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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben
Autoren: Hans Fallada
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Präsidenten freuen. Es gibt doch noch Männer.«

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    |641| NACHSPIEL
Ganz wie beim Zirkus Monte
    1

    Eine Woche nach dem Urteilsspruch erschien in den »Nachrichten« und in der »Chronik«, doch nicht in der »Volkszeitung«, dieses ganzseitige Inserat:
    »Zur Herbeiführung des Wirtschaftsfriedens mit der Bauernschaft!
    Nachdem das Urteil im Prozeß gegen die Bauernschaftsmitglieder gesprochen worden ist, auch im Prinzip eine Einigung besteht, sind wir dem Ziele, das allen Altholmern so sehr am Herzen liegt, der Herbeiführung des Wirtschaftsfriedens, um einen bedeutenden Schritt näher gekommen. Noch aber ist ein Hindernis aus dem Weg zu räumen, und dieses Hindernis besteht in der Notwendigkeit der Beschaffung von Mitteln zur Begleichung entstandener Schädigungen. Die Unterzeichneten wenden sich deshalb an die ganze Altholmer Bürgerschaft mit der Bitte, das Ihrige zur Erlangung dieser Mittel beizutragen. Erst, wenn auf Grund der beim ersten Unterzeichneten eingezeichneten Summe der Abschluß des Wirtschaftsfriedens mit den Vertretern der Bauernschaft gesichert ist, wird der Boykott aufgehoben. Der Ausschuß bittet, daß sich jeder nach Kräften beteiligen möge.
    Altholmer, laßt eure Vaterstadt nicht im Stich!
    Der Ausschuß zur Herbeiführung des Wirtschaftsfriedens. Stadtverordnetenvorsteher Manzow. Medizinalrat Doktor Lienau. Braun, Kaufmann. Dr. Hüppchen, Diplomvolkswirt. Stadtverordneter Meisel.«

    |642| 2

    So bereitwillig der Kinderfreund Manzow in jener Nacht vor dem Urteilsspruch die Vertreter der Bauernschaft gefunden hatte, seinen Sekt zu trinken, so unnachgiebig waren die Herren in ihren Forderungen gewesen. Aber was damals in der Auktionshalle nachts beim Kerzenstummelscheine noch ganz unmöglich erschienen war, heute war es schon irgendwie diskutabel geworden.
    »Aber zehntausend Mark, meine Herren, das ist ja Wahnsinn.«
    »Warten wir also noch ein bißchen«, sagt Henning, »es muß ja nicht heute sein.«
    »Und wenn Sie morgen verknackt werden?«
    »Dann ist es auch noch so. Glauben Sie, die Bauern heben den Boykott auf, wenn wir ins Kittchen müssen?«
    »Ich gebe auch zu bedenken«, äußert sich der Justizrat, »daß außer der eigentlichen Zahlung von zehntausend Mark, mit der die Prozeßkosten auch nicht annähernd abgegolten sind, eine ganze Anzahl verletzter Bauern entschädigt werden muß. Da ist Herr Henning, für sein Leben verkrüppelt, da sind Bauern, die Stockschläge erhielten, da ist Banz …«
    »Der hat ja einen Polizisten niedergeschlagen!«
    »Und? War er nicht in Notwehr?«
    »Also sagen Sie Ihr letztes Wort.«
    »Fünfunddreißigtausend. Alles in allem.«
    »Das ist ja Wahnsinn.«
    Henning trinkt und erklärt: »Warten wir doch noch. Es muß ja nicht heute sein.«
    »Meine Herren, nennen Sie mir irgendeine Zahl …«
    »Hundertdreiundzwanzigtausend«, schlägt Stuff vor.
    »Aber wollen Sie denn gar nicht nachgeben?«
    Mit der Zahl der geleerten Flaschen steigen die Aussichten auf Einigung. Gegen vier Uhr morgens wird auf einem Hotelbriefbogen ein vorläufiges Abkommen unterzeichnet:
    |643| Erstens: Ehrenvolle Rückgabe der Fahne durch einen prominenten Bürger der Stadt.
    »Bist du nicht! Bist du nicht!« lallt hartnäckig Stuff zu Manzow.
    Zweitens: Zahlung von fünfundzwanzigtausend Mark innerhalb zwei Wochen.
    »Teuer seid ihr Brüder. Die reinen Räuber. Aber ich schmeiße die Sache schon.«

    3

    Sie ließ sich so leicht nicht schmeißen, die Sache.
    Wo Manzow auch anfragte: »Ja, wir würden gerne etwas tun. Aber grade uns hat der Boykott so getroffen, daß wir wirklich kein Geld haben …«
    »Vielleicht die Bäckerinnung …«
    »Vielleicht die Detaillisten …«
    »Oder die Lehrerschaft? Die sind doch immer so fürs Ideale.«
    Nach sechs Tagen hat Manzow vierhundertfünfundsechzig Mark zusammen. In weiteren acht Tagen müssen sie auf fünfundzwanzigtausend angeschwollen sein, oder sein Name als der große Versöhnungspolitiker ist kompromittiert. Und in zwei Wochen sind Kommunalwahlen.
    Es ist dunkel, es ist finster, es steht kein Mond im Kalender und auch keiner am Himmel, als Manzow zum Bürgermeister Gareis in die Wohnung schleicht.
    Gareis scheint gar nicht böse, Gareis ist ganz freundschaftlich, Gareis spendiert sogar Wein.
    Dann, als Manzow sein Herz ausgeschüttet hat: »Du fängst es am falschen Ende an. Du kannst die Versöhnung haben ohne einen Pfennig. Fahr selber aufs Land und sprich mit den Bauern. Ich geb dir die Namen von den
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