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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren
Autoren: Jochen Till
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wohl schlecht ›Ich werd die Herzen aller Mädchen brechen‹ singen.«
    »Das ist kein Argument«, sagt Clarissa. »Ich könnte ja genauso gut die Herzen aller Jungen brechen.«
    »Kommt überhaupt nicht in die Tüte«, sage ich. »Der einzige Junge, dem du das Herz zu brechen hast, bin ja wohl ich.«
    »Du willst, dass ich dir das Herz breche?«, fragt Clarissa mit einem fiesen Lächeln auf den Lippen. »Kein Problem, dein Wunsch ist mir Befehl, dann mach ich eben Schluss.«
    »Danke, verzichte«, erwidere ich grinsend.
    »Das will ich dir auch geraten haben«, sagt sie und zwinkert mir zu.
    »Und was ist jetzt mit Zu spät?«, fragt Robbie. »Spielen wir das noch oder nicht? Ich meine, mir ist das grundsätzlich egal, müsst ihr entscheiden.«
    »Also ich würde sagen, wir lassen es weg und bringen Herzen aus Deutschland als Abschluss«, sagt Christopher. » Zu spät haben wir letztes Jahr im JUZE am Ende gespielt, das kennen die Leute schon von uns, das ist doch dann langweilig.«
    »Ja, das sehe ich auch so«, stimmt Clarissa ihm zu. »Aber ich finde, Herzen aus Deutschland müsste als kleiner Höhepunkt irgendwo mittendrin kommen. Das ist viel zu ernst fürs Ende, da muss was Witziges hin.«
    »Dann lasst uns doch Olaf zum Schluss spielen«, schlage ich vor. »Das kennen viele vom letzten Mal, und da haben die Leute auch schon beim zweiten Refrain gepogt und mitgegrölt.«
    »Spitzenidee«, sagt Steffen. » Olaf zum Schluss find ich gut, das passt. Oder, was meint ihr?«
    »Ja, das könnte funktionieren«, sagt Christopher.
    »Okay, macht Sinn, nichts dagegen«, stimmt Clarissa zu.
    »Von mir aus«, sagt Robbie und zuckt gleichgültig mit den Schultern.
    Na also, dann wäre das ja geklärt. Immer wieder ein gutes Gefühl, wenn einer meiner Vorschläge angenommen wird. Als Schlagzeuger habe ich sonst nicht viel mitzureden, wenn es um musikalische Entscheidungen geht. Ich kann nur Texte schreiben, keine Musik. Wenn die Jungs sich über irgendwelche Akkordfolgen und Gitarrengriffe unterhalten, verstehe ich grundsätzlich nur Bahnhof. Ich habe nie gelernt, Noten zu lesen, wozu auch? Das Schlagzeugspielen habe ich mir selbst beigebracht. Ein Mieter im Haus meiner Oma ließ bei seinem Auszug eine uralte Bassdrum, eine vergilbte Snare und ein schepperndes Hi-Hat im Keller zurück, damit fing ich an, mit zwölf. Kopfhörer auf, Anlage aufgedreht und versucht, Beatles -Lieder mitzuspielen. Für den Anfang genau das Richtige – Ringo Starr, der Schlagzeuger der Beatles, war nicht unbedingt ein Virtuose und die Songs sind einfach strukturiert.
    Von Geburtstag zu Geburtstag wurde mein Schlagzeug dann stetig größer und ich wagte mich an kompliziertere Sachen. Zwischendurch probierte ich es auch mal mit Schlagzeugunterricht, stellte aber sehr schnell fest, dass ich dafür zu ungeduldig war. Ich wollte Musik machen, mit anderen zusammen Songs zum Leben erwecken, eine Bühne und ein Publikum rocken, nicht einsam und allein stundenlang auf eine Snare eindreschen und mir dabei die Finger verknoten.
    Kurz darauf habe ich zum Glück Christopher kennengelernt, auf einem Konzert im JUZE , und wir wussten noch am selben Abend, dass wir eine Band gründen und irgendwann auch auf dieser Bühne stehen würden. Was letztes Jahr dann auch passiert ist. Und in knapp drei Wochen steht der nächste Auftritt an, auf der Abi-Party.
    Jawohl, ich habe mein Abi geschafft. Also, fast. Ich brauche in der mündlichen Prüfung nächste Woche nur zwei Punkte, das sollte zu schaffen sein, dann bin ich durch. Okay, ein bisschen Geschichte sollte ich dafür schon noch büffeln, um sicherzugehen, aber das kriege ich irgendwie hin. Jedenfalls wird das die beste Abi-Party aller Zeiten, so viel steht fest! Das ist ja noch mal etwas anderes als ein normales Konzert, bei dem man nie weiß, wie viele Leute kommen. Auf die Abi-Party kommt der komplette Jahrgang, das sind um die neunzig Leute, plus Anhang, also wahrscheinlich an die zweihundert.
    »Ein Ärzte -Lied sollten wir aber trotzdem einbauen«, sage ich. »Muss ja nicht Zu spät sein. Wie wär’s zum Beispiel mit dem Schunder-Song?«
    »Oder Schrei nach Liebe!«, schlägt Steffen enthusiastisch vor. »Das ist ein echter Kracher, da singen alle sofort mit!«
    »Oh ja, das ist super, das würde ich saugern singen!«, sagt Clarissa begeistert. »›Oh-ho-ho – Arschloch‹!«
    »Das müsste ich hinkriegen auf der Gitarre«, sagt Christopher. »Bis auf das Solo vielleicht. Hör ich mir gleich nachher
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