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Auf Umwegen ins Herz

Auf Umwegen ins Herz

Titel: Auf Umwegen ins Herz
Autoren: Sarah Saxx
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blauen Augen sah, wussten wir beide, dass wir einander ergänzten. Wir waren zwei wandernde Seelen auf der Suche nacheinander, und in diesem Moment hatten wir uns gefunden. Sie war sozusagen meine zweite Hälfte, die ich brauchte wie die Luft zum Atmen. Würde ich auf Frauen stehen, wären wir womöglich längst ein glückliches Paar.

    Nach vierzig Minuten Dauerlauf schleifte ich mich komplett erledigt unter die Dusche. Ich stellte mich unter den heißen Strahl, schloss die Augen und bewegte mich nicht mehr.
    „Lust auf eine Runde shoppen?“ Isa streckte ihren Kopf von der Nebenkabine zu mir herüber, die Haare voll Shampoo, einen Nassrasierer unter ihrer Achsel.
    „Ich weiß auch nicht, irgendwie bin ich überhaupt nicht in Stimmung.“
    „Ach komm schon, lass dir jetzt von dem Jungen nicht den Tag vermiesen. Ich bin so froh, dass du die Geschichte mit Georg abgeschlossen hast, da brauchst du jetzt nicht wegen dem nächsten Idioten den Kopf in den Sand stecken. Lass uns Geld ausgeben“, zwinkerte sie mir zu.
    Ich konnte nicht anders, ich musste grinsen.
    Wenn jemand ordentlich shoppen konnte, dann Isa. Mit ihren sechsunddreißig Jahren hatte sie eine Figur wie eine Zwanzigjährige, und dementsprechend kleidete sie sich auch. Und ihr stand der Stil wirklich fabelhaft. Dass jedes Monatsende ihr Bankkonto zu ächzen begann, kümmerte sie wenig. Wurde es mit dem Geld knapp, aß sie weniger und trank mehr Tee. Isa schwor seit Jahren auf diese „Diät“.
    „Von dem Jungen ? Du weißt aber schon, dass Julian heute kein Teenager mehr ist, oder?“, versuchte ich noch ein weiteres Ablenkungsmanöver.
    „Klar, heute ist er kahlköpfig, mit Bierbauch und hat voll hässliche Knasttattoos.“
    Die Vorstellung ließ mich lauthals lachen. „Okay, du hast gewonnen. Wo soll’s zuerst hingehen?“

    Als ich mich völlig erledigt auf meine Couch fallen ließ, hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis. Ich streifte meine Schuhe ab und streckte alle viere von mir. Zum Glück hatte ich heute Morgen meine Ballerinas angezogen – mit High Heels wäre ich mit Sicherheit gestorben. Auch wenn die Liegeposition gerade äußerst bequem war, begann ich, meine Fußsohlen fest zu massieren. Denn zusätzlich zu meinen acht Kilometern am Laufband hatten wir geschätzte zehn in der Innenstadt zurückgelegt. Morgen würde ich mit Sicherheit einen gewaltigen Muskelkater haben.
    Isa versuchte mich während unseres Mittagssnacks beim Italiener zu überreden, mich mit ihr ins Nachtleben zu stürzen („Komm schon, heute ist Samstag, da muss man raus. Du kannst doch als Single nicht in deiner Wohnung versauern! Abgesehen davon musst du unbedingt das sexy Kleid ausführen, das du eben ergattert hast!“), aber ein kurzer Blick in mein finsteres Gesicht und ein leises knurrendes Gurgeln aus meiner Kehle genügten, sie davon zu überzeugen, dass das für mich heute definitiv nicht infrage kommen würde.
    Jedenfalls hatte ich dank Ausdauertraining und Shoppingmarathon ausreichend Kalorien verbrannt, um mich mit der restlichen Flasche Chardonnay und einer Packung Chips zu belohnen. Das Ganze in Kombination mit der dritten Staffel meiner Lieblingsserie würde dem Tag den krönenden Abschluss verleihen.
    Doch meistens kommt es anders, als man denkt, oder wie heißt es doch so schön? Ich hätte es einfach ignorieren sollen, doch das leise „Pling“ ließ meine Laune innerhalb einer Sekunde auf den Nullpunkt zurasen. Angestrengt versuchte ich, dem rhythmischen Blinken der kleinen LED keine Beachtung zu schenken. Aber es hätte ja sein können, dass mir einer meiner knapp zweihundert Facebook-Freunde eine wichtige Nachricht geschickt hatte.
    Klar …
    Wenn ich nur nicht von Natur aus so neugierig und ungeduldig wäre, dann hätte ich es geschafft, nicht sofort aufzuspringen und nach dem Smartphone zu greifen. Aber in der Hinsicht bin ich einfach unverbesserlich – wie ein kleines Kind, das auf das Christkind wartet.
    Verärgert über mich selbst, verdrehte ich die Augen. Dann atmete ich tief durch und löste die Tastensperre.
    Ich hätte nicht einmal nachsehen müssen, wer der Absender der Textnachricht war – mein Herzschlag und meine zittrigen Hände verrieten es mir, bevor ich seinen Namen las.

    Julian König:
    Autsch, das hat gesessen. Offensichtlich hab ich Dich weit mehr verletzt, als ich dachte. Ein Grund mehr, es wiedergutzumachen. Jana, bitte, gib mir diese letzte Chance. Ich möchte mich entschuldigen, während Du mir dabei in die Augen siehst,
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