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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben
Autoren: Hans Fallada
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Meinungsaustausch, auch ein Fluch vielleicht, als man die Männer sah mit den beiden Tieren. Nun ist es still. Aber dreißig, vierzig Bauern sehen stur auf die Beamten, sehen ihnen ins Gesicht und verziehen nicht das eigene.
    »Ist hier vielleicht Herr Päplow aus Gramzow?« fragt Kalübbe in die Stille.
    Die Bauern sehen auf ihn und den Jungen, keiner spricht.
    »Herr Päplow hier?« fragt Kalübbe mit erhobener Stimme.
    Keine Antwort.
    Kalübbe geht durch den Mittelgang der Gaststube zur Tonbank hin. Unter all den feindlichen Blicken geht er gehemmt und unbeholfen. Einen Stock, der über einer Lehne hängt, stößt er um. Er fällt polternd hin. Kalübbe bückt sich danach, hebt ihn auf, hängt ihn über die Lehne, sagt: »Pardon.«
    Der Bauer sieht ihn an, stur, dann zum Fenster hinaus, verzieht nicht das Gesicht.
    Kalübbe sagt zum Krüger: »Ich soll hier eine Versteigerung abhalten, wie Sie wissen. Wollen Sie mir einen Tisch hersetzen lassen?«
    Der Krüger murrt: »Hier ist kein Tisch und kein Raum für einen Tisch.«
    »Sie wissen, daß Sie Platz zu machen haben.«
    »Wie soll ich es machen, Herr? Wen soll ich fortschicken? Vielleicht machen Sie sich Platz, Herr?«
    Kalübbe sagt mit Nachdruck: »Sie wissen …«
    Und der wieselige Krüger eilfertig: »Ich weiß. Ich weiß. Aber geben Sie mir einen Rat. Kein Gesetz, verstehen Sie, einen brauchbaren Rat.«
    Eine Stimme ruft befehlend durchs Lokal: »Setz einen Tisch vor die Tür.«
    Plötzlich ist der kleine Krüger ganz Beweglichkeit, Höflichkeit. »Einen Tisch vor die Tür. Selbstverständlich. Die beste Idee. Man kann dann auch das Vieh sehen.«
    |31| Der Tisch wird nach draußen gebracht. Der Krüger trägt eigenhändig zwei Stühle herbei.
    »Und nun zwei Glas Helles für uns, Krüger.«
    Der Krüger bleibt stehen, sein Gesicht legt sich in Falten, Kummer ist darin. Er schielt zu den offenen Fenstern, hinter denen die Bauern sitzen. »Meine Herren, ich bitte Sie …«
    »Zwei Glas Helles! Was soll das …?«
    Der Krüger hebt ganz schnell die Hände zu einer Bitte. »Meine Herren, verlangen Sie nicht von mir …«
    Kalübbe sieht rasch zu Thiel hin, der das Gesicht über die Tischplatte gesenkt hält. »Sehen Sie, Thiel!« Und zum Krüger: »Sie
müssen
uns Bier ausschenken. Wenn Sie’s nicht tun und ich zeige Sie an, sind Sie die Konzession los.«
    Und der Krüger vollendet im gleichen Ton: »Und wenn ich’s tue, bin ich meine Gäste los. So kaputt und so kaputt, Herr.«
    Kalübbe und der Krüger sehen sich an, eine lange Zeit, scheint es.
    »Also sagen Sie drinnen, daß die Auktion beginnt.«
    Der Krüger macht eine halbe Verbeugung. »Solange es geht, soll der Mensch Mensch bleiben.«
    Er geht. Der Beamte nimmt aus seiner Aktentasche Protokoll und Bedingungen, legt sie vor sich auf den Tisch. Thiel möchte gern, daß er ihn jetzt einmal ansähe, darum sagt er: »Ich habe eben an die Pistole gedacht. Ich glaube, ich lerne schon, daß Waffen nichts helfen.«
    Kalübbe sagt trocken und blättert in seinem Protokoll: »Es ist noch nicht Abend. Wenn wir zu Haus sind, haben Sie mehr gelernt.«
    Ein Schatten fällt auf den Tisch. Ein junger Mensch, schwarz gekleidet, eine schwarze Hornbrille auf der Nase, über der Schulter den Lederriemen eines Photoapparates, tritt hutlüftend heran. »Gestatten Sie, meine Herren, mein Name ist Tredup, von der ›Chronik für Altholm‹. Ich war eben in Podejuch, den Kirchenneubau für unser Blatt zu photographieren. Im |32| Vorbeiradeln sehe ich, hier soll eine Auktion abgehalten werden.«
    »Das Inserat stand auch in Ihrem Blatt.«
    »Und das ist das gepfändete Vieh? – Man hört so viel von Schwierigkeiten bei Pfändungen. Hatten Sie welche?«
    »Erlaubnis zu dienstlichen Auskünften erteilt Herr Finanzrat Berg.«
    »Also Sie hatten keine Schwierigkeiten? Würden Sie etwas dagegen haben, wenn ich die Auktion photographierte?«
    Und Kalübbe, barsch: »Stören Sie mich nicht länger. Ich habe keine Zeit für Ihr Geschwätz!«
    Tredup zuckt überlegen die Achseln. »Wie Sie meinen. Jedenfalls werde ich photographieren. – Jeder hat seine Art Brot, und besonders süß scheint Ihres auch nicht zu schmecken.«
    Er geht auf die andere Seite der Dorfstraße und beginnt seinen Apparat fertigzumachen.
    Kalübbe zuckt die Achseln. »Er hat ja im Grunde recht. Es ist sein Beruf, und es war albern von mir, ihn anzugrobsen. Aber ich habe eine Wut auf die von der ›Chronik‹. Das ist schon Revolverjournalismus, was die
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