Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood
Autoren: Tom Wolfe
Vom Netzwerk:
»digitalisieren«, aus der knorrigen alten Umklammerung des Printgeschäfts befreien und in schlanke Onlinepublika tionen des einundzwanzigsten Jahrhunderts verwandeln wollte, einen »ruhigen Kurs steuern«. Der Subtext war: Sollten währenddessen die Straßenköter anfangen zu knurren, ihre Zähne fletschen und sich gegenseitig zerfleischen, hatte er die Vielfalt zu feiern und dafür zu sorgen, die Zähne wieder weiß zu waschen.
    Das war jetzt drei Jahre her. Da Ed aber nie richtig zugehört hatte, kapierte er nicht gleich. Drei Monate nach seiner Ernennung zum Chefredakteur brachte er Teil eins der Geschichte eines jungen risikofreudigen Reporters über das geheimnisvolle Verschwinden von $940 000, die die Bundesregierung einer Anti-Castro-Organisation in Miami zugewiesen hatte, um damit störungsfreie TV -Übertragungen nach Kuba zu ermöglichen. Nicht eine einzige Tatsache in der Geschichte wurde jemals widerlegt oder auch nur ernsthaft angezweifelt. Dennoch erhob sich ein derartiges Geheul aus der »kubanischen Gemeinde« — was man sich auch immer darunter vorstellen mochte — dass es Ed bis in die kleinen Zehen durchrüttelte. Die Reaktion der »kubanischen Gemeinde« sprengte alle Kapazitäten: Der E-Mail-Server, die Website, die Telefonleitungen und sogar die Faxanschlüsse in den Büros des Herald und des Loop Syndicate in Chicago brachen angesichts der Überlastung zusammen. Vor dem Gebäude des Herald formierte sich Tag für Tag ein brüllender, Parolen skandierender, buhender Mob, der Schilder trug, die Meinungsäußerungen zierten wie: alle roten Ratten ausrotten … herald: Fidel, si! patriotismo, no! … boykottiert el habana herald … el miami hemorroides … miami herald: Castros Hure … Ein ununterbrochenes Sperrfeuer aus Beleidigungen in Fernsehen und Radio brandmarkte den neuen Eigentümer des Herald, das Loop Syndicate, als bösartigen »linksextremen Virus.« Unter den neuen Kommissaren sei der Herald zu einem Nest unverhohlen »radikaler Linksintellektueller« geworden, und der neue Chefredakteur Edward T. Topping IV sei ein »Mitläufer und nützlicher Idiot Castros«. Blogger identifizierten den risikofreudigen jungen Mann, der die Geschichte geschrieben hatte, als »leidenschaftlichen Kommunisten«. Überall in Hialeah und Little Havana tauchten Flugblätter und Plakate mit seinem Foto auf. Darüber die Zeile, gesucht wegen Verrats , darunter seine Adresse, seine Festnetz- und Handynummern. Auf ihn, seine Frau und seine drei Kinder wurde ein Maschinengewehrfeuer an Morddrohungen eröffnet. In der Antwort des Loop Syndicate wurde Ed — wenn man zwischen den Zeilen lesen konnte — als rückständiger Idiot dargestellt. Das Syndicate strich Teil zwei und drei der Serie und wies den Idioten an, jegliche Berichterstattung über Anti-Castro-Gruppen einzustellen, solange gegen sie keine formelle Anklage vorliege wegen Mordes, Brandstiftung oder eines vorsätzlichen Angriffs mit einer Schusswaffe, der schwere Verletzungen verursacht hatte. Außerdem maulte das Syndicate, weil es den jungen Reporter und seine Familie — fünf Personen — für sechs Wochen auf seine Kosten an einem geheimen Ort unterbringen und obendrein noch für Bodyguards bezahlen musste.
    Und so landete Edward T. Topping IV mit einer Untertasse vom Mars mitten in einer Straßenprügelei.
    Inzwischen steuerte Mac den Green Elf bis zum Ende der Fahrspur und bog in die nächste ein. »Oh, du …«, rief sie aus und hielt inne, weil sie nicht genau wusste, wie sie den Übeltäter direkt vor ihr beschimpfen sollte. Sie klebte am Kofferraum eines großen Mercedes, möglicherweise ein Maybach, dessen edles europäisches Hellbraun in dem kränklichen elektrischen Zwielicht glänzte. Er rollte langsam an den parkenden Wagen vorbei und suchte nach einem freien Platz. Wenn einer auftauchte, dann würde der Mercedes ihn vor ihnen kriegen.
    Mac bremste ab und vergrößerte den Abstand zu dem Wagen. Genau in diesem Augenblick hörten sie, dass ein anderer Wagen wie wahnsinnig beschleunigte. Nach dem Geräusch der quietschenden Reifen zu urteilen, schleuderte der Wagen in höllischem Tempo durch die 180-Grad-Kehre von der einen in die nächste Fahrspur. Jetzt raste der Fahrer von hinten in rücksichtslosem Tempo auf sie zu. Das Scheinwerferlicht flutete das Innere des Green Elf. »So ein Vollidiot «, sagte Mac laut. Sie kreischte fast.
    Sie und Ed machten sich schon auf den drohenden Aufprall gefasst, als der Fahrer in letzter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher