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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten
Autoren: Brian W. Aldiss
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nicht und ißt es?«
    Graubart warf die Tür wortlos hinter sich ins Schloß. Sie hörten seine schweren Schritte auf der Treppe.
    »Ihr glaubt doch nicht, daß er beleidigt ist, wie? Er wird mich deswegen doch nicht beim alten Mole melden?« fragte Sam besorgt. Die anderen brummten nur, und Towin kratzte sich die mageren Rippen; sie wollten nicht in Schwierigkeiten verwickelt werden.
     
    Graubart ging langsam die Mitte der Straße entlang und wich den Pfützen aus, die der Regen vor zwei Tagen hinterlassen hatte. Die meisten von Sparcots Gossen und Abflußrohren waren verstopft, aber die Hauptursache für das zögernde Abfließen des Wassers war der sumpfige Zustand des Landes. Irgendwo stromaufwärts blockierten Trümmer oder entwurzelte Bäume den Fluß und hatten bewirkt, daß er über die Ufer getreten war. Er mußte mit Mole sprechen; sie mußten eine Expedition hinschicken und sich die Sache ansehen. Aber Mole wurde immer zänkischer und rechthaberischer, und seine Politik des Isolationismus würde jedem Verlassen des Dorfes entgegenstehen.
    Er beschloß, am Ufer entlang zu gehen und danach den Bogen um die Siedlung zu schlagen. Er streifte an dem mächtig ausgebreiteten Zweigen eines kahlen Holunderstrauches vorbei und bekam den melancholisch-süßen Geruch des Flusses in die Nase.
    Mehrere der ufernahen Häuser waren abgebrannt, bevor er und seine Gefährten gekommen waren, um hier zu leben. Die leeren Schalen ihrer Mauern schienen in der kräftig wuchernden Vegetation zu versinken.
    Ein Stück weiter waren die Häuser vom Feuer verschont geblieben und bewohnt. Graubarts eigenes Haus stand hier. Er schaute in die Fenster, aber von seiner Frau Martha war nichts zu sehen; wahrscheinlich saß sie still am Kamin, eine Decke um die Schultern, starrte ins Feuer und sah – was? Eine kaum zu ertragende Ungeduld kam plötzlich über ihn. Diese Häuser waren ein armseliges altes Gewirr von Bauwerken, am Flußufer hingekauert wie flügellahme Krähen. Den meisten fehlten Schornsteine oder Dachrinnen; jedes Jahr zogen sie mit dem Absacken der Dachbalken ihre Schultern höher. Und die Bewohner fügten sich gut in diese Atmosphäre des Verfalls ein. Er tat es nicht, noch wollte er, daß seine Martha es tat.
    Er bremste seine Gedanken. Ärger war sinnlos. Er hatte eine Tugend daraus gemacht, nie ärgerlich zu sein. Aber er sehnte sich nach einer Freiheit jenseits der schmuddeligen Sicherheit, die Sparcot ihm bieten konnte.
    Hinter den Häusern kam Tobys Laden – ein neueres Gebäude und in besserem Zustand als die meisten anderen – und die Scheunen, nüchterne, wenig anmutige Zeugnisse der mangelnden Fertigkeit ihrer Erbauer. Hinter den Scheunen lagen die umgepflügten Felder; Wasserscherben glänzten zwischen den Furchen. Hinter den Feldern wucherte die Wildnis und markierte das östliche Ende von Sparcot. Und hinter Sparcot lag das riesige, geheimnisvolle Gebiet, das das Tal der Themse war.
    Nahe der Stelle, wo das Dickicht wieder zum Fluß vorstieß, ragte eine alte Ziegelbrücke mit eingestürztem Bogen drohend über die Wasserfläche. Ihre Reste erinnerten an die Hörner eines Widders, die mit dem Alter zusammenwachsen. Graubart betrachtete sie und das kleine Wehr dahinter – denn in dieser Richtung lag, was immer in diesen Tagen unter dem Namen Freiheit zu verstehen war – und wendete sich ab, um den lebenden Schutzwall entlang zu patrouillieren.
    Das Gewehr bequem in der Armbeuge, machte er seine Promenade. Er konnte bis zur anderen Seite der Lichtung hinübersehen; sie war verlassen, abgesehen von zwei Männern, die in der Ferne zwischen dem weidenden Vieh umhergingen, und einer gebeugten Gestalt bei den Grünkohlstauden. Er hatte die Welt beinahe für sich allein. Und mit jedem Jahr würde er sie mehr für sich allein haben.
    Er schob den Gedanken beiseite und begann sich auf das zu konzentrieren, was Sam Bulstow gemeldet hatte. Wahrscheinlich war es eine Erfindung, die ihm zwanzig Minuten von seinem Patrouillendienst ersparen sollte. Das Gerücht von den Schotten klang unglaubwürdig, allerdings nicht unglaubwürdiger als andere Geschichten, die ihnen von Reisenden erzählt worden waren, daß eine chinesische Armee auf London marschiere, oder daß man in den Wäldern Gnomen und Elfen und Männer mit Dachsgesichtern habe tanzen sehen. Unwissenheit und Aberglaube schienen von Jahr zu Jahr zu wachsen. Es wäre gut zu wissen, was wirklich geschah ...
    Weniger unwahrscheinlich als die Legende von den
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