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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben
Autoren: A Bracken
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Webrahmen kaufen.«
    »Niemals«, sagte ich. »Das ist mein Webrahmen, und ich will keinen anderen benutzen.«
    Dieser Webrahmen hatte mich begleitet, seit ich als kleines
Mädchen meiner Großmutter dabei zugesehen hatte, wie sie Geschichten in ihre Decken gewebt hatte. Er war ein Teil von mir, so vertraut wie das Gesicht meines Vaters. Er war immer mein Ausweg gewesen, sowohl aus der Dürre, als auch aus Kummer und Schmerz.
    Ich gab ihm den gelben Umhang zurück und beobachtete, wie er ihn drehte und wendete und meine Arbeit begutachtete.
    »Dein Vater hat nicht gelogen«, stellte er fest. »Aber nun kommt die eigentliche Bewährungsprobe.«
    Er warf den Umhang in die Luft, wo er einfach verschwand und dann, so unmöglich es auch schien, erfasste uns ein heftiger Windstoß. Er fuhr durch die im Zimmer hängenden Decken und blies mir die roten Locken ins Gesicht. Im nächsten Augenblick kam der Umhang vor dem Zauberer wieder zum Vorschein und schwebte sanft in seine Arme.
    North sah mich wieder an, und in seinen dunklen Augen lag eine Mischung aus Unglauben und Faszination. Die wenige Farbe, die sein Gesicht vorher gehabt hatte, war daraus gewichen, und seine Hände hatten den gelben Stoff so fest gepackt, dass ich befürchtete, er würde reißen. Er rührte sich nicht und sah aus, als atmete er kaum.
    »Du …«, begann er, seine Stimme tief und fassungslos. »Du bist wirklich …«
    Ich wartete darauf, dass er weiter sprach, aber die Worte kamen nicht, und sein Blick ließ den meinen nicht los.
    »Schlaf gut«, sagte ich schließlich und stand auf. »Lass es mich wissen, wenn du etwas brauchst. In der Ecke steht eine Schüssel, falls du dich vor dem Beten noch waschen willst.«
    »Das tue ich nicht«, antwortete er.
    »Was tust du nicht?«, fragte ich ungläubig. »Beten?«
    Er senkte den Blick.

    »Sydelle?«, sagte er, als ich das Zimmer gerade verlassen wollte. In der Hand hielt er noch immer den Umhang. »Ich weiß, du hast mit angehört, worüber ich mit deinem Vater gesprochen habe. Wenn du den Mut aufbringen kannst fortzugehen, dann musst du es bald tun. Bevor gewisse Dinge in Gang gesetzt werden.«
    »Der Krieg?« Die Worte wollten mir kaum über die Lippen. »Dann wird es wirklich Krieg geben?«
    »Er hat schon begonnen«, antwortete er. »Euer Dorf muss sich aufs Schlimmste vorbereiten. Saldorra ist Austers westlicher Verbündeter. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bevor sie euch erreichen.«
    »Astraea wird uns beschützen«, wandte ich ein. »Wir treiben doch Handel mit Saldorra, sie würden nie …«
    »Es wäre besser, wenn ihr euch selbst schützen könntet«, sagte er und blies die Kerze aus.
    Noch Stunden später, während ich mich unruhig auf der Decke im Zimmer meiner Eltern umherwälzte, gingen mir seine Worte durch den Kopf, bis ich mir sicher war, dass sie sich für immer dort eingebrannt hatten und mich jede Nacht bis in den Schlaf verfolgen würden. Es wäre besser, wenn ihr euch selbst schützen könntet.
    Ich lauschte dem Regen und grübelte.

Zweites Kapitel
    A ls die Glocken des Tempels in ungewohntem Rhythmus zu läuten begannen und meine Mutter laut anfing zu weinen, lag ich noch immer wach. Es kam tief aus ihrer Brust, so als wäre etwas in ihr zerbrochen.
    »Jetzt?«, klagte sie. » Jetzt ?«
    »Sydelle, aufstehen!«, befahl mein Vater und zerrte mich von meinem zerwühlten Lager. »Zieh dein Kleid und deine Stiefel an.«
    »Was ist los?«, fragte ich mit erstickter Stimme. Der Zauberer wartete in der Wohnstube und sah deutlich munterer aus als am Abend zuvor. In der Hand hatte er die Teile meines Webrahmens.
    Hektisch und mit einem verzweifelten Ausdruck in den Augen brachte meine Mutter mich in mein Zimmer und fing an, Kleider und Garnspulen in einen kleinen Lederbeutel zu packen.
    »Was ist denn los?«, rief ich verwirrt. »Sag mir doch endlich, was los ist!«
    Als meine Mutter mir den Beutel über die Schulter hängte, war ich mir sicher, ihre warmen Tränen auf meinem Hals zu spüren.
    »Sei tapfer«, sagte sie. »Ich weiß, dass du das schaffst.«
    Mein Vater erschien mit rotem Kopf in der Tür. »Schnell, du musst dich beeilen!«

    »Erst sagst du mir, was hier los ist!«, verlangte ich. »Sag es mir!«
    »Die Soldaten, die du im Canyon gesehen hast, sind hier«, hörte ich North aus dem anderen Zimmer sagen. »Ich muss gehen, und du wirst mit mir kommen.«
    »Ich habe Mr. North eine Belohnung dafür versprochen, dass er die Dürre beendet hat«, erklärte mein Vater,
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