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Baccara Collection 186

Baccara Collection 186

Titel: Baccara Collection 186
Autoren: Suzanna Simms , Patricia Thayer , Meg Lacey
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darauf bestanden, in den ältesten Flügel des Stratford zu ziehen. Sie hatte sich freiwillig die einstige Wohnung ihrer Urgroßeltern ausgesucht.
    Und sie schlief in demselben Schlafzimmer wie damals als Kind bei ihren Besuchen in Chicago. Alle drei Jahre hatte sie ihre Urgroßeltern besucht.
    Als Kind hatte sie jedoch wesentlich besser geschlafen als heute mit dreißig Jahren. Jetzt hörte sie jede durchdringend heulende Sirene der Krankenwagen, die an dem Hotel vorbei zum nahe gelegenen Krankenhaus rasten.
    Es hat keinen Sinn, über verschüttete Milch zu klagen, hatte ihr Urgroßvater immer gesagt. Jetzt war es zu spät. Die Milch war verschüttet. Desiree lag in den ersten Stunden des neuen Tages hellwach in ihrem Bett.
    Sie drehte sich auf den Rücken und blickte zur Decke hinauf. Durch die Fenster fiel gerade so viel Licht ins Schlafzimmer, dass sie das Deckengemälde erkennen konnte. Vor Jahrzehnten hatte es ein erfolgloser, aber sehr talentierter Künstler geschaffen.
    Im Laufe der Zeit waren die Farben leicht verblasst. Staub und Schmutz hatten sich unweigerlich darauf abgesetzt. Trotzdem erahnte man noch die großartige Darstellung des Himmels - Sonne, Mond, Sterne, Planeten, Wolken und Sternbilder.
    Die Bilder mochten verblasst sein, nicht jedoch Desirees Erinnerungen …
    „Ich habe Angst vor der Dunkelheit, Urgroßvater”, gestand sie, als er sie eines Abends ins Bett brachte.
    „Aber nur in der Dunkelheit können wir zum Himmel hochblicken und die vielen Sterne sehen” , erwiderte er.
    Daran hatte sie bisher noch nie gedacht. „Wie viele Sterne gibt es denn am Himmel?” fragte die Achtjährige wissbegierig.
    „Tausende, sogar Millionen” , erwiderte ihr Urgroßvater und setzte sich in den lederbezogenen Ohrensessel, der schon immer neben dem Gästebett gestanden hatte.
    „Kann ich sie zählen?”
    „Natürlich kannst du das. Du kannst alles, wenn du nur willst, absolut alles. Vergiss das nie, Desiree.”
    Daraufhin blickte sie zu dem Deckengemälde. „Aber da oben sind ganz viele Sterne, Urgroßvater.”
    „Keine Angst, mein Kind, wir zählen sie gemeinsam.”
    Danach zählten sie und ihr Urgroßvater die Sterne, sie ganz leise und er mit seiner kräftigen und wohlklingenden Stimme, bis sie die Augen nicht mehr offen halten konnte, auch wenn sie noch so sehr dagegen ankämpfte. Abend für Abend schlief sie zum Klang seiner Stimme ein und träumte von Orten, an denen sie noch nie gewesen war, und von Dingen, die sie noch nie gesehen hatte.
    Das Gästezimmer schien auch einem Traum entsprungen zu sein, und daran hatte sich im Laufe der Jahre bis heute nichts Grundlegendes geändert. Die Möbel stammten aus der Gegend von Jodhpur in Indien.
    Sie waren zierlich geschnitzt und hatten kunstvolle Einlegearbeiten aus seltenen Hölzern. Über dem Sekretär hingen Bilder von Elefanten, die ihre Rüssel majestätisch zum Himmel erhoben, umringt von munter spielenden Affen und bunt gefiederten Vögeln auf den Zweigen. Königskobras, einige aufgerichtet, andere zusammengerollt, waren zu sehen, tödlich und doch von vielen Indern als Götter verehrt.
    Über dem Kamin hing ein großes Gemälde. Es zeigte einen wilden bengalischen Tiger, der von einer königlichen Jagdgesellschaft verfolgt wurde. An der gegenüberliegenden Wand stellte ein aus dem siebzehnten Jahrhundert stammender Wandteppich das Leben am Hofe eines Maharadschas dar.
    Schöne Frauen, der herrliche Palast und unvorstellbare Schätze waren zu bestaunen.
    Auch die Wohnräume der Familie waren voll gestopft mit Andenken und persönlichen Gegenständen aus Indien. Desiree warf dort einen Blick in die Welt ihres Urgroßvaters - eine vergangene Welt, die unwiederbringlich verloren war. Wie hatte sie doch seine Geschichten über den indischen Subkontinent und die Zeiten genossen, in denen die Sonne im britischen Weltreich nie untergegangen war.
    In jenen Tagen hatte das Hotel Stratford Glanz und Stil besessen. Wenn Desiree allerdings kein leicht zu beeindruckendes Kind gewesen wäre, das in das Hotel vernarrt war, hätte sie vielleicht schon damals die ersten Verfallserscheinungen bemerkt.
    Mit acht Jahren hatte sie nur gesehen, was sie auch wirklich sehen wollte. Sie hatte die elegant eingerichtete Hotelhalle geliebt, die auf Hochglanz polierten Verzierungen aus Messing, die Marmorfußböden, die Lüster aus Kristall hoch oben an der Decke, die großzügig geschwungene Freitreppe, den rot livrierten Portier und den überaus beeindruckenden
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