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Ausgeweidet (German Edition)

Ausgeweidet (German Edition)

Titel: Ausgeweidet (German Edition)
Autoren: Brigitte Lamberts , Annette Reiter
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gibt. Heute steht die Generalprobe für den morgigen Marlene-Dietrich-Abend an. Es fällt ihr schwer, sich nach der anstrengenden Verhandlung und dem sie erschütternden Freispruch ihres Ex-Mannes darauf zu konzentrieren. Doch bei einer Generalprobe kommen nicht nur Fans, sondern auch enge Freunde, und die kann sie heute gut gebrauchen. Danach ist sie mit ihrem Freund Pascal verabredet. Ihm gehört der Petit Salon. Sie muss ihm nichts erklären, er kann gut zuhören und hat selbst Schlimmes in seinem Leben erlebt. Das gibt ihr Kraft.
    Kaum steht Senta auf der kleinen Bühne, fällt alles von ihr ab. Groß gewachsen, schlank, mit auffallender Haarpracht und dem figurbetonten Abendkleid nimmt sie den ganzen Raum ein. Und doch ist es nicht allein ihre mondäne Ausstrahlung, die begeistert. Es ist auch, trotz ihrer 45 Jahre, etwas Kindliches, das durchschimmert, das ihr so viel Sympathien einbringt. Ihre klare Stimme, die natürliche Ausstrahlung und ihre Liebe zur Musik reißen die Gäste in dem glamourösen Varieté-Theater mit. Nach zwei Zugaben strahlt sie vor Glück über die gelungene Probe. Pascal kommt auf die Bühne, umarmt Senta überschwänglich und zaubert hinter seinem Rücken einen Strauß roter Rosen hervor. Dann ergreift er mit graziösen Bewegungen das Mikrofon, ist ganz Entertainer, bedankt sich charmant beim Publikum und wünscht allen noch einen angenehmen Abend an der Bar. Unter erneutem Applaus geleitet er Senta von der Bühne.
    »Du warst fantastisch. Die Gäste haben an deinen Lippen gehangen!« Pascal lächelt. »Aber jetzt lassen wir den Abend ungestört beim Cocktail ausklingen. Das Taxi steht schon vor der Tür.« Er umarmt sie nochmals, hilft ihr in den Mantel und begleitet sie zum Wagen.
    In der Bogletti-Bar werden sie vom Besitzer begrüßt, der Pascal sofort in ein Gespräch verwickelt. Senta kennt das schon. Zuerst muss ein bisschen Tratsch ausgetauscht werden. Doch dann nutzt Pascal geschickt die Ankunft eines weiteren Gastes, um sich aus den Fängen der Unterhaltung zu befreien. Schnell fasst er Senta an der Hand und steuert mit ihr zielstrebig auf eine Nische zu, wo sich die beiden in eines der tiefen Ledersofas fallen lassen.
    »Entschuldige, aber du kennst das ja.«
    Senta lacht. »Ihr Lästermäuler.«
    Pascal quittiert die Bemerkung mit einem beleidigten Gesichtsausdruck, der aber sofort in ein breites Grinsen übergeht.
    »Ach, ständig diese eifersüchtigen heterosexuellen Damen. Komm, Schatz, erst einmal einen Cocktail und dann entspannen.« Durchatmen kann man im Bogletti ausgezeichnet. Das Ambiente, in dunklen, warmen Brauntönen gehalten, liebevoll eingerichtet mit einem sicheren Händchen für Stil und mit angenehmer Hintergrundmusik, lässt die Anspannung wie von selbst verschwinden. Nachdem Senta einen ›Coconut Kiss‹ und Pascal einen Champagnercocktail vor sich stehen haben, sprechen sie über den Erfolg des heutigen Abends. Ausverkauft! Und das bei einer Generalprobe. Pascals Augen leuchten, während er Senta von seinen Plänen berichtet.
    »Silvester machen wir einen Operettenabend. Ach, das könnte man so schön inszenieren. Vielleicht lasse ich rote Rosen oder Sterne regnen.« Senta grinst. Pascal ist ganz in seinem Element. Er liebt Operetten.
    »Wie wäre es mit dem Rosenkavalier?« Er lacht laut auf. »Du als Maria Theresa Fürstin Werdenberg mit deinem siebzehnjährigen Geliebten im Schlafgemach. Und dann das ganze Durcheinander, erst kommt dein Vetter und stört euch«, Pascal kommen vor Lachen die Tränen, »und dann der morgendliche Empfang mit Bittstellern, Intriganten und was sich da sonst noch so in deinem Schlafgemach tummelt. Das wird die ganz große Bühne. Das wäre ganz große Show und würde nicht nur unserem Publikum von der Rethelstraße gefallen.« Er ist nicht zu bremsen.
    »Und natürlich die wunderschönen Roben. Ich bin sicher, dass uns Frau Sauter wieder mit ihrer Haute Couture unterstützen wird.«
    Senta malt sich bereits den ersten Akt aus. Sie lässt sich gern von Pascals kreativen Einfällen anstecken, da sind sie wirklich ein produktives Team.
    »Und dann die große Liebe mit allem, was dazugehört, mit Intrigen, Zweikämpfen, hingebungsvollen Küssen und einer Menge Tränen.« Pascal hat sich so in Rage gesprochen, dass er kaum noch Luft bekommt. Er nimmt einen Schluck Champagner, greift in die kleine Schale mit Erdnüssen und lässt sich in die Polster zurückfallen.
    Nach einer kleinen Weile fragt er leise:
    »Willst du von heute
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