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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben
Autoren: Hans Fallada
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Ausübung ihres Amtes. Sie hatte jede Selbstzucht verloren und schlug blindlings darauflos.«
    (Starke Bewegung.)
    »Der Angeklagte Czibulla mußte freigesprochen werden, denn es hat sich nicht erweisen lassen, daß er in anderer Absicht, als um sich eine Auskunft zu holen, an die Beamten herangegangen ist. Der Aussage eines Zeugen, er habe den Beamten mit einem Stock oder Schirm gestoßen, stehen die Aussagen von mehreren anderen Zeugen gegenüber, daß er nur schüchtern mit der Hand am Rock des Beamten gezupft habe. Der fürchterliche Schlag, der gegen ihn geführt worden ist, erklärt sich nur durch die ganz kopflose Erregung der Polizei.«
    (Erneute starke Bewegung.)
    »Die Angeklagten haben Anspruch auf weitgehende |637| Milde. Trotzdem war auf Gefängnis zu erkennen, weil ihr Verhalten außerordentlich gefährliche Folgen haben konnte. Im übrigen sprach zu ihren Gunsten, daß sie sich in ihrem Rechte glaubten. Die Fahne war ihr Symbol. Und Henning hat sich für dieses Symbol zusammenhauen lassen, es war ihm ernst damit.
    Die Bauern sind ruhig gewesen. Weder Polizei noch Bauernschaft haben provozieren wollen. Beide sind in diese Situation ohne Willen hineingeraten, beide waren ihr nicht gewachsen.
    Auf Einziehung der Fahne ist aus den erwähnten Gründen nicht erkannt worden.
    Den Verurteilten wird Bewährungsfrist auf zwei Jahre zugebilligt.«

    4

    »Gratuliere«, flüstert Henning zu Padberg.
    »Du hast lachen«, sagt der. »Ich hänge wegen der Bomben. Türme nun man bald.«
    »Heute noch«, sagt Henning. »Ich bewähre mich lieber im Ausland.«
    »Heil Bauernschaft, Kamerad.«
    »Heil Bauernschaft.«

    »Na, nun bist du doch zufrieden?« fragt Blöcker seinen Stuff.
    »Zufrieden. Zufrieden«, murrt der. »Das ist auch so ein Kompromißurteil, Schusterurteil, Einerseits-andererseits-Urteil. Objektiv ist die Polizei im Unrecht, aber subjektiv ist sie im Recht. Was fang ich mit so einem Urteil bei meinen Bauern an?«
    »Dir wär’s wohl lieber, die wären ordentlich verknackt?«
    »Aber selbstverständlich, Jahre und Jahre müßten die brummen! Das wäre doch noch was für die Propaganda. Aber so was Pflaumenweiches …«

    |638| »Na, ich danke«, sagt Stadtrat Röstel. »Nun kann ich mir nur gleich den Zahnschlosser, den Czibulla, ranholen und hören, welche Pension die Stadt ihm zahlen darf.«
    »Geld ist noch nicht das Schlimmste«, sagt Assessor Meier. »Aber mein Chef, Herr Regierungspräsident Temborius! Drei Wochen Gefängnis und eine Polizei ohne Selbstzucht. Das gibt noch was.«
    »Die Staatsanwaltschaft legt doch unbedingt Berufung ein.«
    »Und in einem halben Jahr käuen wir den ganzen Dreck noch mal. Ist das etwa schön?«

    »Komm, Änne«, sagt Oberinspektor Frerksen. »Die Leute glotzen so.«
    »Mach dir nichts draus, Fritz, der Vorsitzende hat gesagt, du bist in deinem Recht gewesen. Du hast die Fahne zu Recht beschlagnahmt.«
    »Na ja, na ja.«
    »Und daß du den Kopf verloren haben sollst … Der Herr sollte sich nur mal vor dreitausend Bauern hinstellen. Das ist keine Kunst, hinterher klug zu tun. Gut hast du es gemacht.«
    »Na ja. Na ja. Wissen möchte ich nur, wer jetzt mein Vorgesetzter wird.«

    »So was liebe ich«, sagt Polizeioberst Senkpiel zu seinem Oberleutnant Wrede. »Daß so ein Jurist kein Gefühl dafür hat, was er für Schaden anrichtet, wenn er auf die Polizei schimpft. Ist ja nur städtische Polizei und der Frerksen eine Nulpe – kolossalen Mist hat er gemacht –, aber das vor den Leuten sagen, wo bleibt da die Autorität?«

    »Drei und zwei Wochen, so was möchten wir auch, was, Genosse?« fragt der Funktionär Matthies. »Paß auf, ich kriege, weil ich dem Frerksen seinen Säbel geklaut habe, mindestens ein Jahr.«
    |639| »Kriegst du. Kriegst du.«
    Der Oberstaatsanwaltschaftsrat: »Das sieht ihm wieder einmal ähnlich.«
    Der Rat tröstet: »Es ist ja nichts Endgültiges, dieses Urteil.«
    »Nein, natürlich nicht. Aber vorläufig sind
wir
die Geschlagenen.«
    »Man müßte sofort etwas tun, um die Haltung der Staatsanwaltschaft zu fixieren.«
    »Und das wäre?«
    »Wir marschieren schnurstracks zur Polizei und beschlagnahmen die Bauernschaftsfahne von neuem.«
    »Gut. Sehr gut. – Herr Assessor Meier, einen Augenblick, bitte! Wir haben vor, um unsere Stellung zu diesem Urteil darzulegen, das heißt, um erneute Zusammenstöße zu verhüten, sofort wieder die Bauernschaftsfahne zu beschlagnahmen.«
    »Ein Lichtblick«, strahlt Meier. »Das wird den Herrn
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