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Babettes Fest

Babettes Fest

Titel: Babettes Fest
Autoren: Tania Blixen
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Kommunarde. Und die Leute, Mesdames, die ich genannt habe, waren bös und grausam. Sie haben das Volk von Paris hungern lassen, sie haben die Armen unterdrückt und gekränkt. Gott sei Dank habe ich auf der Barrikade gestanden und habe für das Mannsvolk die Gewehre geladen.
Aber trotzdem, Mesdames, will ich nicht nach Paris zurück, wenn die Leute, von denen ich gesprochen habe, nicht mehr dort sind.»
Sie stand regungslos da, in Gedanken versunken.
«Sie müssen verstehen, Mesdames», sagte sie schließlich, «diese Leute gehörten zu mir, es waren meine Leute. Sie waren dazu erzogen und geübt, mit größerem Aufwand, als Sie, meine lieben Damen, auch nur begreifen und glauben können, dazu erzogen, daß sie verstehen konnten, was ich für eine Künstlerin bin. Ich konnte sie glücklich machen. Wenn ich mein Allerbestes gab, konnte ich sie vollkommen glücklich machen.»
Sie schwieg einen Augenblick.
«So war es auch mit Monsieur Papin», sagte sie.
«Mit Monsieur Papin?» fragte Philippa.
«Ja, mit Ihrem Monsieur Papin, Sie Arme!»
sagte Babette. «Er hat es mir selbst gesagt.
Für einen Künstler, hat er gesagt, ist es schrecklich und unerträglich, wenn er dazu ermutigt wird, nur sein Nächstbestes zu geben und dafür noch Beifall bekommt. Durch die ganze Welt, hat er gesagt, schallt unablässig der eine Schrei aus dem Herzen des Künstlers: Erlaubt mir doch, daß ich mein Äußerstes gebe!»
Philippa trat vollends auf Babette zu und umschlang sie mit ihren Armen. Der Leib der Köchin war anzufühlen wie ein steinernes Denkmal; aber sie selber zitterte und bebte vom Kopf bis zu den Füßen.
Eine Zeitlang fand sie keine Worte. Dann flüsterte sie: «Aber dies ist nicht das Ende. Ein Gefühl sagt mir, Babette, daß dies nicht das Ende ist. Im Paradies wirst du die große Künstlerin sein, als die Gott dich schuf. Und ein Entzücken», fügte sie hinzu, und die Tränen liefen ihr über die Wangen, «ein Entzücken, Babette, für die Engel!»

TANIA BLIXEN, eigentlich Karen Blixen-Finecke, wurde am 17. April 1885 in Rungstedlund bei Kopenhagen als Tochter des Hauptmanns und Schriftstellers Wilhelm Dinesen geboren. Nach dem Studium der Malerei in Kopenhagen, Paris und Rom heiratete sie 1914 ihren Cousin Baron Bror Blixen-Finecke. Das Ehepaar wanderte nach Kenia aus und betrieb, am Fuße der Ngongberge, eine Kaffeefarm. Nach ihrer Scheidung 1922 leitete Tania Blixen die Farm allein, bis sie 1931 durch die Weltwirtschaftskrise gezwungen wurde, die Plantage aufzugeben. Sie kehrte nach Dänemark zurück und lebte bis zu ihrem Tod am 7. September 1962 auf dem Familiensitz in Rungstedlund. Bereits in Afrika hatte Tania Blixen zu schreiben begonnen. 1934 erschien in England unter dem Pseudonym Isak Dinesen ihr erster Band mit Erzählungen: «Seven Gothic Tales» («Sieben phantastische Geschichten»; deutsch 1937) Das Erstlingswerk weist in Thematik und Stil auf ihre späteren Erzählungen voraus. Immer wieder erzählt sie von unerhörten Begebenheiten, von großen Leidenschaften und großen Katastrophen, in einer Sprache, die sowohl die Abkehr von dem oft bedrückenden Alltag als auch die ironische Distanz der Autorin zu dem Erzählten erkennen läßt.
Ihre Erinnerungen an die Jahre in Afrika veröffentlichte sie 1937 unter dem Titel «Out of Africa» («Afrika –dunkel lockende Welt»; deutsch 1938). Mit diesem Buch, das heute als moderner Klassiker gilt und 1985 von Sydney Pollack unter dem Titel «Jenseits von Afrika» verfilmt wurde, erzielte Tania Blixen im englischsprachigen Raum ihren ersten großen Erfolg. 1942 folgte mit «Winter’s Tales» («Wintergeschichten»; deutsch 1985) ein weiterer Band mit Erzählungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg unternahm die Autorin ausgedehnte Reisen nach Paris, Rom, London und in die USA. In jener Zeit erschienen die «Last Tales» (1957; «Letzte Erzählungen», deutsch 1959) und der Band «Anecdotes of Destiny» (1958; «Schicksalsanekdoten», deutsch 1960), in den auch die Erzählung «Babettes Fest» aufgenommen wurde. In «Shadows on the Grass» (1960; «Schatten wandern übers Gras», deutsch 1961) erinnert sie noch einmal an ihre afrikanischen Jahre. Es war ihr letztes zu Lebzeiten veröffentlichtes Buch.
Ernest Hemingway bekannte 1954, als ihm der Nobelpreis verliehen wurde, daß diese Auszeichnung eigentlich Tania Blixen gebühre. Dies zeigt, welche Bewunderung das Werk der Autorin erfuhr, das der zeitgenössischen sozialkritischen Literatur Dänemarks entgegenstand:
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