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Azazel

Titel: Azazel
Autoren: Isaac Asimov
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verfügen.«
    Ich fühlte mich zusammengestaucht. »Pardon.«
    Er machte mit der Hand eine ausholende Geste der Vergebung und bestellte ein weiteres Glas Wein. »Sweyn Bitterknut war fasziniert von jungen Frauen, ein Charakterzug, den alle Bitternuts geerbt haben, und er war höchst erfolgreich bei ihnen, möchte ich hinzufügen, wie wir alle. Es ist glaubhaft belegt, daß manch eine Frau nach einem Zusammentreffen mit ihm bewundernd den Kopf schüttelte und sagte: >Oh, das ist vielleicht ein Sweyn. < Außerdem war er ein Erzmagus.« Nach einer Pause fuhr er unvermittelt fort: »Wissen Sie, was ein Erzmagus ist?«
    »Nein«, log ich, da ich nicht abermals so offensichtlich mit meinem Wissen protzen wollte. »Sagen Sie es mir.«
    »Ein Erzmagus ist ein Meistermagier«, sagte George unter einem Stoßseufzer, der einen dezidiert erleichterten Unterton hatte. »Sweyn studierte die geheimen und magischen Künste. Damals konnte man das noch ganz ungestört, da die häßliche moderne Skepsis noch nicht Fuß gefaßt hatte. Es war sein erklärtes Ziel, Mittel und Wege zu finden, wie er junge Hofdamen zu jenem willigen und zärtlichen Verhalten bewegen konnte, das die Krone der Weiblichkeit darstellt, und allem Zänkischen und Arglistigen zu entsagen.«
    »Aha«, sagte ich verständnisvoll.
    »Zu diesem Behufe brauchte er Dämonen und vervollkommnete Methoden, sie zu beschwören, indem er gewisse Kräuter verbrannte und gewisse halb vergessene Namen der Macht riet.«
    »Und hat es funktioniert, Mr. Bitternut?«
    »Bitte nennen Sie mich George. Natürlich hat es funktioniert. Er ließ Dämonen in ganzen Kadern und Heerscharen für sich arbeiten, da, wie er sich häufig beschwerte, die Frauen seiner Zeit dickköpfige und undankbare Wesen waren, die seine Bemerkung, wonach er der Enkel eines Königs sei, stets mit garstigen Hinweisen auf die wahre Natur dieser Abstammung quittierten. Aber sobald ein Dämon sein Ding durchgezogen hatte, sahen sie ein, daß ein leibhaftiger Sohn seine leibhaftigen Vorzüge hatte.«
    »Sind Sie sicher, daß dem so ist, George?« fragte ich.
    »Ganz sicher, denn vergangenen Sommer entdeckte ich dieses Zauberbuch zur Beschwörung von Dämonen. Ich fand es in einer alten englischen Burg, die inzwischen verfallen ist, einst aber meiner Familie gehörte. Alle notwendigen Kräuter waren aufgelistet, die Art und Weise, wie man sie verbrennen muß, das Tempo, die Namen der Macht, die Beschwörungen. Alles. Es war auf Altenglisch verfaßt - Angelsächsisch, Sie wissen schon -, aber wie es der Zufall will, bin ich Linguist und -«
    Da überkam mich doch eine gelinde Skepsis. »Das ist nicht Ihr Ernst«, sagte ich.
    Er sah mich gekränkt an. »Wie kommen Sie darauf"? Fasle ich? Es war ein echtes Buch. Ich habe die Zaubersprüche selbst ausprobiert.«
    »Und haben einen Dämon heraufbeschworen?«
    »Ja, so ist es«, sagte er und zeigte vielsagend auf die Brusttasche seines Jacketts.
    »Da drinnen?«
    George berührte die Tasche und wollte schon nicken, als er mit den Fingern etwas zu spüren, oder besser gesagt, nicht zu spüren schien. Er blickte hinein.
    »Er ist fort«, sagte er enttäuscht. »Entmaterialisiert. -Aber deswegen kann man ihm wahrscheinlich keinen Vorwurf machen. Er war gestern abend bei mir, weil er neugierig auf diesen Con war. Ich gab ihm etwas Whiskey mit einer Pipette, und das gefiel ihm. Vielleicht gefiel es ihm etwas zu gut, denn er wollte in der Bar gegen den Kakadu im Käfig kämpfen und beschimpfte ihn mit ungezogenen Namen. Glücklicherweise schlief er ein, bevor der beleidigte Vogel zurückschlagen konnte. Heute morgen schien es ihm nicht so gut zu gehen, daher nehme ich an, er ist nach Hause gegangen, um sich zu erholen, wo immer das sein mag.«
    In mir regten sich gewisse Zweifel. Erwartete er wirklich, daß ich das alles glaubte? »Wollen Sie mir etwa sagen, Sie hatten einen Dämon in der Brusttasche?«
    »Ihre schnelle Auffassungsgabe«, sagte George, »ist erstaunlich.«
    »Wie groß war er?«
    »Zwei Zentimeter.«
    »Aber das ist nicht mal ein Zoll.«
    »Sehr richtig. Ein Zoll sind 2,54 Zentimeter.«
    »Ich meine, was für ein Dämon ist denn zwei Zentimeter groß?«
    »Ein kleiner«, antwortete George, »aber wie schon das alte Sprichwort sagt: Lieber einen kleinen Dämon in der Hand als einen großen Dämon auf dem Dach.«
    »Kommt ganz auf seine Stimmung an.«
    »Oh, Azazel - das ist sein Name - ist ein freundlicher Dämon. Ich vermute, seine eingeborenen Brüder und
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