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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse
Autoren: Anne Sievers
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bissige Bemerkung. »Wir haben zusammen geweint, als Natascha sich den goldenen Schuß gesetzt hatte.«
    »Und danach hat er dir bei deiner Karriere geholfen.«
    »So, wie du das sagst, klingt es irgendwie, als wäre ich berechnend gewesen.«
    »Das sind wir doch alle.«
    »Wenn du es sagst. Es hat sich eben alles irgendwie ergeben. Ich saß zu der Zeit an meiner Promotion. Dann machte ich ein Jahr später mein Examen und brauchte einen Job. Er hat ihn mir gegeben.« Sie legte ihr Schälmesser beiseite und blickte angestrengt zum Herd hinüber. »Ich... ich möchte eigentlich nicht mehr darüber sprechen.«
    »Sprich, worüber du möchtest.«
    »Hm. Was gibt’s heute abend bei dir zu essen?«
    »Ich habe das Abendessen gerade auf ein Brett gefesselt, hast du’s vergessen?« Fabio stand auf und ging zum Herd. Das Wasser in dem Topf kochte sprudelnd. Er nahm das Brett mit der Languste und schob es schnell bis zum Griff in das kochende Wasser. Johanna schaute rasch zur Seite. Fabio registrierte es amüsiert. »Du kannst wieder hinsehen. Sie ist absolut und unwiderruflich tot.«
    Sie stand auf. Ihr Gesicht war weiß.
    Er erschrak. »Johanna?«
    Sie schüttelte den Kopf, hielt sich an der Tischkante fest. »Verdammt. Ich hätte dir den Drink nicht geben dürfen!«
    »Schon gut. Es war das Wort.«
    Er wußte, welches Wort sie meinte. Und er wußte, daß sie jetzt nach oben in ihre Wohnung gehen und weinen würde. Sie war mit ihrer Beherrschung am Ende. Sie hatte den Zusammenbruch die ganze Zeit vor sich hergeschoben. Klingenberg war einer ihrer wenigen Freunde gewesen. Ein wirklich guter Freund, jemand, mit dem man reden konnte, Interessen teilte. Fabio hatte ihn nicht gekannt, obwohl er selbst einer von Johannas guten Freunden war. Er wünschte, er hätte ihn kennengelernt. Klingenberg mußte ein besonderer Mann gewesen sein. Johanna hatte ihm bedingungslos vertraut. Ihm selbst vertraute sie auch, aber er wußte, daß sich dieses Vertrauen nur bis zu einer bestimmten, unsichtbaren Grenze erstreckte. Dort, wo die Freundschaft aufhörte und überging in etwas Elementareres, endete auch ihr Vertrauen. Ihre Freundschaft war ihm viel wert, deshalb unterdrückte er in ihrer Gegenwart die biologischen Signale seines Körpers.
    »Bist du sicher, daß du jetzt raufgehen willst?«
    »Ganz sicher. Ich lege mich hin. Ich muß... mich ausruhen.«
    »Du solltest nicht allein sein.« Er zögerte. »Was ist mit deinem Mann?«
    »Leo? Der hat sich in irgendeiner Pension eingemietet. Er war wochenlang nicht da. Nein, stimmt gar nicht. Vor drei Tagen muß er hiergewesen sein. Der Modigliani ist weg. Er scheint zur Zeit einen kleinen... Engpaß zu haben.«
    Fabio behielt die Erwiderung, die ihm zu diesem Thema auf der Zunge lag, für sich. Johanna hatte andere Sorgen.
    »Wenn du mich brauchst...«
    »Ich weiß«, sagte sie erschöpft. Sie zog die Schürze aus und gab sie ihm.
    »Kommst du heute abend zum Essen?«
    »Mal sehen. Ich weiß noch nicht. Ich sollte es nicht zu oft tun. Deine Freundinnen könnten auf falsche Gedanken kommen.«
    »Du bist meine Freundin.«
    »Was ist mit der rothaarigen Walküre, die du dir letzten Monat ins Bett geholt hast?«
    Er grinste schief. »Ich weiß nicht, ob das noch lange gutgeht. Sie schnarcht ziemlich laut.«
    »Dabei oder hinterher?«
    Er lachte und gab ihr einen Nasenstüber. Sie hielt sein Handgelenk fest und drückte es kurz. »Ich danke dir, Fabio. Bis dann.« Er nickte und sah ihr nach, als sie die Küche verließ.
    Johanna benutzte den Durchgang zum Restaurant, mit dem die Küche durch einen kurzen Gang verbunden war. Sie durchquerte den Gastraum, der mit antiken Bauernmöbeln aus den Abruzzen eingerichtet war. Die Vormittagssonne fiel durch die Fenster, malte helle Kringel auf das polierte Holz der Tische und die ziegelroten Steinfliesen des Fußbodens. Vom Restaurant aus führte eine weitere Tür in den Eingangsbereich des Gebäudes, wo sich das Treppenhaus und die Aufzüge befanden. Johanna ging normalerweise die sechs Stockwerke zu Fuß, doch jetzt war ihr nicht danach. Sie drückte den Rufknopf für einen der beiden Aufzüge. In der Kabine lehnte sie sich gegen die Wand und starrte auf ihre Füße. Sie fühlte ein schmerzhaftes Kratzen im Hals und in der Nase, aber noch weinte sie nicht.
    Die klimagekühlte Luft des Penthouse strich über ihre bloßen Beine, als sie die Wohnungstür aufschloß. Sie schleuderte die Pumps von den Füßen, zog sich das verschwitzte Kleid aus und warf es
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