dabei aufs Gebiet des Unwahrscheinlichen, er zog jene Erkenntnisse zu Rate, die man im parapsychologischen Sektor gefunden hatte, er arbeitete mit in Materie verwandelten Gedanken-Elektronen, er versuchte es mit Motilitäts-Elektronen und Impuls-Elektronen, er baute Stein auf Stein dieses komplizierten Gebäudes auf, so lange, bis es stand.
    Bis es stand.
    Wer kann ermessen, was das bedeutet? Wer kann es auch nur ahnen? War die Erfindung Kan Kamanas ein Zufallstreffer? Ja und nein, es war die Auswertung eines ungeheuren Wissens, aber es war auch die Verwirklichung von Ahnungen, die ein Leben lang in ihm schlummerten.
    Die Maschine war da. Antonio Stia, sein langjähriger treuer Mitarbeiter, war der einzige Mensch, dem er das Geheimnis anvertrauen konnte. Und Stia hatte den Mut, sich als Versuchsperson zur Verfügung zu stellen. Und vielleicht war sich Stia zu Beginn noch gar nicht der Tragweite dieses Testes bewußt. Seelenruhig ließ er sich von der Maschine hypnotisieren …
    Eine Maschine, die hypnotisiert? Es ist kein Irrtum und keine Falschmeldung. Kan Kamana, der das Wesen der Hypnose – nämlich die Übertragung von Gedanken-Elektronen auf ein anderes Lebewesen – erkannt hat, überließ diese Anstrengung jetzt einer von ihm konstruierten, komplizierten Maschinerie, die mit mehr als hundertfacher Verstärkung arbeitete. Hypnose in zwei Sekunden … Die Maschine warf Bündel von Elektronenstrahlen auf die Versuchsperson, die sofort in tiefe Bewußtlosigkeit hinüberglitt. Dann aber geschah das Furchtbare, Einmalige, Unerhörte …
    Wir wollen nicht vorgreifen. Wir wollen versuchen, den Ablauf der Ereignisse so zu schildern, wie er sich tatsächlich zeigte. Und wir wollen dabei bedenken, daß wir uns auf einem fernen Planeten befinden, dessen technische Entwicklung weit, weit in die Vergangenheit zurückreicht. Nur unter solchen Umständen war es überhaupt möglich, ein solches Problem in Angriff zu nehmen.
    Nur eines hat sich auch im Lauf der Zehntausende von Jahren nicht geändert: der Charakter des Menschen. Dieser kennt noch immer den Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht, zwischen Moral und Unmoral. Und das wird wohl auch immer so bleiben.
    Kidora – so heißt die Hauptstadt des Planeten Kidor. Sie ist das sagenhafte Zentrum des Riesenreiches der Galaktischen Union.
    Die Stadt, die ausschließlich aus Gebäuden besteht, die zur Regierung und Verwaltung der Galaktischen Union gehören, hat einen Durchmesser von rund 20 Kilometern. Daran schließt sich ein Grüngürtel von weiteren 20 Kilometern an, auf dem die niedrigen, luxuriösen Bungalows prominenter Persönlichkeiten stehen. Breite, aus buntfarbigem Hartglas gebaute Straßen durchziehen sowohl die Innenstadt als auch die Vorstädte. An den Seiten sind Radarstrahler angebracht, die ein Abgleiten der durch Photonen angetriebenen Schnellwagen verhindern. Außerdem ist jeder Schnellwagen noch mit einer unsichtbaren Strahlenwand derartig abgesichert, daß er mit keinem anderen Fahrzeug zusammenstoßen kann. Das alles funktioniert vollautomatisch. Jede Richtungsänderung wird telepathisch bewirkt. Der Fahrer gibt den gedanklichen Befehl, der durch das im Wagen befindliche Elektronenhirn sofort aufgenommen und in Bruchteilen von Sekunden ausgeführt wird.
    Aber wir wollen nicht länger bei den technischen Errungenschaften der Neuzeit verweilen, denn wir kämen sonst überhaupt nicht dazu, uns mit dem Ablauf der Ereignisse zu beschäftigen.
    Ganz am Rand der Vorstädte, auf einer Anhöhe, von der aus man einen herrlichen Rundblick auf die weißblitzende Riesenstadt genießen kann, steht ein von hohen Blütenbüschen umschlossenes Gebäude. Kleine Durchlässe führen zum plattenbelegten Vorplatz des Bungalows. Gläserne Türen gestatten einen Blick ins Innere des Hauses, das eine Fortsetzung des Gartens darzustellen scheint.
    Kan Kamana hat
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