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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman
Autoren: Kurt Geisler
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nirgends, Geschäftsmann eben.‹ Immerhin war er nicht auf die Einwohner angewiesen, denn die Hamburger rissen sich bei schönem Wetter bereits morgens um die Sonnenplätze auf der Terrasse. Sein schwarzer Jeep trug eine Berliner Nummer, aber am Stammtisch vermutete man, dass das Fahrzeug einer Bank gehöre, denn die modernen Geschäftsleute schienen nur noch auf Pump zu leben. Hein selbst hatte nur eine Handynummer von Achim, aber wichtiger war ihm, dass er seinen Verdienst pünktlich übergeben bekam. Er würde ihn nachher einfach mal ausfragen.

     
    Geschrei drang zu ihm hoch und unterbrach seine Gedanken. Jemand unter ihm schien sich mächtig aufzuregen. Das konnte Hein ziemlich schnuppe sein, denn er musste jetzt die Außentreppe von Sand und Tang befreien, um die Arche anschließend gründlich von unten zu inspizieren. Er ließ heißes Wasser in einen Eimer laufen, holte den Schrubber und machte sich auf den Weg zur Treppe. Beim Blick aus dem Fenster bemerkte er ein Polizeifahrzeug, das vom Parkplatz der Badestelle Ording mit Blaulicht und in hohem Tempo auf die Arche Noah zugerast kam. Er trat auf die oberste Stufe und entdeckte außerdem vier Personen, die ihm aus einigem Abstand etwas zuriefen und mit wilden Gesten auf das untere Ende der Treppe wiesen. Hein stieg vorsichtig einige Stufen weiter hinunter, was bei den vielen Sandbuckeln, die die Flut auf die Stufen geworfen hatte, nicht einfach war. Endlich sah auch er unterhalb der Treppe, was die anderen erregte: ein nackter Toter, gefesselt auf einer Holzpalette, die mit einem längeren Seil an der Treppe festgebunden war. Das geschundene Opfer lag in unnatürlich steifer Haltung auf der Palette, seine Mundöffnung war mit Textilband verklebt. Ein wenig Blut hatte sich von der Palette auf den darunterliegenden festen Sand verteilt.

    Hein begann zu schwanken, wie immer, wenn er Blut sah. Einen Fisch zu zerlegen, das machte ihm nichts aus. Kopf abtrennen, Bauch aufschlitzen, Gedärme und Adern herausnehmen, dabei hatte er Spaß am sauberen Handwerk. Aber wenn es Menschen an den Kragen ging, konnte er nicht hinsehen. Die seltsamen Geräusche von heute Nacht, das musste der Mann gewesen sein. Er musste von den Wellenbergen der zunehmenden Flut immer heftiger gegen den Boden der Arche geschlagen worden sein. Er könnte noch gelebt haben, daher hatte vielleicht das Wimmern gestammt. Aber vielleicht war es auch nur das Ächzen des Holzes gewesen. Er würde es kaum erfahren, denn den Mund würde der Tote nicht mehr aufmachen. Was für ein grausames Ende.
    Dann stoppte auch schon der Polizeiwagen, und zwei Polizisten stürmten der Arche entgegen. Stumm wies Hein auf den erschütternden Anblick unter der Treppe. Ein Polizist rannte sofort zurück zum Fahrzeug, um kurz zu telefonieren. Wenig später erschien er wieder mit einer Kamera in der Hand und schoss mehrere Fotos von dem Toten, bei dem nur noch grobe Gesichtsumrisse und Oberkörperstrukturen auszumachen waren, abgesehen von den hervorstehenden Brustrippen. Dann eilte er ein zweites Mal zum Fahrzeug und deckte die Leiche endlich mit einer Aluminiumfolie ab. Der andere Polizist bat die entsetzten Strandgänger, aus dem Sichtbereich hinter das Polizeifahrzeug zurückzutreten, und sperrte das Gelände um die Arche mit dünnen Stäben und Plastikband weiträumig ab. Hein ging einige Schritte die Treppe hinauf und wählte Achims Nummer, aber eine forsche Damenstimme belehrte ihn zweisprachig, dass der Gesprächsteilnehmer vorübergehend nicht erreichbar sei. Vermutlich hatte er nach dem beruhigenden Gespräch von vorhin das Gerät abgeschaltet.
    Der Polizist am Einsatzfahrzeug begann, die Personalien der Passanten aufzunehmen. Sein Kollege dagegen kam die Treppe hochgestiefelt.
    »Sind Sie der Pächter?«
    Hein Timm verneinte, doch die Frage beruhigte ihn, weil sie für kurze Zeit von dem grausamen Bild unter der Treppe ablenkte. Er machte alle Angaben, zu denen er fähig war. Auch das mit dem Klopfen und Ächzen berichtete er, immerhin konnte das noch wichtig für die Aufklärung des Verbrechens sein.
    Hein hoffte inständig, dass Achim bald kommen würde. Er musste einfach mit jemandem reden, den er kannte. Achim würde sicherlich geschockt sein, denn wenn die Polizei das Gelände um die Arche herum absperrte, dann war das für ihn eine wirtschaftliche Katastrophe. Wer wusste schon, wie lange die Sperre andauern würde? Achim jammerte in den letzten Tagen sowieso viel über die Folgen der Finanzkrise. Ja, ja,
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