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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Autoren: Andreas Eschbach
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stimmt heute mehr denn je. Die Finanzinstitute, die Banken, Investmentfonds und so weiter – unsere Kunden, mit einem Wort – halten eine unvergleichliche Macht in Händen. Es ist nicht die Macht der Gewehrläufe, es ist eine unblutige, subtile, aber um so wirkungsvollere Macht. Macht aber heißt auch: Verantwortung. Die Entscheidungen, die unsere Kunden treffen, beeinflussen das Leben von Millionen von Menschen. Viele dieser Entscheidungen beruhen auf Daten, die unsere Software liefert. Die Verantwortung dafür, dass diese Daten so genau und so wahrheitsgemäß wie nur irgend menschenmöglich sind – die liegt bei uns. Und was Ihr Projekt angeht, bei Ihnen. Seien Sie sich dessen bitte stets bewusst.« Er nickte mit seinem weitgehend kahlen, nur noch von wenigen weißen Haaren umflorten Schädel. »Ich danke Ihnen.«
    Der Seniorchef ging unter Beifall ab. Danach zerfiel die Stimmung von Empfang und Ankunft rasch. Halbleere Sektgläser wurden zurück auf die Tische gestellt, die belegten Brötchen, Käsespieße und Fleischbällchen hörten auf, lecker auszusehen, und schließlich hielt Markus es nicht länger aus. Geradeheraus fragte er, welches ihre Büros sein würden.
    »Oh«, sagte Young, ein Mann mit lavendelblauen Augen und einem Lächeln, das wie angeschraubt wirkte, »nicht hier.«
    Die Entwicklungsabteilung, erfuhr Markus zu seiner maßlosen Enttäuschung, befand sich nicht mehr im Lakeside and Rowe Building , sondern im Gebäude des technischen Service USA -Ost draußen in Pennsylvania, in einem Ort mit dem unwahrscheinlichen Namen Paradise Valley. Seit einem halben Jahr. Aus Kostengründen. Aber es sei schön dort, die Entwickler alle vollauf glücklich. Pocono Mountains, ein Traum. Und nur hundert Meilen von New York entfernt.
    »Hundert Meilen?«, hörte Markus sich wiederholen.
    »Ungefähr«, nickte der Leiter der Human Ressources . »Können auch ein paar mehr sein.«
    So ging es mit dem Aufzug wieder hinunter. Tatsächlich: Fast neben jedem Knopf prangte das Namensschild einer anderen Firma. Das war Markus auf der Fahrt hinauf entgangen. Lakeside and Rowe residierten nur noch in den obersten beiden Etagen.
    Als sie unten ins Freie traten, waren die Limousinen fort; stattdessen stand ein grauer Bus in der Auffahrt. Ein paar schwarze Bedienstete in blauen Overalls luden gerade ihre Koffer ein.
    »Die Mieten in New York sind sowieso unbezahlbar«, meinte der Italiener beim Einsteigen. Silvio hieß er, Silvio Damiano. Man merkte, dass er versuchte, sich seine Enttäuschung schönzureden. »Ich habe gehört, dass manche für eine Einzimmerwohnung mit Klo auf dem Flur so viel Miete bezahlen, wie eine Vierzimmerwohnung in Rom kostet. In Rom!«
    »Ja«, nickte Markus grimmig. »Aber das würden sie nicht machen, wenn sie es nicht geil fänden, in New York zu leben.«
    Silvio ließ sich in einen freien Doppelsitz fallen und schien nichts dagegen zu haben, dass Markus sich neben ihn setzte.
    »Paradise Valley«, sagte der magere Italiener. »Klingt wie: ›Ende der Welt‹.«
    Das Projekt bestand schlicht und einfach darin, LR - 8 , das neue Softwaresystem, das Ende des Jahres auf dem Markt eingeführt werden sollte, zu lokalisieren .
    Lokalisierung bedeutete, alle Programme so anzupassen, dass sie in dem jeweiligen Land einsetzbar waren. Das hieß zum Beispiel, dass in sämtlichen Eingabemasken, Menüs und Ausgabereports die entsprechenden deutschen, italienischen, französischen und so weiter Begriffe eingefügt werden mussten. Es war zu prüfen, dass die richtigen Datumsformate und Zahlendarstellungen verwendet wurden. Benutzerhandbücher und Hilfefunktionen waren zu übersetzen, Schulungsunterlagen zu erstellen und dergleichen mehr. Vor allem aber ging es darum, die Software an die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften anzupassen. Da in der Version 8 zahlreiche neue Module hinzukamen, war das der größte Teil der Aufgabe. Hierzu würden sie regelmäßig mit Juristen und Steuerfachleuten zu Hause kommunizieren, deren Auskünfte in Änderungswünsche umsetzen, mit den eigentlichen Entwicklern besprechen und schließlich das, was diese daraus machten, überprüfen. Alle Änderungen mussten in die jeweiligen Handbücher einfließen und selbstredend auch in die allgemeine Dokumentation.
    Die Lokalisierung eines Programms war eine verantwortungsvolle und aufwändige Arbeit, deren Qualität die Absatzchancen im jeweiligen Markt maßgeblich bestimmte. Es gehörte zu den Gepflogenheiten der Firma Lakeside and
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