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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising
Autoren: Glen Duncan
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verrückt.
    »Wie können Sie so etwas tun?«, fragte sie, ohne genau zu wissen, was sie meinte. »Ich meine, Sie sind doch schwanger, verdammt.«
    Ich hatte gedacht, sie würde sagen: Ich meine, Sie sind doch eine Frau , verdammt.
    Eigentlich war ich keine Frau, aber selbst ich, das schmutzige, verdorbene kleine Mädchen, das ich war, hatte mich gefragt, ob der Fluch nicht eine Gelegenheit war, der Schwesternschaft verspätete Hilfe anzubieten, indem ich mir nur männliche Opfer suchte. Arschlöcher, wann immer möglich. Aber Wolf hatte einen aggressiv allumfassenden Geschmack, forderte das Gute, das Schlechte, das Hässliche, das Schöne – und alles dazwischen. Jake hatte es ebenfalls mit einer strikten Diät der Bösewichter versucht (er hatte mal fünf Mörder hintereinander gefressen), aber das Ungeheuer hatte zurückgeschlagen und ihn als Reaktion darauf zu einer Reihe von Unschuldigen gezwungen. »Wolf hat den Hunger Gottes, Lu«, hatte er gesagt. »Oder den der Literatur. Er will die ganze menschliche Bandbreite, von den Heiligen bis zu den Irren. Glaub mir, der Mistköter wird es nicht dulden, wenn du versuchst, an der Waagschale zu manipulieren.« Jake hatte einen Sinn für sinistre Komik. Die war sein modus operandi – wenn auch nicht ausschließlich. Er brauchte auch einen Sinn. Die Überlebensausrüstung des Werwolfs, sinistre Komik und ein Ziel. Einhundertsiebenundsechzig Jahre lang war sein Sinn die Buße gewesen. Dann hatte er mich kennengelernt – und das Ziel war die Liebe.
    »Haben Sie mich gehört?«, fragte Kaitlyn.
    Ich streckte mich, wischte mir den Mund ab und wartete darauf, dass die Übelkeit nachließ. »Es ist bald vorbei«, beschwichtigte ich sie. »Ich bin nur gekommen, um zu schauen, ob du etwas brauchst. Er wird dir nachher etwas zu essen bringen.«

3
    Richard, mein Ex-Mann, hat mal gesagt: »Ich hasse diesen arroganten Blick, den eine Frau aufsetzt, wenn sie schwanger ist, so als ob ihre Möse nun einer höheren Bestimmung folgt.« So drückte er sich aus, wenn er jemanden beleidigen wollte, doch im Grunde wussten wir beide, dass er es auch so meinte. Ich hatte das selbst schon bei Schwangeren beobachtet, diesen neuen Schwerpunkt, diesen huldvollen Autismus. Und als man mir die Schwangerschaft ansah, hatte ich beobachtet, wie manche Menschen das auch an mir entdeckten: eine Frau, reich an oder dumm vor Gewissheit, die vor hirnverbrannter Autarkie nur so glühte. Selbst der Kummer kam nicht dagegen an. Ich konnte in einem Motel auf dem Badezimmerboden zusammengekrümmt liegen, das Gesicht verdreckt vor Tränen und Schnodder, weil mein idiotisches Herz nicht damit aufhören konnte, in die Leere zu greifen, wo Jake hätte sein sollen – doch ein Teil von mir blieb stets versiegelt, unangetastet, umschloss das neue Leben, das ich trug, wie ein Kraftfeld.
    Bis zu der Nacht, als ich Delilah Snow begegnete. Danach brach dieses Kraftfeld faktisch zusammen.

    Als ich mich nach oben in mein Zimmer geschleppt hatte, waren die Krämpfe so stark geworden, dass ich es nicht bis zum Bett schaffte. Mein Gesicht war eine neuralgische Landkarte. Mir klapperten die Zähne. Langsam ließ ich mich auf Hände, Knie und Stirn sinken. Der dünne Inupiat-Teppich roch angenehm nach Staub, Patschuli und Schimmel. Dank der Schmerzen hatte ich die einfachen Freuden wiederentdeckt, sich an allen möglichen Orten hinzulegen. Ich hörte, wie Cloquet unten die Waffen kontrollierte. Das tat er, um sich zu beruhigen. Im ganzen Haus hatten wir schwere Geschütze aufgefahren. Maschinengewehr im Wäschekorb. Flammenwerfer unter der Spüle. Armbrüste in den Schränken. Ein Dutzend Granaten. Unter meinem Kissen lagen vier Holzpflöcke und eine Glock. (Glocks, Colts, Springfields, Walthers, Tri-Stars, Magnums, Berettas. Bis zum Fluch war der Besitz einer Waffe für mich genauso unwahrscheinlich gewesen wie der Besitz eines Elefanten. Nun hätte ich ein Geschäft damit aufmachen können.)
    Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich ins angrenzende Zimmer gekrochen war und mir ein Bad einließ. (Ich hatte viel gebadet, weniger als physische Erleichterung denn als psychologischer Trost: Ein Bad erinnerte mich an meine Teenagerzeit, an das kleine weiße Badezimmer im zweiten Stock des Hauses in Park Slope, in das ich mich zurückzog und mich einweichte, las und brütete, Pläne schmiedete, meinen Körper betrachtete und mich befriedigte.) Mich auszuziehen war eine echte Herausforderung. Für einen kurzen Moment kniete ich
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