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Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)

Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)

Titel: Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Autoren: Stan Carry
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Warschauer Flughafens. Ein Blick auf das
Uhrenzifferblatt verriet ihm, dass er in höchstens 20 Minuten in Warschau
landen würde.
    Von seiner Taschenuhr könnte er sich nie
trennen, sie stammte noch aus einer zaristischen Uhrenmanufaktur und wurde
innerhalb der Familie immer an die erstgeborenen Söhne weitervererbt. Aufgrund
ihrer Spindelhemmung war sie alles andere als eine genau gehende Uhr. Zu seinen
Gewohnheiten gehörte es deshalb, dieses alte Erbstück jeden Tag um 12.OO Uhr
mittags neu einzustellen. Mal musste er die Uhr einige Minuten zurückstellen,
das andere Mal hatte das gute Stück einige Minuten verloren und musste
vorgestellt werden. Er liebte es, dieses Ritual durchzuführen und die Uhr in
seinen Händen zu halten, dann fühlte er die lateinische Gravur in kyrillischer
Schrift von seinem Ururgroßvater auf der Rückseite des Sprungdeckels. Quidquid
agis, prudenter agas et respice finem was immer du tust, tue es klug und denke
ans Ende, hatte sein Ururgroßvater in den Sprungdeckel stechen lassen. Schukows
Handeln richtete sich stets an diesem Leitmotiv aus. Ja, er hatte es gleichsam
zu seinem Lebensprinzip erhoben und auch seine Familie darauf eingeschworen.
    Dieser sinnreiche Spruch des Altvorderen hatte
das alte Erbstück bei Schukow und den Seinen zu einer Leitreliquie werden
lassen. Die Taschenuhr war das einzige Erinnerungsstück, das Schukow von seinem
Vater geerbt hatte, der im großen vaterländischen Krieg gefallen war.
    Am 20. November 1942 wurde er am Don-Brückenkopf
in Kletskaja bei der Großoffensive unter Generalleutnant Rokossowski gegen die
Deutschen und deren Verbündete als junger Rotarmist tödlich verletzt. Schukow
kannte seinen Vater nur von einer Fotografie, die seine Mutter hütete wie ihren
eigenen Augapfel.
    Schukow alias Schüßler lehnte sich in seinem
Sitz zurück und versuchte, in bezug auf die bevorstehende Operation alle
möglichen Eventualitäten gedanklich zu erfassen, um notfalls
Lösungsmöglichkeiten parat zu haben. Er wusste, dass am Ende der Mission Tote
zurück bleiben würden, diese waren zwar nicht eingeplant, wurden aber billigend
in Kauf genommen. Die Frage nach Leben und Sterben stellte sich Schukow nicht.
Diese Frage verlor im gleichen Maße an Bedeutung und Gewicht, wie der Grad
seiner Dynamik, die er zur Rettung seines Vaterlandes einsetzen musste, wuchs.
Die Mission entsprach weder seiner Passion noch seiner Neigung vor Ort tätig zu
werden. Aber der Missionserfolg war wichtig, nur darauf kam es an.
    In der neuen Zeit war Schukow noch nicht
angekommen, er wähnte sich immer noch im Kalten Krieg. Nein, in diesem Leben
würde er auch nicht mehr ankommen. Die neue Ära der postkommunistischen Zeit
hatte er noch nicht in sich aufgenommen, geschweige, überhaupt realisiert.
    Dieses Fossil des Kalten Krieges war nach
Meinung gewisser einflussreicher Moskauer Kreise für diesen Job geradezu
prädestiniert.

Kapitel 2
     
    Warschau, Flughafen, Donnerstag, 12.01.1995, 11.35
Uhr
     
    Ein starkes Rumpeln erschütterte das Flugzeug,
die Maschine hatte aufgesetzt, sie war in Warschau gelandet. Den Gong sowie die
rotleuchtenden Piktogramme über den Sitzen „Anschnallen und das Rauchen
einstellen“, hatte Schukow alias Schüßler nicht wahrgenommen. Gedankenverloren
sinnierte er noch über die Lebensweisheit seines Ururgroßvaters nach, als er
die Uhrzeit auf dem Zifferblatt seiner Taschenuhr ablas und die Gravur fühlte.
Waren alle möglichen Szenarien berücksichtigt worden?
    Erst als einige Passagiere sich erhoben und
seine asthmatische Nachbarin links neben ihm, aufzustehen versuchte, merkte
Schüßler, dass er in Warschau angekommen war. Die beiden Armlehnen, hielten den
fülligen Leib der Frau wie in einem Schraubstock gefangen. Sie war im Sitz
eingezwängt und musste sich mit beiden Armen aus dem Sitz stemmen. Mit sehr
wenig Atem mühte sie sich schweißtriefend, das Handgepäck aus den oberen
Staufächern zu kramen.
    Die Pass- und Zollkontrolle waren völlig
unproblematisch. Er musste sein Gepäck beim Zoll öffnen. Mit Gesichtsausdrücken
des ständigen Argwohns kontrollierten die Beamten den Inhalt seines Gepäcks.
Ohne Beanstandungen winkten sie den deutschen Geschäftsmann durch. Der im
Koffergriff versteckte Doppellauf seines 38er Derringers sowie die anderen
zerlegten Teile der Waffe wurden wie die im Kofferfutter eingenähten
Geldbeträge und die anders lautenden Ausweispapiere nicht entdeckt. Zielstrebig
eilte Schüßler nun zu den
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