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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen
Autoren: Katrin Koppold
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Fahrzeug vor mir bremste plötzlich, in einer Ortschaft hatten sie über Nacht das Tempo 50- gegen ein Tempo 30-Schild ausgetauscht. Aber all das ändert nichts am Ergebnis: Der Führerschein blieb mir verwehrt. Nach dem dritten Durchfallen, so kursierte zumindest das Gerücht, musste man zu einem Idiotentest gehen. Ich hatte solche Angst davor, als zukünftige Akademikerin einen solchen Test zu absolvieren, dass ich nächtelang nicht schlafen konnte. Während der gesamten Prüfung zitterten meine Füße so stark, dass ich es kaum schaffte, das Gas- und das Bremspedal durchzutreten und das Auto bewegte sich nur stoßweise vor- und rückwärts. Ich sah mich im Geiste schon geometrische Figuren in die dazu passenden Löcher stecken, aber überraschenderweise drückte der Prüfer dieses Mal beide Augen zu und ich bekam meinen Führerschein trotzdem. Wahrscheinlich hatte mein Fahrlehrer ihn bestochen. Da er sich anscheinend sicher war, dass ich nicht versuchen würde, eine Kugel durch ein quadratisches Loch zu quetschen, hatte er wohl zu viel Angst davor, dass ich wiederkam.

    Fee hielt mich am Ärmel fest. „Bitte überleg es dir noch einmal!“
    „Ich kann es mir nicht noch einmal überlegen. Ich muss jetzt wissen, ob er ein Verhältnis mit dieser Angela hat oder nicht.“
    „Dann warte doch, bis er aus Italien zurück ist. Er will schließlich nur für ein verlängertes Wochenende bleiben. Oder ruf ihn an und fordere eine Erklärung für alles!“
    „Wie stellst du dir das vor? Soll ich das ganze Wochenende in meiner Wohnung bleiben und Däumchen drehen, während er sich mit seiner Geliebten vergnügt? Und glaubst du wirklich, dass er mir am Telefon die Wahrheit sagen wird? Bestimmt nicht. Ich muss mich vor Ort davon überzeugen, ob er mir untreu ist oder nicht.“
    „Aber du kannst jetzt nicht einfach wegfahren. Was ist mit deinem Seminar?“
    „Ich ruf im Büro an und sage, ich bin krank geworden. So etwas kommt vor.“
    „Und wie willst du Giuseppe in Italien überhaupt finden? Wenn er überhaupt in Italien ist. Er könnte auf dem Weg nach Paris sein.“
    „Er hat mir die Telefonnummer eines Hotels in Lucca gegeben.“
    „Aber Lucca ist groß und du hast überhaupt nichts zum Anziehen dabei und … noch nicht einmal eine Zahnbürste.“
    „Ich habe meine Kreditkarte dabei. Und Zahnbürsten gibt es in Italien auch. Und so groß kann die Stadt gar nicht sein. Ich werde mir einen Stadtplan kaufen.“
    „Helga, glaub’ mir“, Fees Stimme bekam einen leicht hysterischen Klang, „du bist dabei, eine riesengroße Dummheit zu begehen. Du bist die schlechteste Autofahrerin aller Zeiten. Ich flehe dich an, warte erst einmal ab!“
    „Ich habe keine Zeit mehr zu warten.“
    „Das ist Unsinn, Giuseppe ist in fünf Tagen wieder da. In fünf Tagen! Du wirst sehen, die Zeit vergeht wie im Flug. Ich lenke dich ab. Wir könnten ins Kino gehen. Oder in die Pinakothek der Moderne. Und morgen stehe ich auf der Gästeliste einer Shop-Eröffnung, zu der auch Florian David Fitz kommen soll. Ich könnte dich mitnehmen. Das New York-Projekt ist sowieso geplatzt.“
    „Fee, das Angebot mit Florian David Fitz ist wirklich sehr verlockend, aber ich bin 36 Jahre alt, ledig und wünsche mir mindestens vier Kinder. Selbst wenn ich zweimal Zwillinge bekomme, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ich dieses Ziel noch, bis ich 40 bin, erreiche. Glaub mir, ich habe keine Zeit mehr abzuwarten.“
    „Du redest Unsinn. Die Mutter von Sarah Connor hat mit 50 noch Zwillinge bekommen.“
    Ich sah meine Schwester nachsichtig an. „Ja, die Mutter von Sarah Connor … Aber ich … Weißt du eigentlich, dass eine Akademikerin um die 40 eine größere Chance hat, einem terroristischen Anschlag zum Opfer zu fallen als den Mann fürs Leben noch zu finden?“
    Fees Mundwinkel verzogen sich nach oben. „Von wem hast du das denn?“
    „Von unserer Mutter.“
    „Und woher hat die es? Aus der Bunten? Uuuuh …“ Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. „Eine höchst sichere Quelle.“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Woher sie es hat, ist doch egal. Aber du verstehst nicht, was ich sagen will: Wenn ich Kinder haben möchte, dann muss es bald sein. Wenn Giuseppe mich also betrügt, muss ich es jetzt wissen und nicht erst in ein paar Monaten.“
    „Selbst wenn er dich wirklich betrügt, was ich mir immer noch nicht vorstellen kann, würdest du einen anderen finden, egal, was irgendwelche Statistiken sagen. Du bist groß,
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