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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen
Autoren: Katrin Koppold
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dann an meine Schwester. „Felicitas. Ich habe gar nicht gehört, dass du gekommen bist.“ Obwohl er seit mittlerweile zehn Jahren in München lebte und fehlerfreies Deutsch sprach, hatte er immer noch diesen leicht singenden italienischen Akzent, den ich so sexy fand. Doch meine Schwester konnte er damit nicht beeindrucken.
    „Und? Wohin geht die Reise dieses Mal?“, fragte sie kühl.
    „Ich muss nach Lucca. Ein wichtiges Projekt, das sich kurzfristig ergeben hat. Leider!“ Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu uns.
    „Oh, da wird Helga aber traurig sein. Wo sie es sich doch schon seit ewigen Zeiten wünscht, einmal in die Toskana zu fahren! Du könntest sie mitnehmen!“
    Ich trat ihr unter dem Tisch gegen das Schienbein.
    „Das wäre wundervoll gewesen. Aber ich werde wahrscheinlich jede Sekunde arbeiten müssen.“ Giuseppe zuckte bedauernd mit den Schultern. „Außerdem muss Helga dieses Wochenende ein Seminar halten. Was ist noch einmal das Thema, Cara?“ Er legte seine Hand auf meine.
    „Argumentationstraining gegen Rechts.“ Ich zog meine Hand weg. Von wegen Cara … Seine eigentliche Cara wartete wahrscheinlich schon sehnsüchtig am Flughafen, um mit ihm zusammen zu einem Liebesurlaub nach Italien aufzubrechen. Und solange diese Sachlage nicht geklärt war, wünschte ich keine Zuneigungsbekundungen.
    Unten hupte es kurz. Ich begleitete Giuseppe zur Tür.
    „Ich rufe dich an“, sagte er und nahm mein Gesicht in beide Hände. „Wenn mir dieser isländische Vulkan keinen Strich durch die Rechnung macht, werde ich gegen halb sieben in Pisa sein.“
    „Im Moment sind nur Ziele im Norden gestrichen.“ Mit äußerster Anstrengung schaffte ich es, ihm in die Augen zu sehen.
    Giuseppe interpretierte meine Stimmung falsch, denn er zog mich noch einmal an sich. „Jetzt sei nicht traurig. Am Dienstag bin ich doch wieder da.“ Dann gab er mir einen Kuss auf den Mund und war auch schon verschwunden.

    „Warum hast du ihn nicht auf die SMS angesprochen?“, zischte Fee mir zu, kaum dass ich den Balkon wieder betreten hatte. „Dann hättest du gewusst, was es mit dieser Angela auf sich hat.“
    Ich lachte freudlos auf. „Wie naiv bist du? Glaubst du etwa, er sagt mir die Wahrheit, wenn er tatsächlich eine Affäre hat?“
    „Keine Ahnung. Aber wenn er gewusst hätte, dass du davon weißt, hätte es ihm zumindest das Wochenende verdorben.“ Sie sah mich ungeduldig an. „Und was willst du jetzt machen? Abwarten bis Dienstag und ihn dann auf die SMS ansprechen, ihn in Italien anrufen und eine Riesenszene machen oder die ganze Sache auf sich beruhen lassen?“
    Ich zuckte die Achseln. Trauriger Weise wahrscheinlich letzteres. Eine Riesenszene kam auf jeden Fall nicht in Frage. Im Gegensatz zu meiner Mutter und meinen Schwestern Fee und Mia war ich einfach nicht der Typ fürs Dramatische. Ich würde Giuseppe nie vor Wut, wie Fee es bei einem ihrer Freunde getan hatte, Kaffee ins Gesicht kippen. Schließlich könnte mir das Zeug das Parkett ruinieren. Und ich würde nie wie meine Schwester Mia Porzellan durch die Gegend schmeißen. Schließlich müsste ich dann nachher die Scherben wieder aufkehren und wenn ich nicht alle erwischte, könnte es passieren, dass ich mir an einem Splitter den Fuß aufritzte. Es war ein Jammer mit mir! Allzu oft war ich so mit den Folgen meiner Handlungen beschäftigt, dass es zu der eigentlichen Tat überhaupt nicht kam. Wie sollte ich nur das Wochenende überstehen?
    Ein tiefes, schwarzes Loch tat sich vor mir auf und ich sah, wie das Bild von mir, wie ich mit vier dunkelgelockten, kulleräugigen Kindern im Englischen Garten herumtollte, darin verschwand. Stattdessen stieg eine Luftblase auf, in der ich gestochen scharf Giuseppe erkennen konnte, wie er mit einem dunkelhaarigen Penelope Cruz-Verschnitt auf dem Bett lag und sie leidenschaftlich küsste.
    Wann hatte er mit mir in den letzten Wochen überhaupt geschlafen? Einmal hatten wir in den fünf Minuten zwischen Aufwachen und Aufstehen Sex gehabt. Aber das musste kurz vor Weihnachten gewesen sein, denn danach waren wir zur Münchner Freiheit gefahren und hatten einen Christbaum gekauft. Und nun war es Anfang April! Himmel! Das würde ja bedeuten, dass wir seit drei Monaten keinen Sex mehr hatten. Nein! Das konnte nicht sein. Dazwischen musste es noch mindestens vier bis fünf weitere Male gegeben haben. Oder vielleicht doch nicht?
    Und auf einmal war ich überhaupt nicht mehr verzweifelt, sondern nur noch
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