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Auf den Wogen des Glücks

Auf den Wogen des Glücks

Titel: Auf den Wogen des Glücks
Autoren: Kit Garland
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dieser Mann hatte noch nicht oft in seinem Leben eine Niederlage einstecken müssen. Wie ironisch, dass ausgerechnet eine Frau ihn bloßstellen würde. Drew genoss jetzt schon den süßen Sieg. »Mein Zwilling gehört zur Creme de la Creme der Schiffsdesigner in New York und behauptet, die Mischief sei das schnellste, hochseetauglichste Schiff auf allen Meeren.«
    Der Fremde erhob sich mit seinem nur bis zur Hälfte zugeknöpften Hemd und einer achtlos um den Hals gebundenen Krawatte, was Drew wieder ins Bewusstsein rief, wie unglaublich groß und mächtig dieser Typ war. Und das ohne Schuhe an den Füßen. In den Fängen seiner breiten Hand wirkte das Glas winzig. »Schon seltsam, dass sich Ihr Zwillingsbruder extra von New York aus auf den weiten Weg macht, um die Tauglichkeit seines Schiffes zu beweisen. In New York scheint es mit den Verträgen wohl nicht ganz zu klappen, oder irre ich mich da?«
    Auf den Gedanken war Drew bis dato noch gar nicht gekommen, denn Dominique versagte eigentlich nie. Und was auch immer sie dazu bewegt hatte, ihm diesen Brief zu schicken und nach Cowes zu reisen, geschah unweigerlich zum Wohl der Firma. Drew hatte vollstes Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Schwester und mittlerweile gelernt, mit seiner eigenen Unfähigkeit zu leben, so schwer ihm das auch manchmal fiel.
    »Wir werden Sie nicht enttäuschen«, versicherte Drew ihm. »Wir gehen davon aus, dass wir mit der Mischief die Überfahrt von New York nach Cowes in nur zwölf Tagen meistern.«
    Der Fremde schaute Drew forschend an, machte aber weder einen belustigten noch einen herablassenden Eindruck; es gab keine Anzeichen dafür, dass er die Ansichten seiner Landsmänner gegenüber neureichen, amerikanischen Werften teilte. »Sie klingen eher wie der Vorkämpfer Ihres Zwillingsbruders, als wie ein Geschäftsmann, Willoughby.« Der Fremde machte eine Pause. »Wenn Ihre Mischief meine Fleetwing tatsächlich schlagen sollte, bestünde die Möglichkeit, ins Geschäft zu kommen.« Der Unbekannte griff nach seinem Mantel, den er über die Lehne eines Stuhls geworfen hatte.
    »Falls ich meinen Zwilling noch vorher spreche: Wer, darf ich sagen, wird in Cowes den Kontakt suchen?«
    »Hawksmoor. Nicholas Hawksmoor.« Er nickte kurz, drehte sich um und war im Nu durch den Samtvorhang verschwunden.
    »Hawksmoor«, murmelte Drew und starrte ungläubig auf den sich noch bewegenden Vorhang. Der Mann, der hinter der Legende stand. Eine Sekunde später kam Sabine mit einem Lächeln auf den Lippen in das Separee geschlendert. Die parfümierten Öle, die sie großzügig in ihre Haut einmassiert hatte, ließen diese unter dem weichen, durchschimmernden Chiffonumhang wie poliertes Elfenbein glänzen. Sie drückte Drew eine Wasserpfeife in die Hand und führte sie mit einer verfüh rerischen Geste an seinen Mund. Er atmete tief ein, schluckte, atmete noch tiefer ein und ließ die Droge sich in seinen Lungen ausbreiten. Stöhnend atmete er wieder aus. Aus halb geschlossenen Augen nahm er wahr, wie er den Seidenumhang von ihren Schultern schob und ihn auf den Boden fallen ließ. Sanfte, betörend unschuldige Sabine. Zwischen ihnen waren nie viele Worte gefallen, wahrscheinlich würde er ihre Stimme nicht einmal erkennen, wenn sie sprach, aber er kannte die Sprache ihrer Berührungen. Ihre Finger waren die einer wahren Meisterin. Sie machten sich nun zärtlich und flink an seiner Hose zu schaffen.
    Sabine kniete sich vor ihn hin und gab Laute von sich wie ein kleines, saugendes Kätzchen.
     
    Im Hafen von Cowes, Isle ofWight
    August 1850
     
    »Welcher Idiot würde aus Spaß an der Freude bei diesem Wetter auslaufen wollen?«, fragte Silas Steel und blinzelte in den Nebel. Der morgendliche Dunst hing noch über den Wellen, wodurch nur Teile des Gestades und des Royal Yacht Squadron Clubs zu erkennen waren. Eine Viertelmeile steuerbord kreuzte seit einer halben Stunde ein einsamer Dreimaster hin und her, drehte wieder bei, kam aber letztendlich nicht von der Stelle.
    Steels schüttelte den Kopf und zog den Kragen seines Mantels bis über seine Wangen. Den kurzkrempigen Hut hatte er sich als Schutz vor dem Wind bis tief über die Augen gezogen. Dicke, salzige Regentropfen spritzen auf seine Nase und seine weiß behaarten Wangen. »Wie ist sie getakelt?«
    »Wie eine Brigg«, antwortete Dominique, die durch das Fernrohr beobachtete, wie der Zweimaster erneut zur Wende ansetzte. »Sie ist mit zehn Messingkanonen bestückt. Dem Aussehen nach zu urteilen
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